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Börse Frankfurt-News: "Transatlantische Konjunkturdifferenzen" (Hüfner)

Veröffentlicht am 13.08.2014, 14:17
Börse Frankfurt-News: "Transatlantische Konjunkturdifferenzen" (Hüfner)

FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 13. August 2014. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Dass die US-amerikanische Wirtschaft im Moment besser läuft als die europäische, weiß jeder. Aber wenige ma­chen sich klar, wie groß der Abstand wirklich ist.

Schau­en Sie sich die Grafik an. Da sehen Sie, wie die USA Euroland in Sachen Konjunktur regelrecht deklassieren. In den ersten Jahren nach der großen Finanzkrise war die Entwicklung noch relativ gleichförmig. Seit 2011 ha­ben die Kurven aber gar nichts mehr miteinander zu tun. Seitdem sind die USA um fast 8 Prozent schneller gewachsen als der Euroraum.

Es ist zu vermuten, dass diese Entwicklung nicht so schnell zu Ende geht. Zum einen sind viele US-amerikani­sche Unternehmen bei der Anpassung an die Welt nach der Finanzkrise schon weiter gediehen als ihre Konkur­renten. Zum anderen ist die Eurokrise trotz aller erziel­ten Fortschritte noch nicht zu Ende. Vor allem Italien und Frankreich stehen erst am Anfang eines Reformprozes­ses, der schmerzliche Einschnitte erfordert und das Wachstum niedrig hält.

Hinzu kommt, dass sich die geopolitischen Spannungen auf die europäische Wirtschaft stärker auswirken werden als auf die US-amerikanische. Vor allem die Sanktionen ge­genüber Russland im Handels- und Kapitalverkehr könn­ten die Expansion auf dem alten Kontinent noch weiter dämpfen.

Bei der Beurteilung der Entwicklung muss man freilich die Kirche im Dorf lassen. Es ist nicht so, als ob in den USA alles gut und in Europa alles schlecht wäre. Im Weltmaßstab gesehen ist auch die Konjunktur in den USA eher bescheiden. Das reale Weltsozialprodukt nimmt in diesem Jahr mit 3,6 Prozent deutlich schneller zu als das der USA (2,5 Prozent). Das liegt zum Teil an den Schwel­len- und Entwicklungsländern, die traditionell ein höhe­res Wachstum aufweisen. Zum Teil hängt es aber auch damit zusammen, dass die USA nicht das Tempo wie­dergefunden haben, das sie vor der Krise hatten. Da­mals waren sie an Zuwächse von 3 Prozent bis 4 Prozent jährlich ge­wöhnt. Jetzt liegt die Dynamik nur bei eher 2 Prozent bis 3 Prozent.

Die transatlantischen Differenzen haben für Wirtschaft und Märkte wichtige Auswirkungen: Erstens natürlich auf die Wirtschaft selbst. Aufgrund der besseren Konjunktur steigen die Gewinne der Unternehmen in den USA we­sentlich stärker als in Europa. Das hilft den Aktien. Vor allem trägt es dazu bei, dass die bestehende Überbe­wertung der Kurse in den USA nicht noch größer wird. Umgekehrt werden Aktienmärkte in Europa wegen der schlechteren Konjunktur verwundbarer. Das zeigte sich bei der Aktienschwäche der letzten Wochen. Der DAX ging seit Anfang Juli um 8,5 Prozent zurück, der Euro Stoxx um 7,5 Prozent, der US-amerikanischen Dow Jones da­gegen nur um 1,5 Prozent. Das war kein Zufall.

Zweitens verändert sich das Preisklima. Durch die stei­gende Kapazitätsauslastung und die dynamischere Nachfrageentwicklung erhöhen sich die Verbraucher­preise in den USA wieder schneller. Ihre Zunahme liegt inzwischen bei 2,1 Prozent verglichen mit 1,2 Prozent Ende letzten Jahres. In Europa ist es dagegen umgekehrt. Die Preis­steigerung hat sich seit Jahresbeginn von 0,8 Prozent auf 0,4 Prozent halbiert.

