Deutsches Aktieninstitut e.V.: Finanzplatz
DGAP-News: Deutsches Aktieninstitut e.V. / Schlagwort(e): Sonstiges
Deutsches Aktieninstitut e.V.: Finanzplatz
18.02.2013 / 10:00
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Dr. Nikolaus von Bomhard
'Europa und der Euro lohnen den größtmöglichen Einsatz'
Uta-Bettina von Altenbockum, Finanzplatz
Mitte Januar wurde Nikolaus von Bomhard von der St. John's University's
School of Risk Management der Titel 'Insurance Leader of the Year 2012'
verliehen, als Anerkennung für seine Verdienste um das von ihm geführte
Unternehmen, aber auch weil er bereit ist, in schwierigen Zeiten Stellung
zu beziehen. Der Vorstandsvorsitzende von Munich Re scheut weder die
Auseinandersetzung mit der Politik noch mit seinesgleichen, wenn ihm ein
Thema unter den Nägeln brennt. Im Gespräch mit dem Finanzplatz spricht er
über die Kapitalanlagealternativen von Munich Re, Standards bei der
Nachhaltigkeitsberichterstattung und seine Visionen für Europa.
Interview mit Dr. Nikolaus von Bomhard, CEO, Munich Re, Mitglied im
Deutschen Aktieninstitut
Herr von Bomhard, Munich Re hat 2012 einen Gewinn von 3,2 Mrd. Euro
erzielt, mehr als Anfang des Jahres erwartet. Hat sich die zuletzt
vorherrschende Stimmung bestätigt, wonach das Schlimmste der Euro-Krise
vorbei sei? Wie wird sich die deutsche/europäische Wirtschaft 2013 Ihrer
Meinung nach entwickeln?
Auf dem Kapitalmarkt beobachten wir eine gewisse Entspannung bei einzelnen
Indikatoren der Krise. Von einer nachhaltigen Beseitigung der Ursachen der
Krise sind wir jedoch noch ein gutes Stück entfernt. Wir bleiben also bei
unserer vorsichtigen Grundeinstellung. Der deutschen Wirtschaft geht es
dabei noch vergleichsweise gut, denn wir profitieren nach wie vor von
Impulsen vor allem außerhalb der EU. Wie die meisten Konjunkturforscher
gehen wir für 2013 davon aus, dass die deutsche Wirtschaft, im Gegensatz
zur Eurozone, ein leichtes Wachstum aufweisen wird. Blicke ich nach vorn,
so ist es außerordentlich wichtig, die richtigen Lehren aus der Krise zu
ziehen, und nicht nur in Europa. Die Maßnahmen etwa bei der Konsolidierung
der Staatsfinanzen gehen in vielen Ländern, beispielsweise in den USA, noch
nicht weit genug.
Munich Re hat als Konzern Kapitalanlagen im Umfang von über 200 Mrd. Euro.
Wie können Sie diese in der aktuellen Niedrigzinsphase überhaupt noch
sinnvoll anlegen?
Das Niedrigzinsumfeld ist eine große Herausforderung für alle Sparer, damit
auch für uns Versicherer, die uns noch einige Zeit beschäftigen wird. Noch
haben wir viele länger laufende Anleihen mit höheren Kupons in den Büchern.
Allerdings sinken die laufenden Renditen unserer Kapitalanlagen wegen des
deutlich niedrigeren Wiederanlagezinses. Wir steuern dieser Entwicklung mit
einer ausgeprägten Diversifikation unserer Kapitalanlagen entgegen, sei es
mit Investments in Anleihen von Schwellenländern oder einem Ausbau der
Unternehmensanleihen. Und wir investieren in illiquidere Anlagen, hierher
gehören Erneuerbare Energien und Infrastruktur. All dies bringt auch eine
leicht höhere Rendite.
Die Kapitalanlage in Erneuerbare Energien, wie z.B. Wind- bzw.
Solarkraftwerke, ist eher ungewöhnlich. Spricht daraus die schiere
Verzweiflung oder wäre dieses Engagement auch in normalen Zinszeiten
denkbar gewesen?
Investments in Erneuerbare Energien und Infrastruktur sind aufgrund der
langfristig erzielbaren und vergleichsweise stabilen Erträge für
Versicherungen gut geeignet. Freilich müssen die Rahmenbedingungen stimmen.
