FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 27. Juni 2012. Auch die Charttechnik liefert derzeit kaum Argumente für einen Einstieg - im Gegenteil. Viele technisch orientierte Analysten befürchten weitere Kursverluste.
Die kräftigen Kursgewinne im Juni nach drei verlustträchtigen Monaten haben sich schnell als Strohfeuer entpuppt, die Zuwächse sind mittlerweile fast aufgezehrt. Laut HSBC Trinkaus muss die Erholung wohl letztlich als abwärtstendenzbestätigende Korrekturflagge interpretiert werden. 'Per Saldo dürften die deutschen Standardwerte wieder in den Krisenmodus übergegangen sein', meinen Charttechniker. Christoph Geyer von der Commerzbank sieht das Unterschreiten der 6.000er-Marke immer näher rücken. 'Das Ausloten des nächsten Tiefs dürfte sich dann im Bereich zwischen 5.600 und 5.800 Punkten abspielen. Die zweite Jahreshälfte bleibt weiterhin für ein signifikantes Tief im Fokus.'
Zunehmende Abwärtsdynamik
Auch laut Christian Henke von der WestLB ist aus technischer Sicht vorerst von weiteren Engagements in deutschen Standardaktien abzuraten. Dem Analysten zufolge hat der DAX, ausgehend von Zwischenhochs im März, einen Abwärtstrendkanal etabliert, der am 1. Juni nach unten verlassen worden sei. 'Dies spricht in der Regel für eine Beschleunigung der Abwärtsdynamik.' Kurzzeitig sei der Index sogar unter die psychologisch wichtige Marke bei 6.000 Punkten abgerutscht, allerdings nicht signifikant. 'Schützenhilfe hat der DAX durch die waagerechte Unterstützungslinie bei 5.779/5.833 Punkten erhalten.'
Rutsch unter 6.000 Punkte möglich
Wenige Tage später habe das Aktienbarometer dann wieder oberhalb der Unterstützungen geschlossen, gefolgt von einer technischen Gegenbewegung bis zur Unterstützungszone bei 6.400/6.500 Zählern. 'In diesem Bereich verläuft zurzeit auch die stagnierende gewichtete 200-Tage-Durchschnittslinie', erklärt Henke. An den Widerständen sei der DAX dann gescheitert.
Obwohl die derzeitige charttechnische Verfassung alles andere als rosig sei, bestehe auf Tagesbasis dennoch Hoffnung. 'Der DAX hat auf dieser Zeitebene nun die Unterseite des Abwärtstrendkanals bei aktuell 6.167 Punkten erreicht.' Dort verlaufe zudem eine horizontale Haltelinie bei 6.162/6.219. Pralle der DAX davon nach oben ab, werde es wohl erneut in Richtung der Schiebezone bei 6.400/6.500 gehen. 'Unterhalb der beschriebenen Unterstützungen rechnen wir mit einem neuerlichen Test der Marke bei 6.000 Punkten sowie der Trendlinie bei 5.779/5.833 Punkten.'
Neue Kursverwerfungen
Karen Szola geht davon aus, dass das Tief bei 5.914 Punkten vom 5. Juni zunächst nicht nochmals angelaufen wird. 'Vielmehr ist aufgrund der zunehmend überverkauften Markttechnik ein Ermüden des Abwärtsimpulses an der Unterstützungszone zwischen zirka 6.100 und 6.000 Zählern wahrscheinlicher', meint die technische Analystin für Euro am Sonntag und finanzen.net. Daher werde wahrscheinlich spätestens hier eine technische Gegenbewegung bis zur oberen Begrenzung des nach dem Jahreshoch entwickelten Abwärtstrends bei aktuell rund 6.480 Punkten starten.