Das erklärt die unterschiedliche Geldpolitik diesseits und jenseits des Atlantik. Die Federal Reserve verabschiedet sich von der ultralockeren Geldpolitik. Die Europäische Zentralbank ist davon noch meilenweit entfernt. Sie denkt im Augenblick noch darüber nach, wie sie die ex­pansiven Impulse noch verstärken kann. Sie will die wirt­schaftliche Aktivität beschleunigen und einen weiteren Rückgang der Inflation verhindern. Das ist nicht Aus­druck unterschiedlicher geldpolitischer Strategien, wie manchmal gesagt wird. Es beruht auf anderen realwirt­schaftlichen Gegebenheiten. Es wird daher auch noch einige Zeit so bleiben, wenn sich die Konjunktur in Eu­ropa nicht nachhaltig bessert.

Spannend wird es drittens an den Bonds-Märkten. Auf­grund der unterschiedlichen Inflationsraten und der verschiedenen Geldpolitik müssten die europäischen Zin­sen sinken (oder niedrig bleiben), die US-amerikanischen dagegen steigen. Andererseits sind die dortigen Bonds-Märkte aufgrund ihrer Größe ein Schrittmacher für die Zinsen in aller Welt. Wenn es so sein sollte, dass die Anleihenrenditen in den USA als Folge der neuen Geldpolitik steigen, was im Augenblick freilich noch kei­neswegs sicher ist, werden sie Liquidität aus ande­ren Ländern ansaugen und die Renditen auch außerhalb der Vereinigten Staaten nach oben treiben. Das trifft in ers­ter Linie viele Schwellen- und Entwicklungsländer. Es wird aber auch an Europa nicht unbemerkt vorbeigehen.

Viertens schließlich wäre es merkwürdig, wenn sich die Konjunkturen nicht auf die Wechselkurse auswirken würden. Der US-Dollar müsste stärker, der Euro schwächer werden. Bisher war die Reaktion auf den Devisenmärk­ten freilich noch sehr verhalten. Der Euro/Dollar-Kurs hat sich in den vergangenen drei Monaten gerade einmal von 1,39 auf 1,33 US-Dollar abgewertet. Das lag an den sogenannten "Recovery Trades": US-amerikanische Investoren legten Geld in Europa an, um von den Verbesserungen in den Peripherieländern nach der Krise zu profitieren. Damit ist es jetzt aber erst mal vorbei. Deshalb wird sich der Dol­lar weiter aufwerten.

Für Anleger

In Europa müssen Sie nach den Kursrückgängen der letzten Wochen umdenken. Zwar wird die Marktschwä­che nicht ewig andauern und es wird auch in Europa wieder einmal nach oben gehen. Es macht jedoch Sinn, die Investments im Hinblick auf die Risiken international stärker zu streuen. Hier bieten sich vor allem die US-Märkte an, aufgrund ihres konjunkturellen Vorsprungs und der Chance auf Wechselkursgewinne.

Anmerkungen oder Anregungen? Martin Hüfner freut sich auf den Dialog mit Ihnen: redaktion@deutsche-boerse.com.

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von Martin Hüfner, Assenagon

© 13. August 2014

Dr. Martin W. Hüfner ist Chief Economist bei Assenagon. Viele Jahre war er Chefvolkswirt der Bayerischen Hypo- und Vereinsbank AG und Senior Economist der Deutschen Bank AG. Er leitete fünf Jahre den renommierten Wirtschafts- und Währungsausschuss der Chefvolkswirte der Europäischen Bankenvereinigung in Brüssel. Zudem war er über zehn Jahre stellvertretender Vorsitzender beziehungsweise Vorsitzender des Wirtschafts- und Währungsausschusses des Bundesverbandes Deutscher Banken und Mitglied des Schattenrates der Europäischen Zentralbank, den das Handelsblatt und das Wallstreet Journal Europe organisieren. Dr. Martin W. Hüfner ist Autor mehrerer Bücher, unter anderem "Europa - Die Macht von Morgen" (2006), "Comeback für Deutschland" (2007), "Achtung: Geld in Gefahr" (2008) und "Rettet den Euro!" (2011).

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)

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