FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 24. Mai 2012. Die Zitterpartie an den Märkten geht weiter, auch Börsen außerhalb Europas können sich dem Abwärtstrend nicht entziehen. Der rasante Kursrutsch von Facebook nach dem Börsengang hat aber wohl andere Gründe.
Trotz zwischenzeitlichen Erholungsversuche: Ruhigen Pfingstfeiertagen sehen Börsianer nicht entgegen. 'Die politische Lage spitzt sich immer weiter zu', meint Walter Vorhauser von Close Brothers Seydler. Es sei kein Geheimnis mehr, dass an Notfallplänen für einen Austritt Griechenlands aus der Eurozone gearbeitet werde. Dass mit einem solchen Schritt an den Märkten Chaos ausbrechen wird, glaubt er nicht: 'Das ist bereits vorweggenommen.' Trete Griechenlands tatsächlich aus dem gemeinsamen Währungsraum aus, könne es vielmehr eine Erleichterungsrallye geben. 'Danach kommen aber wohl die Probleme der anderen Länder wieder auf den Tisch.'
In den USA habe darüber hinaus der Quartalsbericht von Dell die Stimmung getrübt. 'Die Zahlen zeigen, dass die Wachstumsbegeisterung in der Technologiebranche überzogen ist.' Nichts zuletzt verheiße auch das charttechnische Bild nichts Gutes: 'Der S&P 500 ist technisch angeschlagen.'
Facebook: Zahlreiche Klagen
Daneben ist der missglückte Börsengang von Facebook (WKN A1JWVX) nach wie vor Thema. Der Ausgabepreis am vergangenen Freitag lag bei 38 US-Dollar, in dieser Woche rutschte der Kurs auf rund 32 US-Dollar ab. Mittlerweile wurden zahlreiche Klagen eingereicht: gegen Facebook selbst, gegen die Technologiebörse Nasdaq, bei der es am ersten Handelstag einige Pannen gab, und gegen die Konsortialbank Morgan Stanley. 'Jetzt werden Schuldige gesucht', kommentiert Vorhauser. 'Dabei war einfach zu viel Euphorie im Markt.'
'Es ist immer schwierig, die Balance zwischen den Interessen des Unternehmens und denen der Investoren zu finden', meint Jan Vrbsky von der Baader Bank. 'Das ist hier offenbar nicht gelungen.' Dass Analysten von Morgan Stanley kurz vor dem Börsengang ihre Prognosen für die Geschäftsentwicklung von Facebook zurückgenommen haben, sei zudem nicht gut angekommen. 'Alle, die in der Hoffnung auf Kursgewinne gekauft haben, sind schnell wieder ausgestiegen.' Vrbsky zufolge wird sich der Kurs nun wahrscheinlich bei 31 bis 32 US-Dollar einpendeln, in der Mitte der ersten Preisspanne von 28 bis 35 US-Dollar. Der Wechsel an eine andere Börse, über den jetzt spekuliert wird, werde daran nichts ändern: 'Das hat auf den Kurs keine Auswirkungen.'
Dell leidet unter Tablet-Boom
Die am Dienstag veröffentlichten Quartalszahlen des PC-Herstellers Dell waren Vorhauser zufolge 'ganz schön enttäuschend'. 'Der Gewinn für das Anfang Mai zu Ende gegangene Geschäftsquartal ist um ein Drittel auf 635 Millionen US-Dollar gesunken, der Umsatz auf 14,4 Milliarden US-Dollar', konkretisiert der Händler. Der Trend hin zu mobilen Geräten mache der einstigen weltweiten Nummer 1 im Computergeschäft schwer zu schaffen. 'Tablet-Computer und Smartphones werden Laptops einfach vorgezogen.' Besonders große Einbußen habe Dell im Privatkundengeschäft zu verzeichnen. Der Fokus auf Dienstleistungen helfe nicht viel. 'Es fehlt einfach an Innovationen.' Die Aktie (WKN 121092) fiel nachbörslich um 18 Prozent auf 10 Euro und rutschte am gestrigen Mittwoch sogar darunter. 'Das ist nicht mehr so weit vom historischen Tief bei 6,29 Euro vom Februar 2009 entfernt.'
Hewlett Packard kommt besser weg
Konkurrent Hewlett Packard hat zwar ganz ähnliche Probleme, hier wurde der Quartalsbericht aber deutlich freundlicher aufgenommen, wie Vrbsky registriert hat. 'Die Zahlen im zweiten Quartal lagen zwar deutlich unter den Vorjahreswerten, waren aber besser als erwartet.' Zudem honorierten Börsianer die angekündigten Sparmaßnahmen des Konzerns inklusive Abbau von 27.000 Stellen. Die Aktie (WKN 851301), die mit dem Quartalsbericht von Dell am gestrigen Mittwoch noch unter Druck geraten war, legte nachbörslich um 10 Prozent zu, wie Vrbsky meldet. 'Hewlett Packard schlägt sich besser als Dell', resümiert der Händler. An der Börse Frankfurt kostet die Aktie heute 18,10 nach 16,50 Euro am gestrigen Mittwoch, vor gut einem Jahr notierte der Dividendentitel allerdings noch bei knapp 40 Euro.