Wir haben uns für Investitionen in Erneuerbare Energien eine Zielgröße von
2,5 Mrd. EUR und für Infrastruktur von 1,5 Mrd. EUR gegeben. Noch sind wir
nicht am Ziel. Bei diesen Investitionen nutzen wir das technische Know-how
der Kollegen, die diese Anlagen versichern oder rückversichern, eine
interessante Synergie im Konzern. Solche Investments bieten übrigens auch
einen gewissen Schutz gegen Inflation.
Nur gut 3 % ihrer Kapitalanlagen legt Munich Re in Aktien an. Wäre eine
höhere Aktienquote aus Sicht der Versicherer wünschenswert? Was sind die
Gründe für die niedrige Aktienquote und was müsste getan werden, damit
deutsche Versicherer verstärkt in Aktien anlegen?
Diese Zurückhaltung beruht nicht, wie oft behauptet, auf den neuen
Solvenzregeln. Es geht vielmehr um die Frage, welche Kapitalanlagen unsere
Verbindlichkeiten optimal bedecken. Und hier sind Aktien nicht die erste
Wahl. Auch wollen wir nicht zu hohe Kapitalmarktrisiken auf die Bilanz
nehmen. Unsere Aktionäre setzen darauf, dass wir das Versicherungsgeschäft
profitabel betreiben. Nicht darauf, dass wir hohe Risiken am Kapitalmarkt
eingehen.
Die nach dem Reaktorunglück in Deutschland beschlossene Energiewende steht,
so wirkt es zumindest, auf ziemlich wackeligen Füßen. Dabei scheint die
Produktion erneuerbarer Energie weniger das Problem zu sein als die
Verteilung derselben in Deutschland. Die Netzbetreiber wirken mit den neuen
Anforderungen finanziell überfordert. Werden hier zukünftig die Versicherer
als Finanziers in die Bresche springen?
Das für die deutsche Energiewende nötige Investitionsvolumen geht natürlich
weit über das hinaus, was realistischerweise von der deutschen
Versicherungswirtschaft erwartet werden kann. Wir finanzieren auch keine
Projekte auf der grünen Wiese, sondern investieren, als geschäftsbedingt
konservativer Investor, nur in bestehende Anlagen. Aber auch in
Hochspannungsnetze haben wir schon investiert, etwa durch unsere
Beteiligung an Amprion. Hinderlich ist, dass Versicherer für diese
Investitionen mit langfristigem Charakter und stabilem Cashflow, wie etwa
bei Windpark-Beteiligungen, so viel Risikokapital hinterlegen müssen wie
für die viel volatileren Aktien. Das ist offensichtlich nicht
gerechtfertigt. Wenn die Politik mehr privates Kapital in diesen Sektor
lenken will, muss sie diese sogenannte Kalibrierung des Risikokapitals
ändern.
Munich Re hat zusammen mit der Desertec Foundation die Gründung der Dii
GmbH angestoßen, die zum Ziel hat, das Desertec-Konzept in Europa, dem
Mittleren Osten und Nordafrika umzusetzen. In Marokko soll 2016 ein
Wüstenstrompark ans Netz gehen, der auch Europa mit Strom versorgen soll.
Wäre es nicht viel sinnvoller, wenn zunächst einmal die nordafrikanischen
Staaten den Strom für eigene Zwecke nutzten, als ihn über große
Entfernungen nach Europa zu verkaufen?
Eine generelle Anmerkung vorweg: Die Desertec-Vision folgt ja dem Ziel,
'sauberen' Strom möglichst effizient zu erzeugen. Mit Blick auf die
Rahmenbedingungen sind die Potenziale für erneuerbare Energien in
Nordafrika - aus Sonne wie aus Wind - enorm. Daher haben wir seinerzeit
beim Aufbau der Dii GmbH die Initiative ergriffen, um die Umsetzung der
Desertec-Vision spürbar voranzubringen. Der Ausschreibungs- und
Finanzierungsprozess für ein erstes Kraftwerk ist durch die marokkanische
Solaragentur MASEN in der Tat bereits abgeschlossen worden. Der Baubeginn
ist für Anfang 2013 vorgesehen. Den Tenderprozess hat übrigens ein
Konsortium unter der Führung eines Shareholders der Dii GmbH gewonnen. Bei
dem von Ihnen genannten Projekt handelt es sich um ein Referenzvorhaben,
bei dem insbesondere auch die Stromübertragung nach Europa und die dazu
erforderlichen regulatorischen Rahmenbedingungen erarbeitet werden sollen.
