HANNOVER (dpa-AFX) - Die deutsche Erdgas- und Erdölindustrie hat auch 2022 trotz des erhöhten Rohstoffbedarfs in der Energiekrise geringere Mengen aus heimischen Quellen gefördert. Angesichts der seit Jahren rückläufigen Produktion will sie nun stärker auf zukunftsträchtigere Geschäfte setzen - etwa Geothermie, die Herstellung von Wasserstoff aus Erdgas oder die unterirdische Speicherung von CO2.
Das in Deutschland gewonnene Erdgasvolumen nahm im vergangenen Jahr von rund 5,2 Milliarden Kubikmetern (2021) auf gut 4,8 Milliarden Kubikmeter ab, wie der Bundesverband Erdgas, Erdöl und Geoenergie (BVEG) am Dienstag in Hannover berichtete. Ähnlich verlief die Entwicklung beim Erdöl, dessen Inlandsproduktion von etwa 1,8 Millionen Tonnen (2021) auf 1,7 Millionen Tonnen sank. Aus diesen Mengen lassen sich nach Branchenangaben ungefähr 5,5 Prozent (Gas) beziehungsweise 2 Prozent (Öl) der heimischen Nachfrage abdecken.
Der Trend einer langfristig schrumpfenden Eigenförderung hält damit an, früher waren es in der Bundesrepublik teils bis zu 20 Milliarden Kubikmeter Gas und mehr pro Jahr. Verbandschef Ludwig Möhring wies - wie bereits kurz nach Kriegsbeginn in der Ukraine im vorigen Frühjahr - darauf hin, dass die deutschen Gasproduzenten weiter ihren Teil zur Versorgung beisteuern wollten. Die nach wie vor sehr hohen Preise für fossile Rohstoffe würden nur sinken, wenn sich das Angebot ausweite.
In der CO2-Gesamtbilanz schneide heimisches Gas zudem besser ab als importiertes verflüssigtes Erdgas (LNG), das per Tanker zum Beispiel aus den USA geliefert wird. Möhring schlug eine Neubewertung der inzwischen verbesserten technischen Möglichkeiten vor, Schiefergas mit der umstrittenen Fracking-Methode zu gewinnen: "Die Energiekrise macht es notwendig, sich auch den Potenzialen hier vor Ort neu zu öffnen. Dazu gehört auch eine hinreichend informierte und abgewogene Entscheidung bezüglich der Option Schiefergas aus Deutschland." Große Mengen des amerikanischen LNG werden ebenfalls so gefördert.