😎 Sommerzeit, Hammer-Deals! Bei InvestingPro winken jetzt bis zu 50% Rabatt auf KI-Aktien-TippsJETZT ZUGREIFEN

Börse Frankfurt-News: 'Großbritannien - Vom guten und vom weniger guten Wachstum'

Veröffentlicht am 30.01.2014, 15:20

FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 28. Januar 2014. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Großbritannien gehört in puncto Wachstum 2014 zu den Superstars der Weltwirtschaft. Warum die Finanzmärkte jedoch das Land nicht in den Fokus genommen haben analysiert Hüfner diese Woche in seinem Kommentar.

Es gibt in diesem Jahr drei Länder, die die Welt mit ihrer Wachstums-Performance überraschen. Das eine ist Ja­pan, das nach zwei 'verlorenen Jahrzehnten' wieder auf Trab kommen möchte. Das zweite ist Spanien, das eine lange Durststrecke hinter sich hat und 2014 erstmals eine Zunahme des realen Sozialprodukts erreichen wird. Das dritte ist Großbritannien, das in den letzten Monaten wie ein Phönix aus der Asche hervorkam. In zwei dieser Länder haben die Finanzmärkte mit Euphorie auf die Verbesserungen reagiert. Im dritten, nämlich Großbritan­nien, hat sich dagegen nichts gezeigt. Haben die Märkte hier etwas übersehen (und werden vielleicht noch re­agieren), oder liegen hier unterschiedliche Verhältnisse vor?

Ich habe die USA bei dem Vergleich außen vor gelas­sen. Zwar weisen sie in diesem Jahr vermutlich das höchste Wachstum auf. Sie sind aber kein Überra­schungskandidat. Hier läuft die Wirtschaft schon seit einiger Zeit gut. Sie war nur vorübergehend durch den Streit über den Haushalt und die Schuldenobergrenze gebremst.

Großbritannien hatte dagegen bis vor kurzem niemand auf der Rechnung. Noch im Sommer letzten Jahres hat­te die Bank of England erwartet, dass die Arbeitslosen­quote von damals 7,8 Prozent erst in drei Jahren auf 7 Prozent fal­len würde. Stattdessen ist das bereits in sechs Monaten ge­schehen. So grandiose Fehlprognosen gibt es selten.

Das reale Bruttoinlandsprodukt dürfte in Großbritannien 2013 um 1,8 Prozent gestiegen sein. Die genauen Zahlen werden in dieser Woche bekannt gegeben. Im nächsten Jahr rechnen zahlreiche Beobachter mit einer Zunahme von 3 Prozent, vielleicht sogar mehr.

Die Gründe für die Verbesserung liegen vor allem im Konsum und im Immobiliensektor. Die Käufe privater Haushalte nahmen trotz stagnierender Einkommen und einer nach wie vor hohen Konsumentenverschuldung stark zu. Die Sparquote ist gesunken. Der Immobilien­bereich profitiert von einem Regierungsprogramm ('Help to Buy'), mit dem Hauskäufern die Kreditaufnahme durch staatliche Bürgschaften erleichtert wird. Zudem hat die Notenbank den Geschäftsbanken Refinanzie­rungsmittel zugesagt, geknüpft an die Bedingung, dass sie mehr Kredite geben ('Funding for Lending'). Die privaten Investitionen sind dagegen bisher noch nicht angesprungen. Der Export hat bisher leicht von der Erholung im Euroraum profitiert.

Warum sind die Märkte so zögerlich, auf die besseren gesamtwirtschaftlichen Bedingungen zu reagieren? Der Londoner FTSE hat in den letzten zwölf Monaten um 5 Prozent zugenommen, verglichen mit einem Plus von 13 Prozent in Spanien (IBEX 35) und von 39 Prozent in Japan (Nikkei 225). Die Bonds-Zinsen sind leicht angestiegen, im Wesentlichen wegen der An­kündi­gung des Tapering in den USA. Auf den Devi­sen­­märkten hat sich das Pfund nur leicht erholt.

Der Grund: Es reicht offenbar nicht, dass das Wirt­schaftswachstum anzieht. Die Investoren müssen auch davon überzeugt sein, dass das ein Neuanfang ist, dass die Unternehmen davon profitieren und dass die Ent­wicklung nachhaltig ist. Im Falle Großbritanniens beste­hen hier offenbar Zweifel. Das liegt zum Teil daran, dass die Wirtschaft nach wie vor zu stark vom Finanzzentrum London und der Wirtschaft im Südosten des Landes ab­hängig ist. Es ist noch nicht gelungen, landesweit ein wettbewerbsfähiges Verarbeitendes Gewerbe aufzu­bauen, wie es sich die Regierung als Ziel gesetzt hatte. So eine Umstrukturierung dauert freilich lange. Vielleicht waren die Erwartungen hier auch zu hoch.

Die öffentlichen Haushalte sind trotz des konsequenten Sparkurses der Regierung immer noch nicht in Ordnung. Das Budgetdefizit beträgt 6 Prozent des Bruttoinlandsproduk­tes, die Gesamtverschuldung 76 Prozent. Das liegt zum Teil an dem lange Zeit schwachen Wachstum, zum Teil aber auch an den zusätzlichen Ausgaben für die Förderung des Immobiliensektors.

