FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Rentenfonds stehen nicht mehr ganz so im Schatten, im Aktienbereich wird sehr gesucht ausgewählt. Immer gerne genommen: "grüne" Fonds. Und solche, die auf Zukunftsthemen setzen, etwa Lithium- und Kobaltförderer.
16. Februar 2023 FRANKFURT (Börse Frankfurt). Aktienmarktrallye auf der einen Seite, kräftig gestiegene Zinsen auf der anderen - was Fonds angeht, haben Anleger*innen nun wieder das ganze Spektrum im Blick. "Es fällt schon auf, dass Rentenfonds wieder mehr Beachtung finden", erklärt Jan Duisberg von der ICF Bank. Er spricht von einem "breiten Mix" an Produkten, die derzeit gehandelt würden, Aktien-, Renten- und Mischfonds.
Was die Umsätze angeht, ist es nach dem fulminanten Jahresauftakt mit extrem hohem Handelsaufkommen allerdings etwas ruhiger geworden. "Sonst ist das erste Quartal von den Umsätzen her immer das Beste, danach sieht es jetzt nicht aus", bemerkt Matthias Präger von der Baader Bank.
"Rentenfonds ohne Chance auf positive Realrendite"
Duisberg meldet Zuflüsse für den Kapital Plus (4:0P00000CNL), einen defensiven europäischen Rentenfonds von Allianz (ETR:ALVG) Global Investors. Beide Seiten gespielt würden im Ampega Rendite Rentenfonds (4:0P00000CXE) und im Allianz Flexi Rentenfonds (4:0P00000CDW). In den Portfolios lande außerdem oft der Private Banking Vermögensportfolio Nachhaltig (4:0P0000GM91), ein weltweit investierender Mischfonds von Amundi. "Nachhaltiges zieht weiter." Präger berichtet allerdings von Abflüssen aus dem ARERO Der Weltfonds ESG (61:0P0001K8HZ), der im Sommer 2020 aufgelegten ESG-Version des beliebten ARERO.
Bei Rentenfonds ergeben sich durch die Zinswende nach Einschätzung von Dirk Degenhardt, Präsident des deutschen Fondsverbands BVI zwar wieder attraktive Perspektiven. "Auf Basis der erwarteten Inflationsraten bieten aktuell aber nur Aktien- und Immobilienfonds oder auch ausgewogene und offensive Mischfonds die Chance auf eine positive Realrendite", räumte er bei Vorstellung der BVI-Zahlen für 2022 ein.
Aktienfonds: Uneinheitliches Bild
Im Handel mit Aktienfonds überwiegen, wie üblich an der Börse, die Verkäufe. In den vergangenen vier Wochen galt das laut Präger besonders für den DWS (ETR:DWSG) German Equities (4:0P00000CSV), den DWS Eurovesta (4:0P00000CVI) und den DWS Top Dividende (4:0P00000G7B). Gut an kamen hingegen der Allianz Europe Equity Growth (61:0P00006STI), der Schroder ISF European Dividend Maximiser (61:0P00009QN2) und der boerse.de-Aktienfonds TM (LU1480526547). Der boerse.de-Aktienfonds investiert in internationale Unternehmen, die sich im boerse.de-Aktienbrief als "Champions" qualifiziert haben. Seit Jahresanfang kommt der Fonds auf ein Plus von 5,5 Prozent, auf Fünfjahressicht auf 8,4 Prozent im Jahr.
Kund*innen der ICF setzten gerne auf den BGF European Equity Income Fund (LU0619515397). "Das klare Interesse an Technologiefonds sehen wir derzeit nicht mehr so", ergänzt Duisberg. Gut an komme aber auch hier weiter alles mit einem Bezug zum Klimaschutz, etwa der DKB Nachhaltigkeitsfonds Klimaschutz (LU0117118124).
Chinesische Aktien? Kein Interesse
Trotz kurzzeitigem Höhenflug des chinesischen Aktienmarkts: Fonds mit Asiens Aktien spielen im Geschäft der Baader Bank derzeit kaum eine Rolle, wie Präger feststellt. "Die Umsätze sind nicht hoch, und es sind fast nur Abgaben." Betroffen sind etwa der DWS Top Asien (4:0P00000CW8), der Schroder ISF Asian Dividend Maximiser (61:0P0000ZKM8) und der BNP Paribas (ETR:BNPP) Funds China Equity . Alle drei hatten Anfang des Jahres kräftige Kursgewinne verzeichnet, seit Anfang Februar geht es aber nach unten.
"Next Generation"-Rohstoffunternehmen weiter gefragt
Überschaubare Umsätze meldet Präger für Minenfonds. "Da sehen wir beide Richtungen." Klar gesucht ist allerdings weiter der Structured Solutions Next Generation Resources (61:0P0000NAOG). Der investiert in Aktien von Unternehmen, die Rohstoffe der "neuen Generation" fördern, etwa Lithium, Kobalt oder Grafit. Seit Jahresanfang steht ein Kursplus von 9,7 Prozent zu Buche, auf Fünfjahressicht 11,6 Prozent im Jahr.
Immobilienfonds oft auf den Abgabelisten
Weiter schwierig bleibt das Umfeld für Immobilienfonds. "Es fließt einfach weniger Geld in dieses Segment", berichtet Duisberg. Durchweg Verkäufe sieht er für den WestInvest InterSelect (4:0P00000LG1) und den Grundbesitz Europa (4:0P00000D2T), rege Umsätze in beide Richtungen für den SEB ImmoInvest (4:0P00000D2R). Bei einigen Fonds stünden aber auch schnell wieder Käufer*innen bereit, etwa beim Hausinvest (4:0P00000MI5).AG
2022: "Kaufzurückhaltung statt hoher Rückflüsse"
Im Gesamtjahr 2022 hat sich die Fondsbranche in Deutschland dem Fondsverband BVI zufolge widerstandsfähig gezeigt - trotz der Marktturbulenzen. "Anleger haben sehr besonnen reagiert, denn wir haben keine hohen Rückflüsse gesehen, sondern eher eine Kaufzurückhaltung", erklärte BVI-Präsident Dirk Degenhardt bei Vorlage der Jahreszahlen vergangene Woche. Insgesamt flossen in alle Fondstypen, also offene Publikumsfonds, geschlossenen Fonds, offene Spezialfonds sowie Mandate, 66 Milliarden Euro. Das verwaltete Vermögen schrumpfte im Lauf des Jahres wegen der Kursrückgänge an den Märkten allerdings um 12 Prozent auf 3.804 Milliarden Euro, davon entfiel ein Drittel auf offene Publikumsfonds.
Unter diesen erzielten vor allem Mischfonds noch Nettozuflüsse, ebenso Immobilien- und Aktienfonds, allerdings kleine. Rentenfonds verzeichneten hingegen Abflüsse. Publikumsfonds mit Nachhaltigkeitsmerkmalen konnten sich teilweise vom schwierigen Marktumfeld abkoppeln, erklärte der BVI außerdem. Artikel 8- und Artikel 9-Fonds nach der EU-Offenlegungsverordnung (SFDR) erhielten netto 5,4 Milliarden Euro frisches Geld.
Absatzspitzenreiter im Segment der Publikumsfonds 2022 war dem BVI zufolge übrigens Union Investment, der Asset Manager der Volks- und Raiffeisenbanken. Auf den Plätzen zwei und drei finden sich Deka und Axa (BIT:AXA). Dann folgen aber auch schon zwei unabhängige Häuser: Flossbach von Storch und DJE Kapital.
von: Anna-Maria Borse, 16. Februar 2023, © Deutsche Börse (ETR:DB1Gn)
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.