FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 13. August 2012. In den vergangenen Jahren haben Aktionäre keine einfachen Zeiten durchlebt. Das Marktgeschehen verlief ausgesprochen volatil und gerade in den Abschwungphasen war die Dynamik hoch, so dass mitunter sehr schnell sehr hohe Verluste auflaufen konnten. Unter dem Strich war die Entwicklung zu allem Überfluss je nach Betrachtungszeitraum sogar negativ, beispielsweise seit dem Beginn des Jahrtausends. Darüber hinaus war das Ansehen von (Eigen-)Kapitalgebern in der öffentlichen Wahrnehmung auch schon besser. Kapitalismuskritik scheint im Blätterwald und in der Politik en vogue. Mitunter wird es zum Skandal stilisiert, wenn Aktionäre Dividende erhalten. Das bekannte und viel zitierte Bonmot des Bankiers Carl Fürstenberg ('Aktionäre sind dumm und frech. Dumm, weil sie Aktien kaufen, und frech, weil sie dann noch Dividende haben wollen') gewinnt eine völlig neue Bedeutung.
Kurzum: Es gibt viele mehr oder weniger gute, aber sicher nachvollziehbare Gründe, dem Aktienmarkt fern zu bleiben oder gar den Rücken zu kehren. Ein weiterer Aderlass in den Reihen der Aktionäre, in Deutschland traditionell eine selten anzutreffende Spezies, wäre nicht wirklich verwunderlich gewesen auch in jüngerer Vergangenheit.
Doch erstens kommt es anders, zweitens als man denkt: Das Deutsche Aktieninstitut hat nun seine Statistik für das erste Halbjahr 2012 veröffentlicht und diese brachte bemerkenswertes zu Tage: Das dritte Semester in Folge nahm die Zahl der Aktionäre und Fondsbesitzer zu. Mit einem Zuwachs um 1,5 Millionen Anleger (17 Prozent) war das Plus zwischen Januar und Juni auf einem bemerkenswert hohen Niveau. Die Zahl derer, die direkt oder indirekt auf Dividendentitel einlassen ist wieder auf dem Niveau von vor der Finanzkrise.
Bei der Interpretation der Sachlage lässt sich wie immer trefflich diskutieren. So springt etwa das nachhaltige Wachstum derer, die Belegschaftsaktien und andere Titel halten, ins Auge. Die Mischung, auch aber nicht nur beim eigenen Arbeitgeber ins Risiko zu gehen, scheint zu überzeugen. Gegenläufige Tendenzen, etwa vorhandene Mittelabflüsse bei Fonds stellen den positiven Trend auch ein Stück weit in Frage. In diesem Kontext kamen in der Finanzpresse auch grundsätzlich kritische Fragen nach der Erhebungsmethodik der viel beachteten DAI-Statistik auf. Eine bislang noch nicht diskutierte Ursache für den Zuwachs der Aktionäre könnte auch eine Verschiebung aus dem in dieser Statistik nicht erfassten Zertifikatemarkt sein. So oder so, darf man bei aller Reflektion des Zuwachses nicht außer Acht lassen, dass das Gesamtniveau der Aktionäre in Deutschland sich immer noch auf einen sehr niedrigen Niveau befindet.
Dies ist vor dem Hintergrund der eingangs erwähnten wachsenden gesellschaftlichen Spaltung zwischen Geldgebern und Unternehmern einerseits und der breiten Masse andererseits schlichtweg schlecht. Eine weite Verbreitung der Aktie als Geldanlage und der damit einher gehenden Verbreitung der unternehmerischen Beteiligung mit allen Chancen, Risiken und Verpflichtungen würde Konflikte entschärfen und Diskussionen versachlichen, wie man in vielen anderen Staaten sehen kann. Auch darf man nicht außer Acht lassen, dass die Schuldenkrise definitiv das Inflationsrisiko erhöht und Aktien als Sachwerte eine auch in der Fungibilität sehr gute Alternative bieten. Fazit: Es ist nicht klar, warum Leute gerade jetzt stärker auf die Aktie setzen, aber macht ruhig weiter so.
