FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 7. Mai 2014. Schlechte geopolitsche Nachrichten jagen Anleger aus dem Markt und auf die Short-Seite - was aber eher eine Chance für Kursgewinne sein könnte.
Die Stimmung deutscher institutioneller Anleger hat sich seit der vergangenen Erhebung nochmals so deutlich verschlechtert, dass sich der Börse Frankfurt Sentiment-Index nunmehr zum ersten Mal in diesem Jahr in negativem Terrain befindet. Dabei zeigt der jetzt ermittelte Wert von -11 gleichzeitig den höchsten Grad an Pessimismus seit 21. August 2013 an. Damals waren es unter anderem Befürchtungen vor dem Beginn des so genannten Tapering, wie das Zurückfahren der Anleihekaufprogramme der US-Notenbank bezeichnet wird, die die Marktteilnehmer negativ beeinflusst und letztlich auf die falsche Fährte geführt hatten.
Derzeit scheint die Investoren hingegen vor allem die Angst vor einer Eskalation in der auseinanderbrechenden Ukraine umzutreiben, wodurch ihre Skepsis und ihr Bedürfnis nach einer Absicherung wachsen. Nicht wenige Analysten spielen zumindest schon einmal im Geist fürchterliche Szenarien durch, bei denen sogar ein direktes Eingreifen russischer Streitkräfte und ein offener militärische Konflikt unterstellt werden. Dagegen sind aktuelle Wirtschaftsdaten in den Hintergrund getreten, obwohl während des Berichtszeitraums wichtige Ereignisse auf der Agenda standen. Aber weder das schlechter als erwartet ausgefallene Wachstum in den USA noch die unveränderte Haltung der US-Notenbank beim Zurückfahren der Anleihekaufprogramme und der US-Arbeitsmarktbericht - bei ihnen allen handelt es sich um Ereignisse, die in früheren Monaten häufig für deutliche Kursausschläge gut waren - konnten dem Markt dieses Mal Impulse verleihen. Auch positive Konjunkturdaten aus der Eurozone verpufften. Insgesamt haben sich seit vergangenem Mittwoch 8 Prozent der befragten institutionellen Akteure aus dem Bulllager verabschiedet, 9 Prozent sind zu den Bären übergelaufen.
Potenzielles Angebot ausgedünnt
Auch bei den Privatanlegern hat sich die Stimmung noch einmal deutlich verschlechtert, wobei der Börse Frankfurt Sentiment-Index hier mit einem Wert von -14 noch etwas tiefer als bei den institutionellen Marktteilnehmern notiert. Hier haben sowohl frühere Optimisten als auch vormals neutral eingestellte Akteure (netto im Verhältnis 6:4) das Lager der Bären um 10 Prozent der Befragten sichtbar vergrößert.
Gemessen an den deutlichen Verschiebungen in Richtung Pessimismus hat sich der DAX im Wochenvergleich mit einem Minus von 1,4 Prozent immer noch auffallend gut geschlagen. Allerdings hat sich bei den Bären die Zusammensetzung geändert. Speiste sich diese Gruppe zuletzt vornehmlich aus Akteuren, die beim DAX die immer noch vorherrschende große Seitwärtsbewegung nach unten ausnutzen wollten, sind nun Marktteilnehmer hinzugekommenen, die sich gegen weiteres Ungemach mittelfristig absichern möchten. Sofern das Börsenbarometer jedoch nicht durch ausländische Kapitalabgaben massiv unter Druck gesetzt wird - dagegen spricht der derzeit feste Wechselkurs des Euro - könnten sich die derzeitigen Pessimisten auch wieder in künftige Nachfrager bei fallenden Kursen verwandeln. Die größte Gefahr rührt also nicht zwingend von negativen Nachrichten her, sondern droht vielmehr im Fall positiver Überraschungen. Denn dann müssten möglicherweise all diejenigen, die dem DAX derzeit keine großen Sprünge mehr zutrauen, einem steigenden Markt hinterherrennen, zumal mit den zuletzt vorgenommenen Absicherungen gegen Kursverluste ein großer Teil des verfügbaren Aktienangebots bereits verbraucht sein dürfte.
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von Joachim Goldberg, Goldberg & Goldberg für boerse-frankfurt.de
© 7. Mai 2014
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)