Dabei darf aber nicht übersehen werden, dass das Desertec-Konzept fest
davon ausgeht, dass der erzeugte Strom hauptsächlich für die lokalen Märkte
produziert wird. Nur ein Teil des Stroms soll nach Europa exportiert
werden. Ein Gewinn für alle also, wenn es klappt.
Seit Ende 2011 gibt es einen Deutschen Nachhaltigkeitskodex, der auf den
Standards der Global Reporting Initiative (GRI) beruht. Obwohl Munich Re
auch nach den GRI über ihre Nachhaltigkeitsanstrengungen berichtet, hat sie
bisher noch keine Entsprechenserklärung abgegeben. Warum nicht? Was halten
Sie von den Bemühungen, auf europäischer Ebene Nachhaltigkeitsvorschriften
zu verabschieden?
Da sprechen Sie einen wichtigen Aspekt an. Versicherung ist ja immer ein
Versprechen für die Zukunft. Daher ist uns nachhaltiges Wirtschaften sehr
wichtig. Und ich bin sicher, dass langfristig gesehen ein nachhaltiges
Wirtschaften nicht nur gesellschaftspolitisch, sondern auch
volkswirtschaftlich für uns alle sinnvoller ist. Nun zu Ihrer Frage: Es
gibt derzeit das Problem unterschiedlicher Standards, nach denen jeweils
Fortschrittsberichte erstellt werden müssen. Wir setzen uns stark für eine
internationale Standardisierung ein, bei der auch die Besonderheiten
verschiedener Branchen berücksichtigt werden müssen. Im Augenblick
konzentrieren wir uns auf die von Ihnen genannte GRI und auf unsere
Mitgliedschaft in verschiedenen Nachhaltigkeitsinitiativen auf Ebene der
Vereinten Nationen. Auch wenn wir an der Gestaltung des Deutschen
Nachhaltigkeitskodex mitgewirkt haben, müssen wir als internationales
Unternehmen unsere Kräfte doch auch konzentrieren. Ich bin zuversichtlich,
dass eine Harmonisierung der Berichtsanforderungen gelingen kann.
Mitte letzten Jahres haben Sie den Zorn der deutschen Banker auf sich
gezogen, als Sie öffentlich die Trennung von Eigenhandel und Kundengeschäft
bei Banken favorisierten. Ist es wirklich notwendig, den Eigenhandel aus
den Banken komplett auszulagern? Inwieweit ist es nicht eher die Frage, wie
risikogeneigt dieser Eigenhandel betrieben wird?
Mir geht es um folgenden Punkt: Zunächst ist es wichtig, dass die Aufsicht
völlige Transparenz erreicht bezüglich der diversen Bankgeschäfte. Weiter
muss verhindert werden, dass über Verluste aus dem Investmentbanking das
systemische Risiko eines 'Run auf die Banken' entsteht, weil Bankkunden um
ihre Spareinlagen fürchten. Und schließlich muss verhindert werden, dass
der Steuerzahler für etwaige Verluste in Anspruch genommen wird. Es geht
also darum, das Bankensystem insgesamt krisenfest zu machen; Schieflagen
einzelner Banken dürfen keine Systemkrise auslösen. In diesem Kontext
sollten Banken mit Investmentbanking-Geschäft gegenüber der Aufsicht
begründen, warum, wofür und auch in welcher Dimension sie dieses Geschäft
betreiben. Wo das Investmentbanking dem Kundengeschäft offensichtlich nicht
dient, wie etwa der Eigenhandel, sollte man es trennen. Für diese Trennung
gibt es unterschiedliche Wege.
Wird Munich Re zukünftig selbst Kredite an Unternehmen vergeben? Werden die
Versicherer dann nicht möglicherweise auch systemrelevant?
Unsere Beteiligung an der Finanzierung von Unternehmen wird auch künftig
vor allem über Unternehmensanleihen stattfinden - sie haben im Moment einen
Anteil von rund 10 Prozent unseres Zinsträgerportfolios. Die Übernahme von
Kreditrisiken allein sorgt im Übrigen nicht für Systemrelevanz, solange
nicht weitere Elemente hinzukommen, beispielsweise eine ausgeprägte
Vernetzung mit Banken. Versicherer, das möchte ich hinzufügen, sind im
Kerngeschäft anerkanntermaßen nicht systemrelevant. Sie sind untereinander
nicht vernetzt wie Banken und sie sind - was uns bei der Preisgestaltung
nicht entgegenkommt - vergleichsweise leicht zu ersetzen. Solange sich die
Kapitalanlagen eines Versicherers also an den Verbindlichkeiten auf der
Passivseite der Bilanz orientieren - und das tun sie bei uns wie bei den
großen Wettbewerbern -, entsteht eben keine Systemrelevanz.
