FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 15. Januar 2014. Während Profis Aktien kaufen und sich von schlechten Nachrichten nicht beirren, zeigen private Anleger erneut ein abweichendes Verständnis vom Markt.
Das berühmte Drei-Affen-Motiv 'nichts hören, nichts sehen, nichts sagen' stammt aus Japan. Seine ursprüngliche Bedeutung, 'über etwas Schlechtes weise hinwegsehen', hätte das Verhalten, das Analysten den Finanzmarktteilnehmern am vergangenen Freitag abverlangten, nicht besser treffen können. Nach dem US-Arbeitsmarktbericht, der die niedrigste Zahl neu geschaffener Stellen seit gut drei Jahren aufwies, hieß es nämlich unisono: Diese Zahlen sollte man unbedingt ignorieren! Sie wären nur aufgrund des massiven Wintereinbruchs in den Vereinigten Staaten so schlecht ausgefallen. Händler am deutschen Aktienmarkt nahmen sich diesen Rat zu Herzen. Die DAX-Schwankungsbreite des besagten Freitags, betrug weniger als ein Prozent.
Wer auf größere Bewegungen eingerichtet war, musste sich also gedulden. Erst am Montag, als in den USA die ersten Unternehmensberichte der neuen Quartalssaison Skepsis hervorriefen, wurde es unruhiger. Die schlechte Stimmung schwappte umgehend über den Atlantik, was sich auch hierzulande bemerkbar machte. Der DAX wurde fast bis auf sein - zugegebenermaßen noch sehr junges - Jahrestief gedrückt. Am gestrigen Dienstag stürzten sich Aktieninvestoren hingegen allesamt auf die US-Einzelhandelsumsätze. Im Gegensatz zum Arbeitsmarktbericht würde sich in ihnen der wirtschaftliche Aufschwung der Vereinigten Staaten weit besser spiegeln, da diese Zahlen nicht vom Winterchaos verfälscht seien. Das Resultat: satte Kursgewinne hüben wie drüben. Allerdings wurde weitläufig übersehen, dass das Plus der Einzelhandelsdaten überwiegend Vorratskäufen bei Lebensmitteln geschuldet war. Sie setzten ein, als im Dezember die ersten Schneesturmwarnungen die Menschen erreichten. Das klassische Weihnachtsgeschäft mit Elektronik und Haushaltsgeräten fiel hingegen um 2,5 Prozent niedriger aus. Die Einzelhandelszahlen, die zum Aktienkaufen animierten waren also nicht minder schneesturmverfälscht.
Unter den von der Börse Frankfurt befragten institutionellen Anlegern befinden sich ebenfalls reichlich Käufer. Auch diejenigen, die Short-Positionen eingedeckt haben und solche, die neue Long-Engagements eingegangen sind. Daraus ergibt sich eine Verschiebung vom Bären- ins Bullenlager in Höhe von 5 Prozent, was dafür sorgt, dass der Bull/Bear-Index auf den Stand der vorletzten Dezember-Erhebung von 64,4 Punkte anstieg.
Andere Wahrnehmung der Privatanleger
Ganz anders beurteilen derzeit die Privatanleger die Dinge. Vergangene Woche zeigten sie sich, im Gegensatz zu den Investmentprofis, noch deutlich optimistischer. Diese Woche vollziehen sie abermals einen Schritt in die andere Richtung und verkaufen. Im Vergleich zur Vorwoche verliert der Bull/Bear-Index der Privaten 5,8 Punkte auf nunmehr 61,1 Punkte.
Wir haben in der vergangenen Woche bereits darauf hingewiesen, dass die Befragten nicht mehr die hartnäckige Skepsis früherer Monate vertreten. Nachdem der erste risikobehaftete Tag des neuen Börsenjahres keine negativen Auswirkungen hatte, sind die kurzfristigen Pessimisten sofort wieder eingestiegen. Diese Käufe waren aber nicht gerade günstig und basieren zudem höchstwahrscheinlich auf einer missdeuteten Analyse. Das sind beileibe nicht die besten Voraussetzungen für einen furiosen Start des noch jungen Börsenjahres.
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von Gianni Hirschmüller, cognitrend für boerse-frankfurt.de
© 15. Januar 2014
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)