FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 5. Juli 2012. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Roth befasst sich diese Woche mit den komplizierten Einzelheiten im Übernahmekampf zwischen VW und Porsche.
Volkswagen und Porsche haben endlich einen Weg gefunden ihre Hängepartie zu beenden. In dieser Woche wurde das letzte Kapitel innerhalb der Übernahmeschlacht der beiden großen deutschen Autokonzerne aufgeschlagen. Im August soll der Sportwagenhersteller Porsche mit dem Volkswagenkonzern verschmelzen. Das Ganze steuersparend und mit der Absolution diverser Steuerbehörden versehen. Die komplizierten Details verwirren. Deshalb ist es an der Zeit Licht ins Dunkel zu bringen.
Der 2006 ausgebrochene Übernahmekampf zwischen der Porsche Holding und dem Volkswagenkonzern ist eigentlich seit 2009 entschieden. Porsche hatte mit Hilfe von komplizierten Finanzprodukten unter der Führung von Wendelin Wiedeking versucht, die Aktienmehrheit am viel größeren Volkswagenkonzern zu erzielen. Was zunächst von der Fachwelt als Größenwahn eingeschätzt wurde, entpuppte sich alsbald als Überraschungscoup. Es wurde sogar eine knappe Anteilsmehrheit bei VW durch Porsche erreicht. Doch dann fehlte es an ausreichendem Kapital. Porsche ging das Geld aus und ein letzter Versuch mit einem Beherrschungsvertrag über VW die Kontrolle zu erhalten scheiterte. Mit vereinten Kräften von Niedersachsens Ministerpräsident Wulff (mit einer Sperrminorität des Landes Niedersachsens ausgestattet) und dem VW Urvater Piëch wurde die Attacke von Porsche abgewehrt. Für kurze Zeit entstand ein Patt zwischen den Streithähnen, bis fallende Kurse Porsche in Geldnot brachten. Als Konsequenz blieb die Porsche Holding auf 11 Milliarden Euro Schulden sitzen, der Porsche-Chef Wiedeking musste den Hut nehmen und VW und Piëch gingen als Sieger aus dem Übernahmekampf hervor. Volkswagen kaufte 49,9 Prozent der Aktien der Porsche Sportwagen AG für rund 3,9 Milliarden Euro Einer völligen Übernahme standen aber Klagen im Weg und die Kurskapriolen der VW-Aktie sind den meisten sicher noch in lebhafter Erinnerung. Die Suche nach einem Königsweg begann.
Offenbar ist man nun fündig geworden.
Als Folge des verlorenen Übernahmekampfs der Porsche-Dachgesellschaft Porsche SE gegen die Volkswagen AG stehen sowohl der Weltkonzern VW als auch das reine Porsche-Sportwagengeschäft (Porsche AG) mehrheitlich unter dem Dach der Porsche Holding SE. Diese Konstellation macht - vereinfacht gesagt - alle drei Beteiligten zu einem Großunternehmen. Damit greifen Bestimmungen aus dem Steuergesetz, die für VW ein Riesenvorteil sind. Anders als befürchtet, darf VW den noch fehlenden Teil des Sportwagengeschäfts der Porsche AG nun steuerfrei eingemeinden. Diese Hürde hatte den lange gewünschten Zusammenschluss viele Monate blockiert, nachdem der Ursprungsplan - eine komplette Verschmelzung aller Beteiligten - an Milliardenklagen gegen die Porsche SE gescheitert war. Investoren fühlen sich nämlich rückblickend bei der Übernahmeschlacht betrogen.
Das Delikate an der Sache: Normalerweise fließt bei einem Geschäft dieser Art kein Geld. Für gewöhnlich ist es ein Anteilstausch. Für die noch ausstehende Hälfte der Porsche AG - wie Porsche und VW am Mittwoch mitteilten ist sie 4,5 Milliarden Euro wert - hätten also eigentlich VW-Aktien zum Gegenwert fließen sollen. Nun aber wandert eben nur eine Aktie plus die Milliardensumme in den Süden. Diese Gestaltungsmöglichkeit ist das Extrem, aber erlaubt. Es handelt sich nun um eine Restrukturierung des Konzerns und nicht mehr um eine Übernahme. Das spart dem Konzern geschätzte 1,5 Milliarden Euro an Steuern oder das Warten bis zur Steuerfreiheit in 2014.
Was bleibt?
Die Porsche Holding konnte bereits 2011 mit einer Kapitalerhöhung über 4,9 Milliarden Euro einen Großteil der Schulden tilgen. Ein weiterer Schuldenabbau kann nun nach dem endgültigen Verkauf der AG erfolgen. Mit der Beteiligung an Volkswagen bleibt man im Automobilgeschäft weiter verankert. Der Sportwagenhersteller Porsche geht nun voll in den Besitz von Volkswagen über und wird die zwölfte Marke im VW-Konzern. Die Eigenständigkeit gegenüber dem Mutterkonzern soll aber für Porsche erhalten bleiben. Damit erhält man die innovative Stärke des Sportwagenherstellers unter einem gemeinsamen Dach.
Die Porsche Vorzugsaktien bleibt vorerst weiter an der Börse gelistet. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht macht der erfolgte Zusammenschluss absolut Sinn. Alleine schon auf Grund der zu erwartenden Kostenersparnis. Und Ferdinand Piëch ist dem großen Ziel, Volkswagen zum größten Automobilhersteller der Welt zu machen, einen großen Schritt näher gekommen.
© 5. Juli 2012/Oliver Roth
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* Oliver Roth ist der Kapitalmarktstratege der Close Brothers Seydler Bank AG, ein eigenständiges Tochterunternehmen der an der London Stock Exchange gelisteten Close Brothers Group plc, London. Mehr über Oliver Roth auf www.oliver-roth.de.
