FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 9. Juli 2014. Insbesondere die Profis reagieren unbekümmert mit Käufen auf schlechte Nachrichten und Kursverluste, während Privatanleger mit allem rechnen.
Runde Kursmarken haben den großen Vorteil, dass man sich ganz leicht an sie erinnern kann. Und den Nachteil, dass sie meist zu stark bewertet werden. Dennoch dürfte der neueste Fehlversuch des DAX, sich oberhalb der 10.000er Marke zu etablieren, negativ auf die Nerven der Investoren schlagen.
Denn es handelte sich beim jüngsten Anlauf seit der vergangenen Stimmungserhebung immerhin um den zehnten Versuch (auf täglicher Basis) - aber nur an zwei einzelnen Handelstagen konnte sich das Börsenbarometer in diesem Jahr dann tatsächlich oberhalb dieses markanten Niveaus halten. Dies blieb auch nicht ohne Wirkung auf die von der Börse Frankfurt allwöchentlich befragten mittelfristig orientierten Investoren. Dabei kann man allerdings diesen Akteuren bescheinigen, dass sie sich letztlich von der jüngsten Kurskorrektur des DAX nicht haben verunsichern lassen. Zwar ist der Optimismus, gemessen an einem Börse Frankfurt Sentiment-Index von nunmehr +11, geringfügig zurückgegangen. Aber gleichzeitig ist eine deutliche Polarisierung zwischen Bullen und Bären entstanden, während sich das Lager der neutral gestimmten Marktteilnehmer deutlich um mehr als ein Zehntel aller Befragten reduziert hat.
Dabei befinden sich die Akteure an den globalen Aktienmärkten derzeit in einer recht unangenehmen Situation. Denn jedes Mal, wenn es beim DAX oder anderswo mit den Kursen nach unten geht, gibt es dafür jede Menge vernünftiger Begründungen. Diese reichen von zu hohen Aktienbewertungen, geopolitischen Risiken über sich verschlechternde Wachstumsaussichten bis hin zu einem Rückzug einiger Notenbanken aus der ultralockeren Geldpolitik.
Allerdings mussten gerade die Entscheider an den Aktienmärkten während der vergangenen Wochen immer wieder die Erfahrung machen, dass keiner dieser Gründe bislang einen nachhaltigen negativen Einfluss auf die Aktienkurse hatte. So gesehen kann man es den Investoren nicht verübeln, wenn sie den jüngsten Kassandrarufen, die globalen Aktienmärkte stünden vor einer großen Abwärtskorrektur, keinen Glauben mehr schenken mögen. Ähnlich wie in der Fabel Aesops, die davon erzählt, wie ein Hirtenjunge mit seinen wiederholten Falschwarnungen vor einem angreifenden Wolf bei den anfangs immer wieder vergeblich anrückenden Dorfbewohnern schließlich kein Gehör mehr findet.
aber Privatanleger auch dieses Mal auf der Hut
Bei Privatanlegern scheint man derlei Warnungen indes auch dieses Mal nicht ganz in den Wind schlagen zu wollen, denn dort hat sich der Optimismus der Vorwoche wieder verflüchtigt, wobei der Börse Frankfurt Sentiment-Index sogar auf -1 in den pessimistischen Bereich zurückgefallen ist. Bemerkenswert ist bei diesem Panel, dass sich der Zuwachs im Bärenlager von 14 Prozentpunkten überwiegend nicht auf Gewinnmitnahmen ehemaliger Optimisten zurückführen lässt. Vielmehr speisen sich mehr als drei Viertel dieses Zuwachses aus der vormals recht großen Gruppe neutral gestimmter Akteure, die nun offenbar größeres Ungemach befürchten.
Wie bereits in der Vorwoche ist der von uns festgestellte Optimismus institutioneller Anleger keinesfalls bedrohlich hoch, zumal sich der Börse Frankfurt Sentiment-Index nur geringfügig oberhalb seines Jahresmittels befindet. Somit würde sich die Zahl derer, die im Zweifel - um im Bild zu bleiben - vom Wolf gefressen würden, in Grenzen halten. Ähnliches gilt auch für die Privatanleger, die auf eine Aktienmarktkorrektur mehrheitlich gut vorbereitet sind. Ob die tatsächlich stattfinden wird, hängt nach wie vor von den langfristigen (internationalen) Kapitalströmen ab, doch scheinen sich diese derzeit bei Aktieninvestments etwas zurückzuhalten.
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von Joachim Goldberg, Goldberg & Goldberg für boerse-frankfurt.de
© 9. Juli 2014
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)