© 13. August 2012/Roger Peeters
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*Roger Peeters ist Vorstand der Close Brothers Seydler Research AG, einer Tochter der Close Brothers Seydler Bank. Zuvor leitete Peeters viele Jahre die Redaktion der 'Platow Börse' und beriet den von ihm konzipierten DB Platinum III Platow Fonds. 2008 erschien von ihm 'Finde die richtige Aktie - ein Profi zeigt seine Methoden' im Finanzbuchverlag. Peeters schreibt regelmäßig für die Börse Frankfurt.
Dieser Artikel gibt die Meinung des Autors wieder, nicht die der Redaktion von boerse-frankfurt.de. Sein Inhalt ist die alleinige Verantwortung des Autors.
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)
Kurzum: Es gibt viele mehr oder weniger gute, aber sicher nachvollziehbare Gründe, dem Aktienmarkt fern zu bleiben oder gar den Rücken zu kehren. Ein weiterer Aderlass in den Reihen der Aktionäre, in Deutschland traditionell eine selten anzutreffende Spezies, wäre nicht wirklich verwunderlich gewesen auch in jüngerer Vergangenheit.
Doch erstens kommt es anders, zweitens als man denkt: Das Deutsche Aktieninstitut hat nun seine Statistik für das erste Halbjahr 2012 veröffentlicht und diese brachte bemerkenswertes zu Tage: Das dritte Semester in Folge nahm die Zahl der Aktionäre und Fondsbesitzer zu. Mit einem Zuwachs um 1,5 Millionen Anleger (17 Prozent) war das Plus zwischen Januar und Juni auf einem bemerkenswert hohen Niveau. Die Zahl derer, die direkt oder indirekt auf Dividendentitel einlassen ist wieder auf dem Niveau von vor der Finanzkrise.
Bei der Interpretation der Sachlage lässt sich wie immer trefflich diskutieren. So springt etwa das nachhaltige Wachstum derer, die Belegschaftsaktien und andere Titel halten, ins Auge. Die Mischung, auch aber nicht nur beim eigenen Arbeitgeber ins Risiko zu gehen, scheint zu überzeugen. Gegenläufige Tendenzen, etwa vorhandene Mittelabflüsse bei Fonds stellen den positiven Trend auch ein Stück weit in Frage. In diesem Kontext kamen in der Finanzpresse auch grundsätzlich kritische Fragen nach der Erhebungsmethodik der viel beachteten DAI-Statistik auf. Eine bislang noch nicht diskutierte Ursache für den Zuwachs der Aktionäre könnte auch eine Verschiebung aus dem in dieser Statistik nicht erfassten Zertifikatemarkt sein. So oder so, darf man bei aller Reflektion des Zuwachses nicht außer Acht lassen, dass das Gesamtniveau der Aktionäre in Deutschland sich immer noch auf einen sehr niedrigen Niveau befindet.
Dies ist vor dem Hintergrund der eingangs erwähnten wachsenden gesellschaftlichen Spaltung zwischen Geldgebern und Unternehmern einerseits und der breiten Masse andererseits schlichtweg schlecht. Eine weite Verbreitung der Aktie als Geldanlage und der damit einher gehenden Verbreitung der unternehmerischen Beteiligung mit allen Chancen, Risiken und Verpflichtungen würde Konflikte entschärfen und Diskussionen versachlichen, wie man in vielen anderen Staaten sehen kann. Auch darf man nicht außer Acht lassen, dass die Schuldenkrise definitiv das Inflationsrisiko erhöht und Aktien als Sachwerte eine auch in der Fungibilität sehr gute Alternative bieten. Fazit: Es ist nicht klar, warum Leute gerade jetzt stärker auf die Aktie setzen, aber macht ruhig weiter so.
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