FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 13. August 2014. Trotz des Preisrutsches deutscher Aktien bleiben institutionelle Investoren hartnäckig optimistisch - was sie und den Markt in Schieflage bringen könnte.
Dass der DAX zumindest vorübergehend noch weiter fallen würde, hatte sich bereits bei unserer vergangenen Sentiment-Erhebung angedeutet. Dass dieser Ausflug sogar deutlich unter die 9.000er Marke tragen würde, mag dabei einige Akteure dennoch überrascht haben. Immerhin hat die darauffolgende Erholung das Börsenbarometer jetzt fast wieder dorthin gebracht, wo es sich bereits vor einer Woche befand.
Davon hat auch der Börse Frankfurt Sentiment-Index profitiert, der noch einmal leicht angestiegen ist und nunmehr bei +16 liegt. Wie bereits in der Vorwoche speiste sich dieser Zuwachs ausschließlich aus vormals neutral eingestellten Marktteilnehmern. Mit anderen Worten: Der Anteil der Pessimisten ist auch bei der heutigen Erhebung stabil geblieben und liegt nun das dritte Mal hintereinander bei 31 Prozent aller Befragten, ein Indiz dafür, dass sich zumindest diese Händler selbst nicht durch hohe Buchgewinne bzw. verhinderte Verluste von ihrer Absicherungsstrategie verabschieden möchten.
Betrachtet man die vergangenen Handelstage, so fällt auf, dass Wirtschaftsdaten und fundamentale Entwicklungen einen relativ geringen Einfluss auf das Marktgeschehen ausgeübt haben. Vielmehr wurden die Entscheidungen der Börsianer durch die geopolitischen Entwicklungen, vornehmlich die Entwicklung der Krise zwischen der Ukraine und Russland, bestimmt. Wer geglaubt hatte, politische Börsen hätten tatsächlich kurze Beine, wie das Sprichwort besagt, musste angesichts der DAX-Entwicklung an dieser Weisheit zu zweifeln beginnen. Denn man darf nicht vergessen: Es ist gerade einmal vier Wochen her, dass sich einige Akteure einen weiteren Run auf die 10.000er Marke erhofft hatten. Jetzt ist die deutliche Korrektur von mehr als 10 Prozent, die seinerzeit viele Marktteilnehmer als Voraussetzung für einen Börseneinstieg vor Augen hatten, Realität geworden. Und so gibt es nicht wenige Analysten, für die - obwohl der gestern veröffentlichte und enttäuschend ausgefallene ZEW-Index genau das Gegenteil nahelegt - die Zeit für strategische Aktienkäufe gekommen scheint.
Risikoaversion treibt Privatanleger um
Bei den Privatanlegern, die sich zuletzt ohnehin nicht so bullish wie ihre institutionellen Pendants gezeigt hatten, macht sich dagegen kein weiterer Optimismus breit. Der Börse Frankfurt Sentiment-Index fällt mit +2 nicht nur viel verhaltener als bei den institutionellen Akteuren aus. Vielmehr haben sich etwaige Schnäppchenjäger der Vorwoche bereits wieder von ihren Engagements verabschiedet - möglicherweise aus Angst vor einer Eskalation der Lage in der Ukraine.
Zusammenfassend lässt sich zweierlei feststellen. Zum einen sind die institutionellen Schnäppchenjäger mit ihren bisherigen Aktienkäufen in die Schwäche nicht wirklich glücklich geworden. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Einstieg in die DAX-Abwärtskorrektur in vielen Fällen zu früh vorgenommen wurde. Diese Positionierungen dürften sich zu einem späteren Zeitpunkt durchaus als Belastung für den DAX darstellen. Denn diese Engagements waren bei DAX-Ständen von beinahe 8.900 Zählern bereits schon einmal deutlich unter Wasser geraten, weshalb zu erwarten ist, dass sie spätestens bei Erreichen der alten Einstiegskurse (durchschnittlich vermutlich zwischen 9.350 und 9.400 Zählern) ausgekehrt werden dürften.
Zum anderen lässt die Nachfrage aus dem Ausland nach europäischen Aktientiteln nach wie vor zu wünschen übrig. Die jüngste globale Umfrage von BofA Merrill Lynch belegt dabei eindrucksvoll unsere seit Wochen geäußerte Ansicht, dass es zu langfristigen Kapitalabflüssen in der Eurozone gekommen sein muss. Denn per Saldo wollten Anfang August nur noch 13 Prozent der Umfrageteilnehmer in kontinentaleuropäischen Aktien übergewichtet sein, im Vormonat waren es 35 Prozent. Leider ist es genau diese Nachfrage, auf die der DAX und die mehrheitlich optimistisch gestimmten Marktteilnehmer angewiesen sind. Sollte dieses Kaufinteresse weiterhin ausbleiben, dürfte in diesem Umfeld ziemlich bald die nächste Verkaufswelle anstehen.
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von Joachim Goldberg, Goldberg & Goldberg für boerse-frankfurt.de
© 13. August 2014
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)