SAP-Pläne lassen Ariba haussieren
Ganz klar frohlocken können unterdessen Aktionäre von Ariba, dem Anbieter eines globalen Netzwerks für den cloudbasierten Handel. Die angekündigte Übernahme durch SAP ließ die Kurse durch die Decke gehen. 'SAP will 45 US-Dollar je Aktie zahlen, das ergibt einen Unternehmenswert von 4,3 Milliarden US-Dollar', erklärt Vorhauser. Der Verwaltungsrat habe bereits zugestimmt, nun müssten die Aktionäre noch Ja sagen. 'Ariba ist im Cloudgeschäft gut aufgestellt', bemerkt Vorhauser, auch die aktuellen Quartalszahlen überzeugten. Die Aktie (WKN A0B6Z7) geht heute zu 35,63 Euro über den Tisch, vor einer Woche waren es nur 28 Euro.
Rio Tinto mit neuer Bauxit-Mine
Positive Nachrichten hat auch der Bergbauriese Rio Tinto zu vermelden: 'Der Konzern hat erste Genehmigungen für ein neues Vorhaben zur Förderung von Bauxit in Australien erhalten', berichtet Vrbsky. Das Projekt koste 1,5 Milliarden US-Dollar und habe eine Lebenszeit von 40 Jahren, 1.300 neue Arbeitsplätze würden entstehen. Besonders profitieren konnte die Aktie (WKN 852147) davon bislang aber noch nicht, Rio Tinto ist am heutigen Donnerstag zwar im Plus, 'das gilt aber für alle Rohstoffwerte.'
Polnische Aktien in Frankfurt
Die Baader Bank macht im Übrigen kurz vor der Fußball-Europameisterschaft polnische Aktien (WKN u.a. 929424, 917448, A0F6CZ, A0DLEV, 908063) an deutschen Börsen handelbar, wie Vrbsky erklärt. 'Ab sofort sind die zwanzig Titel des polnischen Leitindex WIC 20 auch an der Börse Frankfurt notiert.' Möglich sei dies durch eine Gesetzesänderung in Polen. Damit könnten Anleger hierzulande erstmals direkt auf polnische Aktien setzen, nach Ansicht vieler Analysten ein Wachstumsmarkt. Der WIC 20 umfasst die liquidesten polnischen Dividendentitel, etwa aus den Bereichen Bergbau, Energie, Finanzen und Telekommunikation.
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© 24. Mai 2012 / Anna-Maria Borse
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)
Trotz zwischenzeitlichen Erholungsversuche: Ruhigen Pfingstfeiertagen sehen Börsianer nicht entgegen. 'Die politische Lage spitzt sich immer weiter zu', meint Walter Vorhauser von Close Brothers Seydler. Es sei kein Geheimnis mehr, dass an Notfallplänen für einen Austritt Griechenlands aus der Eurozone gearbeitet werde. Dass mit einem solchen Schritt an den Märkten Chaos ausbrechen wird, glaubt er nicht: 'Das ist bereits vorweggenommen.' Trete Griechenlands tatsächlich aus dem gemeinsamen Währungsraum aus, könne es vielmehr eine Erleichterungsrallye geben. 'Danach kommen aber wohl die Probleme der anderen Länder wieder auf den Tisch.'
In den USA habe darüber hinaus der Quartalsbericht von Dell die Stimmung getrübt. 'Die Zahlen zeigen, dass die Wachstumsbegeisterung in der Technologiebranche überzogen ist.' Nichts zuletzt verheiße auch das charttechnische Bild nichts Gutes: 'Der S&P 500 ist technisch angeschlagen.'
Facebook: Zahlreiche Klagen
Daneben ist der missglückte Börsengang von Facebook (WKN A1JWVX) nach wie vor Thema. Der Ausgabepreis am vergangenen Freitag lag bei 38 US-Dollar, in dieser Woche rutschte der Kurs auf rund 32 US-Dollar ab. Mittlerweile wurden zahlreiche Klagen eingereicht: gegen Facebook selbst, gegen die Technologiebörse Nasdaq, bei der es am ersten Handelstag einige Pannen gab, und gegen die Konsortialbank Morgan Stanley. 'Jetzt werden Schuldige gesucht', kommentiert Vorhauser. 'Dabei war einfach zu viel Euphorie im Markt.'
'Es ist immer schwierig, die Balance zwischen den Interessen des Unternehmens und denen der Investoren zu finden', meint Jan Vrbsky von der Baader Bank. 'Das ist hier offenbar nicht gelungen.' Dass Analysten von Morgan Stanley kurz vor dem Börsengang ihre Prognosen für die Geschäftsentwicklung von Facebook zurückgenommen haben, sei zudem nicht gut angekommen. 'Alle, die in der Hoffnung auf Kursgewinne gekauft haben, sind schnell wieder ausgestiegen.' Vrbsky zufolge wird sich der Kurs nun wahrscheinlich bei 31 bis 32 US-Dollar einpendeln, in der Mitte der ersten Preisspanne von 28 bis 35 US-Dollar. Der Wechsel an eine andere Börse, über den jetzt spekuliert wird, werde daran nichts ändern: 'Das hat auf den Kurs keine Auswirkungen.'
