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Börse Frankfurt-News: 'Zahltag' (Kolumne Oliver Roth)

Veröffentlicht am 06.12.2012, 15:24
Aktualisiert 06.12.2012, 15:28
FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 6. Dezember 2012. In der Griechenland-Krise wurden viele Versprechen seitens der Politik nicht eingehalten. Langsam zeigt sich, dass das Land nicht alle Kredit bedienen kann.

Das Wort 'eigentlich' ist in der deutschen Sprache weit verbreitet. 'In Wirklichkeit' ist ein Synonym dafür. Das Interessante daran ist, dass es besonders in der Politik oft zur Verschleierung von Tatbeständen benutzt wird. Die Rettung Griechenland sollte den Steuerzahler eigentlich nichts kosten. Nur Kredite sollten vergeben werden, die man wieder zurückerhalten wollte, so die Beteuerungen. Spätestens jetzt ist auch dem Letzten klar geworden, dass der Erhalt Griechenlands in der Eurozone auch in Wirklichkeit Geld kostet. Der erste Zahltag naht, weitere werden folgen.

Für einen Politiker ist es gefährlich, die Wahrheit zu sagen. Die Leute könnten sich daran gewöhnen, die Wahrheit hören zu wollen. Das wusste schon George Bernard Shaw. Politische Versprechungen haben keine lange Haltedauer. Das weiß man schon seit den alten Römern. Aber dennoch entrüstet man sich als Bürger immer wieder aufs Neue, wenn man hinters Licht geführt wird. Beschönigen, Beruhigen, Beteuern und Behaupten. so lautet die Verschleierungsdevise in der deutschen Politik seit 2010.

Selten haben dabei Versprechen eine so kurze Gültigkeit besessen wie in der Griechenland-Krise. Ob es sich um die Nichtbeistands-Klausel der Eurozone handelte, um das Volumen des EU-Rettungsschirms, die Anzahl der Rettungspakete oder das Haftungsvolumen des deutschen Steuerzahlers. Versprochen, versprechen gebrochen. Und was ist mit dem Widerstand gegen den Schuldenschnitt für Griechenland?

Die Regierung steuert in der Griechenlandkrise neue Ufer an. 'Eigentlich' sollte der deutsche Steuerzahler nur über Bürgschaften und Krediten für den griechischen Staatshaushalt haften. Doch durch die nicht eingehaltenen Sparziele der griechischen Regierung mussten die Rettungspakete für Hellas verändert werden. Athen braucht mehr Zeit zum Sparen und das kostet Geld. Und dieses Mal ist es echtes Geld der Steuerzahler. In den kommenden beiden Jahren belastet Griechenland den Bundeshaushalt mit mindestens 1,4 Milliarden. Euro. Jährlich verzichtet der Bund dabei auf Bundesbankgewinne. 2013 auf 600 Mio. und 2014 auf 530 Mio. Euro. Zusätzlich kostet die vorgenommene Zinssenkung für die Rettungskredite den Steuerzahler weitere 130 Mio. jährlich.

So weit, so schlecht. Doch was kommt als nächstes? Eine weitere Entschuldung für die Griechen über einen Schuldenschnitt? Das dritte Rettungspaket? Oder beides? Griechenland schafft es niemals ohne Schuldenerlass aus der Abwärtsspirale heraus. Trotz aller Anstrengungen, die man in Athen unternimmt. Das ist offensichtlich. Bereits 380 Milliarden Euro an ausländischen Hilfen wurden seit 2010 in das Land gepumpt. Größtenteils floss dieses Geld in die Bankenrettung. Angemerkt sei, dass die griechischen Bürger nichts von diesem Geld sahen.

Und was hat es gebracht? Athen hängt weiterhin am Tropf der EU und des IWF und das wird auch so bleiben. Es läuft alles auf einen europäischen Länderfinanzausgleich hinaus, indem die reicheren Staaten den ärmeren Staaten permanent unter die Arme greifen. Der nächste Schritt dahin könnte ein weiteres Rettungspaket sein oder eine Erweiterung der bereits bestehenden Hilfen. Das diente dann der Zwischenfinanzierung Griechenlands bis zum Schuldenschnitt.

Dieser wird aus zwei unterschiedlichen Gründen bis 2014 aufgeschoben. Zum einen hat die Bundesregierung kein Interesse daran, vor der Bundestagswahl derartige Neuigkeiten dem Wähler verkünden zu müssen und damit zum Wahlkampfthema zu machen. Und zum anderen darf Deutschland Griechenland keine Kredite auszahlen, wenn ihnen gleichzeitig die Schulden erlassen werden. Der Bundesfinanzminister hat aber angemerkt, dass 2014 diese Hilfen auslaufen. Damit stände einem Erlass dahingehend nichts mehr im Wege. Offiziell lehnt man in Berlin die Entschuldung auf Kosten der Steuerzahler noch ab, aber hinter vorgehaltener Hand wird längst darüber debattiert.

Was könnte uns der Schuldenschnitt Kosten?

Es gibt Berechnungen, die einen Schuldenschnitt Hellas von 50 Prozent anstreben und was Griechenlands Schulden um 100 Milliardne Euro reduzieren würde. Das würde den deutschen Fiskus 17,5 Milliarden Euro kosten. Die Kanzlerin fährt weiter auf Sicht und lässt nur Häppchenweise die Wahrheit ans Licht. Eigentlich ist das nichts Neues.

© 6. Dezember 2012/Oliver Roth

* Oliver Roth ist der Kapitalmarktstratege der Close Brothers Seydler Bank AG, ein eigenständiges Tochterunternehmen der an der London Stock Exchange gelisteten Close Brothers Group plc, London. Mehr über Oliver Roth auf www.oliver-roth.de.

Dieser Artikel gibt die Meinung des Autors wieder, nicht die der Redaktion von boerse-frankfurt.de. Sein Inhalt ist die alleinige Verantwortung des Autors.

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)

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