FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 8. September 2014. Trotz der jüngsten Kursgewinne sehen technische Analysten den DAX weiterhin im Seitwärtsband gefangen. Eine nachhaltige Aktienrallye gibt es demnach erst mit besseren Konjunkturdaten und einer weiteren Entspannung im Konflikt mit Russland.
An den Kapitalmärkten dominieren Geopolitik und Geldpolitik. Sollte sich die Situation in der Ukraine tatsächlich beruhigen, würde dies Christian Apelt zufolge den ersten Akt im Konflikt beschließen. "An den Finanzmärkten wurde ein Frieden schon mal vorab gefeiert", meint der Helaba-Analyst. "Aktien waren gefragt, sichere Anlagen wie Renten oder Gold wurden verkauft." Mit der überraschenden Zinssenkung und der Ankündigung eines Kaufprogramms von Kreditverbriefungen und Pfandbriefen durch die Europäische Zentralbank "jubelten die Aktienmärkte einfach weiter". Der DAX kletterte im Wochenverlauf um 2,85 Prozent auf 9.747 Punkte.
Kurzfristig noch Luft nach oben
An der niedrigen Aktienvolatilität erkennt Markus Reinwand von der Helaba, dass viele Marktteilnehmer Aktieninvestments durch die ultralockere Geldpolitik nach unten gut abgesichert sehen." Allerdings sei der "Draghi-Put" nicht zum Nulltarif zu haben. "Die EZB reagiert vielmehr auf das schwache Wachstum und die Gefahr einer Deflation im Euroraum." Aus fundamentaler Sicht gebe es deshalb kein Spielraum für nachhaltig höhere Aktiennotierungen. Kurspotenzial ergebe sich erst, wenn sich die Konjunktur und damit die Gewinnerwartungen der Unternehmen verbesserten."
Auch Gregor Bauer bewertet die jüngsten EZB-Schritte eher kritisch. "Die neue Geldspritze aus dem Hause Draghi könnte zwar die Börsenhausse kurzfristig weiter anheizen", bestätigt der unabhängige technische Analyst. Das eigentliche Ziel würde allerdings verfehlt. "Der Realwirtschaft reformunfähiger Problemstaaten wie Frankreich und Italien wird die zusätzliche Liquidität nicht helfen."
Fünfstellig erst einmal nicht mehr
Mit dem Rückenwind vonseiten der Notenbank wird der DAX nach Ansicht von Bauer vermutlich im Laufe der Woche weiter Richtung massive Widerstandszone um etwa 9.900 Punkte laufen. Danach reiche die Geldschwemme als Kaufgrund nicht mehr aus. Neue "Impulsnachrichten" müssten her, da spekulative Anleger ansonsten wieder auf die Verkäuferseite wechseln würden.
Die technischen Charts bestätigten diesen Widerstandsbereich. "Das macht einen Bruch über die 10.000-Punkte-Marke sehr unwahrscheinlich." Bauer rät Anlegern ihre von steigenden Kursen profitierenden DAX-Investments bei etwa 9.500 Punkten abzusichern. "Ein Durchbruch nach unten würde den deutschen Bluechip-Index bis in die Region um 8.900 Punkte rutschen lassen."
Insgesamt positiv
Optimistischer beurteilt Christian Schmidt von der Helaba die technische Lage des DAX. "Insbesondere das Überwinden der 200-Tage-Linie sorgte für neue Kaufanreize, die im Verlauf sukzessive verstärkt wurden." Das wiederum habe zum Bruch weiterer "Barrieren" geführt. Als besonders bemerkenswert beschreibt Schmidt das mehrfache Überschreiten des 61,8 Prozent-Fibonacci-Retracement bei aktuell 9.612 Punkten auf Schlusskursbasis. "Damit stellt sich das Gesamtbild wieder positiv dar." Die nächste Zielmarke auf der Oberseite befinde sich bei 9.813 DAX-Zählern.
Rücksetzer möglich
Sollte der DAX korrigieren und unterhalb der Unterstützung bei 9.600 Zählern schließen, stehen Robert Halver zufolge Kursverluste zunächst bis 9.400 Punkte im Raum. Im weiteren Verlauf könne das deutsche Aktienbarometer nach Unterschreiten der Marke von 9.200 Zählern bis in den Bereich um 9.050 Punkte fallen. Zwischen 9.000 und 8.900 Punkten treffe der DAX dann auf wichtige technische Haltelinien.
Mit Blick auf den US-Aktienmarkt deute der aktuell hohe Anteil der Optimisten übrigens auf eine zwischenzeitliche Konsolidierung. "Erstmals in diesem Jahr ist der Wert über die obere Begrenzung der Standardabweichung gestiegen", bemerkt Halver, der daraus eine mögliche Gegenbewegung ableitet.
Wichtige Konjunktur- und Wirtschaftsdaten
Mittwoch, 10. September
8.45 Uhr. Frankreich: Industrieproduktion Juli. Die wirtschaftlich schwierige Lage im gesamten Euroraum wird sich der HSBC zufolge in den Industriedaten aus Frankreich widerspiegeln. Mit einem Rückgang um 0,3 Prozent auf Monatsbasis bleibe die Jahresrate mit -0,2 Prozent im negativen Bereich.
Donnerstag, 11. September
3.30 Uhr. China: Verbraucherpreise August. Die konjunkturelle Erholung in China scheint nicht von einem stärkeren Anziehen der Verbraucherpreise begleitet zu werden. Nach einem schwachen Einkaufsmanagerindex für August geht die DekaBank von einem leichten Rückgang der Inflationsrate auf 2,2 Prozent aus. Damit liege das der Wert deutlich unter dem Regierungsziel von 3,5 Prozent.
Freitag, 12. September
11.00 Uhr. Euroraum: Industrieproduktion Juli. Die DekaBank erwartet einen spürbaren Zuwachs zum Beginn des dritten Quartals. Die Basis dafür habe der kräftige Anstieg der Industrieproduktion in Deutschland gelegt, und auch Spanien liefere einen positiven Beitrag. Hingegen enttäuschten die italienischen und französischen Zahlen.
14.30 Uhr. USA: Einzelhandelsumsätze August. Die HSBC prognostiziert zwar nur leicht gestiegene Geschäfte im Einzelhandel um 0,2 Prozent gegenüber dem Vormonat. Damit erhöhe sich die aufs Jahr hochgerechnete Rate aber immerhin auf 4 Prozent. Vor dem Hintergrund eines florierenden Arbeitsmarktes bleibe die Kauflaune der Verbraucher vermutlich auch im zweiten Halbjahr mit Zuwachsraten von 2,5 Prozent hoch.
Alle relevanten Termine sowie die aktuellen Daten kurz nach ihrer Veröffentlichung finden Sie auf boerse-frankfurt.de/termine.
Möchten Sie den Wochenausblick kostenlos per E-Mail erhalten, dann melden Sie sich an auf boerse-frankfurt.de/newsletter.
von Iris Merker, Deutsche Börse AG
Sie können sich kostenlos für unseren täglichen Newsletter per E-Mail anmelden. Registrieren Sie sich bei www.boerse-frankfurt.de/newsletter.
© 8. September 2014
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)