Die gesamtwirtschaftliche Belebung wird die Inflation wieder anheizen. Die Produktivität wächst in Großbritan­nien nur langsam. Auf dem Immobiliensektor gibt es be­reits erhebliche Preissteigerungen. 2014 rechnen die Beobachter hier mit einer Zunahme der Preise um 10 Prozent. Das trägt schon wieder Zeichen eines Booms in sich.

Schließlich spielen politische Unsicherheiten eine Rolle. Die Unterhauswahlen im Frühsommer 2015 werfen ihre Schatten voraus. In diesem Jahr steht das Referendum über die Abspaltung Schottlands auf dem Programm. Es ist allerdings nicht damit zu rechnen, dass es ein Erfolg für die Schotten wird. Hinzu kommen die Unwägbar­keiten im Hinblick auf die Haltung Großbritanniens zur Europäischen Union. Solange man nicht weiß, ob das Land auf Dauer der Europäischen Union angehört, bremst das die Investitionen im Inland und hält Auslän­der von größeren Engagements auf der Insel ab.

Für den Anleger

Zwei Schlussfolgerungen: Zum einen schauen Sie nicht nur auf die gesamtwirt­schaftlichen Wachstumsraten, um die Attraktivität der Märkte zu beurteilen. Ich rechne nicht damit, dass die Aktien in Großbritannien stärker auf die neue Dynamik reagieren. Es müssten noch sehr viel mehr Da­ten stimmen. Bisher sieht das eher nach einer Schein­blüte aus. Zum anderen aber: Schreiben Sie Großbritan­nien nicht gänzlich ab. Es wird in diesem Jahr vor allem wegen seiner Geld­politik noch Schlagzei­len machen. Zwar möchte die Bank of England die Zin­sen noch eine geraume Zeit niedrig halten. Wenn sich das Wachstum aber so fort­setzt und die Inflation an­zieht, wird dies schwer werden. Ich vermute, dass Groß­britannien zu den ersten Indus­trieländern gehört, in de­nen es 2014 zu Zinserhö­hungen kommt.

Anmerkungen oder Anregungen? Martin Hüfner freut sich auf den Dialog mit Ihnen: redaktion@deutsche-boerse.com.

von Martin Hüfner, Assenagon

© 28. Januar 2014

Dr. Martin W. Hüfner ist Chief Economist bei Assenagon. Viele Jahre war er Chefvolkswirt der Bayerischen Hypo- und Vereinsbank AG und Senior Economist der Deutschen Bank AG. Er leitete fünf Jahre den renommierten Wirtschafts- und Währungsausschuss der Chefvolkswirte der Europäischen Bankenvereinigung in Brüssel. Zudem war er über zehn Jahre stellvertretender Vorsitzender beziehungsweise Vorsitzender des Wirtschafts- und Währungsausschusses des Bundesverbandes Deutscher Banken und Mitglied des Schattenrates der Europäischen Zentralbank, den das Handelsblatt und das Wallstreet Journal Europe organisieren. Dr. Martin W. Hüfner ist Autor mehrerer Bücher, unter anderem 'Europa - Die Macht von Morgen' (2006), 'Comeback für Deutschland' (2007), 'Achtung: Geld in Gefahr' (2008) und 'Rettet den Euro!' (2011)

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)

Aktuelle Kommentare

Installieren Sie unsere App
Risikohinweis: Beim Handel mit Finanzinstrumenten und/oder Kryptowährungen bestehen erhebliche Risiken, die zum vollständigen oder teilweisen Verlust Ihres investierten Kapitals führen können. Die Kurse von Kryptowährungen unterliegen extremen Schwankungen und können durch externe Einflüsse wie finanzielle, regulatorische oder politische Ereignisse beeinflusst werden. Durch den Einsatz von Margin-Trading wird das finanzielle Risiko erhöht.
Vor Beginn des Handels mit Finanzinstrumenten und/oder Kryptowährungen ist es wichtig, die damit verbundenen Risiken vollständig zu verstehen. Es wird empfohlen, sich gegebenenfalls von einer unabhängigen und sachkundigen Person oder Institution beraten zu lassen.
Fusion Media weist darauf hin, dass die auf dieser Website bereitgestellten Kurse und Daten möglicherweise nicht in Echtzeit oder vollständig genau sind. Diese Informationen werden nicht unbedingt von Börsen, sondern von Market Makern zur Verfügung gestellt, was bedeutet, dass sie indikativ und nicht für Handelszwecke geeignet sein können. Fusion Media und andere Datenanbieter übernehmen daher keine Verantwortung für Handelsverluste, die durch die Verwendung dieser Daten entstehen können.
Die Nutzung, Speicherung, Vervielfältigung, Anzeige, Änderung, Übertragung oder Verbreitung der auf dieser Website enthaltenen Daten ohne vorherige schriftliche Zustimmung von Fusion Media und/oder des Datenproviders ist untersagt. Alle Rechte am geistigen Eigentum liegen bei den Anbietern und/oder der Börse, die die Daten auf dieser Website bereitstellen.
Fusion Media kann von Werbetreibenden auf der Website aufgrund Ihrer Interaktion mit Anzeigen oder Werbetreibenden vergütet werden.
Im Falle von Auslegungsunterschieden zwischen der englischen und der deutschen Version dieser Vereinbarung ist die englische Version maßgeblich.
© 2007-2024 - Fusion Media Limited. Alle Rechte vorbehalten.