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)
Volkswagen und Porsche haben endlich einen Weg gefunden ihre Hängepartie zu beenden. In dieser Woche wurde das letzte Kapitel innerhalb der Übernahmeschlacht der beiden großen deutschen Autokonzerne aufgeschlagen. Im August soll der Sportwagenhersteller Porsche mit dem Volkswagenkonzern verschmelzen. Das Ganze steuersparend und mit der Absolution diverser Steuerbehörden versehen. Die komplizierten Details verwirren. Deshalb ist es an der Zeit Licht ins Dunkel zu bringen.
Der 2006 ausgebrochene Übernahmekampf zwischen der Porsche Holding und dem Volkswagenkonzern ist eigentlich seit 2009 entschieden. Porsche hatte mit Hilfe von komplizierten Finanzprodukten unter der Führung von Wendelin Wiedeking versucht, die Aktienmehrheit am viel größeren Volkswagenkonzern zu erzielen. Was zunächst von der Fachwelt als Größenwahn eingeschätzt wurde, entpuppte sich alsbald als Überraschungscoup. Es wurde sogar eine knappe Anteilsmehrheit bei VW durch Porsche erreicht. Doch dann fehlte es an ausreichendem Kapital. Porsche ging das Geld aus und ein letzter Versuch mit einem Beherrschungsvertrag über VW die Kontrolle zu erhalten scheiterte. Mit vereinten Kräften von Niedersachsens Ministerpräsident Wulff (mit einer Sperrminorität des Landes Niedersachsens ausgestattet) und dem VW Urvater Piëch wurde die Attacke von Porsche abgewehrt. Für kurze Zeit entstand ein Patt zwischen den Streithähnen, bis fallende Kurse Porsche in Geldnot brachten. Als Konsequenz blieb die Porsche Holding auf 11 Milliarden Euro Schulden sitzen, der Porsche-Chef Wiedeking musste den Hut nehmen und VW und Piëch gingen als Sieger aus dem Übernahmekampf hervor. Volkswagen kaufte 49,9 Prozent der Aktien der Porsche Sportwagen AG für rund 3,9 Milliarden Euro Einer völligen Übernahme standen aber Klagen im Weg und die Kurskapriolen der VW-Aktie sind den meisten sicher noch in lebhafter Erinnerung. Die Suche nach einem Königsweg begann.
Offenbar ist man nun fündig geworden.
Als Folge des verlorenen Übernahmekampfs der Porsche-Dachgesellschaft Porsche SE gegen die Volkswagen AG stehen sowohl der Weltkonzern VW als auch das reine Porsche-Sportwagengeschäft (Porsche AG) mehrheitlich unter dem Dach der Porsche Holding SE. Diese Konstellation macht - vereinfacht gesagt - alle drei Beteiligten zu einem Großunternehmen. Damit greifen Bestimmungen aus dem Steuergesetz, die für VW ein Riesenvorteil sind. Anders als befürchtet, darf VW den noch fehlenden Teil des Sportwagengeschäfts der Porsche AG nun steuerfrei eingemeinden. Diese Hürde hatte den lange gewünschten Zusammenschluss viele Monate blockiert, nachdem der Ursprungsplan - eine komplette Verschmelzung aller Beteiligten - an Milliardenklagen gegen die Porsche SE gescheitert war. Investoren fühlen sich nämlich rückblickend bei der Übernahmeschlacht betrogen.
Das Delikate an der Sache: Normalerweise fließt bei einem Geschäft dieser Art kein Geld. Für gewöhnlich ist es ein Anteilstausch. Für die noch ausstehende Hälfte der Porsche AG - wie Porsche und VW am Mittwoch mitteilten ist sie 4,5 Milliarden Euro wert - hätten also eigentlich VW-Aktien zum Gegenwert fließen sollen. Nun aber wandert eben nur eine Aktie plus die Milliardensumme in den Süden. Diese Gestaltungsmöglichkeit ist das Extrem, aber erlaubt. Es handelt sich nun um eine Restrukturierung des Konzerns und nicht mehr um eine Übernahme. Das spart dem Konzern geschätzte 1,5 Milliarden Euro an Steuern oder das Warten bis zur Steuerfreiheit in 2014.
Was bleibt?
Die Porsche Holding konnte bereits 2011 mit einer Kapitalerhöhung über 4,9 Milliarden Euro einen Großteil der Schulden tilgen. Ein weiterer Schuldenabbau kann nun nach dem endgültigen Verkauf der AG erfolgen. Mit der Beteiligung an Volkswagen bleibt man im Automobilgeschäft weiter verankert. Der Sportwagenhersteller Porsche geht nun voll in den Besitz von Volkswagen über und wird die zwölfte Marke im VW-Konzern. Die Eigenständigkeit gegenüber dem Mutterkonzern soll aber für Porsche erhalten bleiben. Damit erhält man die innovative Stärke des Sportwagenherstellers unter einem gemeinsamen Dach.
Die Porsche Vorzugsaktien bleibt vorerst weiter an der Börse gelistet. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht macht der erfolgte Zusammenschluss absolut Sinn. Alleine schon auf Grund der zu erwartenden Kostenersparnis. Und Ferdinand Piëch ist dem großen Ziel, Volkswagen zum größten Automobilhersteller der Welt zu machen, einen großen Schritt näher gekommen.
© 5. Juli 2012/Oliver Roth
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* Oliver Roth ist der Kapitalmarktstratege der Close Brothers Seydler Bank AG, ein eigenständiges Tochterunternehmen der an der London Stock Exchange gelisteten Close Brothers Group plc, London. Mehr über Oliver Roth auf www.oliver-roth.de.
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)