Herr von Bomhard, im letzten Jahr haben Sie von den Politikern verlangt,
Führungsstärke zu zeigen und den Bürgern den Weg zu einem geeinten Europa
aufzuzeigen. Was kann die deutsche Wirtschaftselite dafür tun, dass der Weg
zu einem gemeinsamen Europa gelingt?
Europa und der Euro lohnen den größtmöglichen Einsatz. Denn nie zuvor haben
die Völker Europas in so viel Freiheit und Sicherheit sowie insgesamt
relativ stabiler wirtschaftlicher Prosperität leben können. Ich plädiere
schon länger für ein Überarbeiten der Balance der politischen Institutionen
in Europa, das beginnt bei deren Wahl und endet beim Zuschnitt ihrer
Rechte. Für ein sinnvoll integrierteres Europa müssen die Staaten auch zur
Aufgabe eines gewissen Maßes an nationaler Souveränität bereit sein. Manche
Kompetenzen europäischer Institutionen müssen aber auch zurückgeschnitten
werden. Zutiefst überzeugt bin ich, dass die Bürger als Wähler mehr
Teilhabe am politischen Geschehen in Europa brauchen bis hin zum Einfluss
auf die Zusammensetzung einiger europäischer Institutionen. Die Unternehmen
und deren Repräsentanten müssen das Thema 'Europa' lebendig halten, und
eben nicht nur beschränkt auf die Bewältigung der derzeitigen Krise.
Ende der Corporate News
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18.02.2013 Veröffentlichung einer Corporate News/Finanznachricht,
übermittelt durch die DGAP - ein Unternehmen der EquityStory AG.
Für den Inhalt der Mitteilung ist der Emittent / Herausgeber
verantwortlich.
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201607 18.02.2013
DGAP-News: Deutsches Aktieninstitut e.V. / Schlagwort(e): Sonstiges
Deutsches Aktieninstitut e.V.: Finanzplatz
18.02.2013 / 10:00
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Dr. Nikolaus von Bomhard
'Europa und der Euro lohnen den größtmöglichen Einsatz'
Uta-Bettina von Altenbockum, Finanzplatz
Mitte Januar wurde Nikolaus von Bomhard von der St. John's University's
School of Risk Management der Titel 'Insurance Leader of the Year 2012'
verliehen, als Anerkennung für seine Verdienste um das von ihm geführte
Unternehmen, aber auch weil er bereit ist, in schwierigen Zeiten Stellung
zu beziehen. Der Vorstandsvorsitzende von Munich Re scheut weder die
Auseinandersetzung mit der Politik noch mit seinesgleichen, wenn ihm ein
Thema unter den Nägeln brennt. Im Gespräch mit dem Finanzplatz spricht er
über die Kapitalanlagealternativen von Munich Re, Standards bei der
Nachhaltigkeitsberichterstattung und seine Visionen für Europa.
Interview mit Dr. Nikolaus von Bomhard, CEO, Munich Re, Mitglied im
Deutschen Aktieninstitut
Herr von Bomhard, Munich Re hat 2012 einen Gewinn von 3,2 Mrd. Euro
erzielt, mehr als Anfang des Jahres erwartet. Hat sich die zuletzt
vorherrschende Stimmung bestätigt, wonach das Schlimmste der Euro-Krise
vorbei sei? Wie wird sich die deutsche/europäische Wirtschaft 2013 Ihrer
Meinung nach entwickeln?