Übergeordnet bleibe allerdings die seit Februar herausgebildete Kopf-Schulter-Formation mit einem Kursziel bei 5.800 Punkten auf dem Radar. Diese bearishe Formation werde erst negiert, wenn sich der DAX nachhaltig über der bei inzwischen 6.360 notierenden Nackenlinie positionieren könne. 'Darüber hinaus wäre ein signifikanter Anstieg über den erwähnten Abwärtstrend bei etwa 6.480 Punkten eine positive Weichenstellung für nachfolgendes Kurspotenzial bis in die Region bei rund 6.800/6.900 Zählern.' Mögliche rasante Abwärtstendenzen könnten Szola zufolge dann aber ab Mitte beziehungsweise Ende Juli wieder für Kursverwerfungen bis in den Bereich bei 5.700/5.600 Punkten sorgen.
Anleger glauben weiter an DAX und TecDAX
So schwarz wie viele Charttechniker sehen Anleger nicht, wie die aktuelle Umfrage der Börse Frankfurt bei 300 aktiven Investoren zeigt: Der Bull/Bear-Index für die deutschen Standardwerte steigt gegenüber der Vorwoche sogar leicht von 56,7 auf 57,8 Prozent und bewegt sich damit weiter deutlich oberhalb der Optimisten von Pessimisten trennenden 50 Punkte-Marke. Das Verhältnis Bullen zu Bären liegt nun bei 48 zu 34 Prozent, der Rest ist unentschieden.
In Bezug auf die Technologiewerte sind Anleger zwar etwas skeptischer geworden, doch haben auch hier die positiv Gestimmten noch Oberhand. Immerhin 14 Prozent der neutral Gestimmten ohne voheriges Aktien-Engagement haben sich jetzt positioniert, und zwar 11 Prozent auf der Short-Seite. Der Bull/Bear-Index sinkt von 61,4 auf 55,7 Punkte.
Der Bull/Bear-Index misst den absoluten Optimismus im Markt. Dafür werden die Optimisten ins Verhältnis zu den Pessimisten gesetzt und mit den neutral Gestimmten gewichtet. Werte unter 50 Punkte zeigen eine pessimistische Gesamtstimmung der Anleger. Was es bedeutet, können Sie ab 17 Uhr bei boerse-frankfurt.de/sentiment lesen.
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© 27. Juni 2012/Anna-Maria Borse
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)
Die kräftigen Kursgewinne im Juni nach drei verlustträchtigen Monaten haben sich schnell als Strohfeuer entpuppt, die Zuwächse sind mittlerweile fast aufgezehrt. Laut HSBC Trinkaus muss die Erholung wohl letztlich als abwärtstendenzbestätigende Korrekturflagge interpretiert werden. 'Per Saldo dürften die deutschen Standardwerte wieder in den Krisenmodus übergegangen sein', meinen Charttechniker. Christoph Geyer von der Commerzbank sieht das Unterschreiten der 6.000er-Marke immer näher rücken. 'Das Ausloten des nächsten Tiefs dürfte sich dann im Bereich zwischen 5.600 und 5.800 Punkten abspielen. Die zweite Jahreshälfte bleibt weiterhin für ein signifikantes Tief im Fokus.'
Zunehmende Abwärtsdynamik
Auch laut Christian Henke von der WestLB ist aus technischer Sicht vorerst von weiteren Engagements in deutschen Standardaktien abzuraten. Dem Analysten zufolge hat der DAX, ausgehend von Zwischenhochs im März, einen Abwärtstrendkanal etabliert, der am 1. Juni nach unten verlassen worden sei. 'Dies spricht in der Regel für eine Beschleunigung der Abwärtsdynamik.' Kurzzeitig sei der Index sogar unter die psychologisch wichtige Marke bei 6.000 Punkten abgerutscht, allerdings nicht signifikant. 'Schützenhilfe hat der DAX durch die waagerechte Unterstützungslinie bei 5.779/5.833 Punkten erhalten.'
Rutsch unter 6.000 Punkte möglich
Wenige Tage später habe das Aktienbarometer dann wieder oberhalb der Unterstützungen geschlossen, gefolgt von einer technischen Gegenbewegung bis zur Unterstützungszone bei 6.400/6.500 Zählern. 'In diesem Bereich verläuft zurzeit auch die stagnierende gewichtete 200-Tage-Durchschnittslinie', erklärt Henke. An den Widerständen sei der DAX dann gescheitert.