Dell leidet unter Tablet-Boom
Die am Dienstag veröffentlichten Quartalszahlen des PC-Herstellers Dell waren Vorhauser zufolge 'ganz schön enttäuschend'. 'Der Gewinn für das Anfang Mai zu Ende gegangene Geschäftsquartal ist um ein Drittel auf 635 Millionen US-Dollar gesunken, der Umsatz auf 14,4 Milliarden US-Dollar', konkretisiert der Händler. Der Trend hin zu mobilen Geräten mache der einstigen weltweiten Nummer 1 im Computergeschäft schwer zu schaffen. 'Tablet-Computer und Smartphones werden Laptops einfach vorgezogen.' Besonders große Einbußen habe Dell im Privatkundengeschäft zu verzeichnen. Der Fokus auf Dienstleistungen helfe nicht viel. 'Es fehlt einfach an Innovationen.' Die Aktie (WKN 121092) fiel nachbörslich um 18 Prozent auf 10 Euro und rutschte am gestrigen Mittwoch sogar darunter. 'Das ist nicht mehr so weit vom historischen Tief bei 6,29 Euro vom Februar 2009 entfernt.'
Hewlett Packard kommt besser weg
Konkurrent Hewlett Packard hat zwar ganz ähnliche Probleme, hier wurde der Quartalsbericht aber deutlich freundlicher aufgenommen, wie Vrbsky registriert hat. 'Die Zahlen im zweiten Quartal lagen zwar deutlich unter den Vorjahreswerten, waren aber besser als erwartet.' Zudem honorierten Börsianer die angekündigten Sparmaßnahmen des Konzerns inklusive Abbau von 27.000 Stellen. Die Aktie (WKN 851301), die mit dem Quartalsbericht von Dell am gestrigen Mittwoch noch unter Druck geraten war, legte nachbörslich um 10 Prozent zu, wie Vrbsky meldet. 'Hewlett Packard schlägt sich besser als Dell', resümiert der Händler. An der Börse Frankfurt kostet die Aktie heute 18,10 nach 16,50 Euro am gestrigen Mittwoch, vor gut einem Jahr notierte der Dividendentitel allerdings noch bei knapp 40 Euro.
SAP-Pläne lassen Ariba haussieren
Ganz klar frohlocken können unterdessen Aktionäre von Ariba, dem Anbieter eines globalen Netzwerks für den cloudbasierten Handel. Die angekündigte Übernahme durch SAP ließ die Kurse durch die Decke gehen. 'SAP will 45 US-Dollar je Aktie zahlen, das ergibt einen Unternehmenswert von 4,3 Milliarden US-Dollar', erklärt Vorhauser. Der Verwaltungsrat habe bereits zugestimmt, nun müssten die Aktionäre noch Ja sagen. 'Ariba ist im Cloudgeschäft gut aufgestellt', bemerkt Vorhauser, auch die aktuellen Quartalszahlen überzeugten. Die Aktie (WKN A0B6Z7) geht heute zu 35,63 Euro über den Tisch, vor einer Woche waren es nur 28 Euro.
Rio Tinto mit neuer Bauxit-Mine
Positive Nachrichten hat auch der Bergbauriese Rio Tinto zu vermelden: 'Der Konzern hat erste Genehmigungen für ein neues Vorhaben zur Förderung von Bauxit in Australien erhalten', berichtet Vrbsky. Das Projekt koste 1,5 Milliarden US-Dollar und habe eine Lebenszeit von 40 Jahren, 1.300 neue Arbeitsplätze würden entstehen. Besonders profitieren konnte die Aktie (WKN 852147) davon bislang aber noch nicht, Rio Tinto ist am heutigen Donnerstag zwar im Plus, 'das gilt aber für alle Rohstoffwerte.'
Polnische Aktien in Frankfurt
Die Baader Bank macht im Übrigen kurz vor der Fußball-Europameisterschaft polnische Aktien (WKN u.a. 929424, 917448, A0F6CZ, A0DLEV, 908063) an deutschen Börsen handelbar, wie Vrbsky erklärt. 'Ab sofort sind die zwanzig Titel des polnischen Leitindex WIC 20 auch an der Börse Frankfurt notiert.' Möglich sei dies durch eine Gesetzesänderung in Polen. Damit könnten Anleger hierzulande erstmals direkt auf polnische Aktien setzen, nach Ansicht vieler Analysten ein Wachstumsmarkt. Der WIC 20 umfasst die liquidesten polnischen Dividendentitel, etwa aus den Bereichen Bergbau, Energie, Finanzen und Telekommunikation.
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© 24. Mai 2012 / Anna-Maria Borse
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)