Obwohl die derzeitige charttechnische Verfassung alles andere als rosig sei, bestehe auf Tagesbasis dennoch Hoffnung. 'Der DAX hat auf dieser Zeitebene nun die Unterseite des Abwärtstrendkanals bei aktuell 6.167 Punkten erreicht.' Dort verlaufe zudem eine horizontale Haltelinie bei 6.162/6.219. Pralle der DAX davon nach oben ab, werde es wohl erneut in Richtung der Schiebezone bei 6.400/6.500 gehen. 'Unterhalb der beschriebenen Unterstützungen rechnen wir mit einem neuerlichen Test der Marke bei 6.000 Punkten sowie der Trendlinie bei 5.779/5.833 Punkten.'
Neue Kursverwerfungen
Karen Szola geht davon aus, dass das Tief bei 5.914 Punkten vom 5. Juni zunächst nicht nochmals angelaufen wird. 'Vielmehr ist aufgrund der zunehmend überverkauften Markttechnik ein Ermüden des Abwärtsimpulses an der Unterstützungszone zwischen zirka 6.100 und 6.000 Zählern wahrscheinlicher', meint die technische Analystin für Euro am Sonntag und finanzen.net. Daher werde wahrscheinlich spätestens hier eine technische Gegenbewegung bis zur oberen Begrenzung des nach dem Jahreshoch entwickelten Abwärtstrends bei aktuell rund 6.480 Punkten starten.
Übergeordnet bleibe allerdings die seit Februar herausgebildete Kopf-Schulter-Formation mit einem Kursziel bei 5.800 Punkten auf dem Radar. Diese bearishe Formation werde erst negiert, wenn sich der DAX nachhaltig über der bei inzwischen 6.360 notierenden Nackenlinie positionieren könne. 'Darüber hinaus wäre ein signifikanter Anstieg über den erwähnten Abwärtstrend bei etwa 6.480 Punkten eine positive Weichenstellung für nachfolgendes Kurspotenzial bis in die Region bei rund 6.800/6.900 Zählern.' Mögliche rasante Abwärtstendenzen könnten Szola zufolge dann aber ab Mitte beziehungsweise Ende Juli wieder für Kursverwerfungen bis in den Bereich bei 5.700/5.600 Punkten sorgen.
Anleger glauben weiter an DAX und TecDAX
So schwarz wie viele Charttechniker sehen Anleger nicht, wie die aktuelle Umfrage der Börse Frankfurt bei 300 aktiven Investoren zeigt: Der Bull/Bear-Index für die deutschen Standardwerte steigt gegenüber der Vorwoche sogar leicht von 56,7 auf 57,8 Prozent und bewegt sich damit weiter deutlich oberhalb der Optimisten von Pessimisten trennenden 50 Punkte-Marke. Das Verhältnis Bullen zu Bären liegt nun bei 48 zu 34 Prozent, der Rest ist unentschieden.
In Bezug auf die Technologiewerte sind Anleger zwar etwas skeptischer geworden, doch haben auch hier die positiv Gestimmten noch Oberhand. Immerhin 14 Prozent der neutral Gestimmten ohne voheriges Aktien-Engagement haben sich jetzt positioniert, und zwar 11 Prozent auf der Short-Seite. Der Bull/Bear-Index sinkt von 61,4 auf 55,7 Punkte.
Der Bull/Bear-Index misst den absoluten Optimismus im Markt. Dafür werden die Optimisten ins Verhältnis zu den Pessimisten gesetzt und mit den neutral Gestimmten gewichtet. Werte unter 50 Punkte zeigen eine pessimistische Gesamtstimmung der Anleger. Was es bedeutet, können Sie ab 17 Uhr bei boerse-frankfurt.de/sentiment lesen.
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© 27. Juni 2012/Anna-Maria Borse
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