Auf dem Kapitalmarkt beobachten wir eine gewisse Entspannung bei einzelnen
Indikatoren der Krise. Von einer nachhaltigen Beseitigung der Ursachen der
Krise sind wir jedoch noch ein gutes Stück entfernt. Wir bleiben also bei
unserer vorsichtigen Grundeinstellung. Der deutschen Wirtschaft geht es
dabei noch vergleichsweise gut, denn wir profitieren nach wie vor von
Impulsen vor allem außerhalb der EU. Wie die meisten Konjunkturforscher
gehen wir für 2013 davon aus, dass die deutsche Wirtschaft, im Gegensatz
zur Eurozone, ein leichtes Wachstum aufweisen wird. Blicke ich nach vorn,
so ist es außerordentlich wichtig, die richtigen Lehren aus der Krise zu
ziehen, und nicht nur in Europa. Die Maßnahmen etwa bei der Konsolidierung
der Staatsfinanzen gehen in vielen Ländern, beispielsweise in den USA, noch
nicht weit genug.
Munich Re hat als Konzern Kapitalanlagen im Umfang von über 200 Mrd. Euro.
Wie können Sie diese in der aktuellen Niedrigzinsphase überhaupt noch
sinnvoll anlegen?
Das Niedrigzinsumfeld ist eine große Herausforderung für alle Sparer, damit
auch für uns Versicherer, die uns noch einige Zeit beschäftigen wird. Noch
haben wir viele länger laufende Anleihen mit höheren Kupons in den Büchern.
Allerdings sinken die laufenden Renditen unserer Kapitalanlagen wegen des
deutlich niedrigeren Wiederanlagezinses. Wir steuern dieser Entwicklung mit
einer ausgeprägten Diversifikation unserer Kapitalanlagen entgegen, sei es
mit Investments in Anleihen von Schwellenländern oder einem Ausbau der
Unternehmensanleihen. Und wir investieren in illiquidere Anlagen, hierher
gehören Erneuerbare Energien und Infrastruktur. All dies bringt auch eine
leicht höhere Rendite.
Die Kapitalanlage in Erneuerbare Energien, wie z.B. Wind- bzw.
Solarkraftwerke, ist eher ungewöhnlich. Spricht daraus die schiere
Verzweiflung oder wäre dieses Engagement auch in normalen Zinszeiten
denkbar gewesen?
Investments in Erneuerbare Energien und Infrastruktur sind aufgrund der
langfristig erzielbaren und vergleichsweise stabilen Erträge für
Versicherungen gut geeignet. Freilich müssen die Rahmenbedingungen stimmen.
Wir haben uns für Investitionen in Erneuerbare Energien eine Zielgröße von
2,5 Mrd. EUR und für Infrastruktur von 1,5 Mrd. EUR gegeben. Noch sind wir
nicht am Ziel. Bei diesen Investitionen nutzen wir das technische Know-how
der Kollegen, die diese Anlagen versichern oder rückversichern, eine
interessante Synergie im Konzern. Solche Investments bieten übrigens auch
einen gewissen Schutz gegen Inflation.
Nur gut 3 % ihrer Kapitalanlagen legt Munich Re in Aktien an. Wäre eine
höhere Aktienquote aus Sicht der Versicherer wünschenswert? Was sind die
Gründe für die niedrige Aktienquote und was müsste getan werden, damit
deutsche Versicherer verstärkt in Aktien anlegen?
Diese Zurückhaltung beruht nicht, wie oft behauptet, auf den neuen
Solvenzregeln. Es geht vielmehr um die Frage, welche Kapitalanlagen unsere
Verbindlichkeiten optimal bedecken. Und hier sind Aktien nicht die erste
Wahl. Auch wollen wir nicht zu hohe Kapitalmarktrisiken auf die Bilanz
nehmen. Unsere Aktionäre setzen darauf, dass wir das Versicherungsgeschäft
profitabel betreiben. Nicht darauf, dass wir hohe Risiken am Kapitalmarkt
eingehen.
Die nach dem Reaktorunglück in Deutschland beschlossene Energiewende steht,
so wirkt es zumindest, auf ziemlich wackeligen Füßen. Dabei scheint die
Produktion erneuerbarer Energie weniger das Problem zu sein als die
Verteilung derselben in Deutschland. Die Netzbetreiber wirken mit den neuen
Anforderungen finanziell überfordert. Werden hier zukünftig die Versicherer
als Finanziers in die Bresche springen?
Das für die deutsche Energiewende nötige Investitionsvolumen geht natürlich
weit über das hinaus, was realistischerweise von der deutschen
Versicherungswirtschaft erwartet werden kann. Wir finanzieren auch keine
Projekte auf der grünen Wiese, sondern investieren, als geschäftsbedingt
konservativer Investor, nur in bestehende Anlagen. Aber auch in
Hochspannungsnetze haben wir schon investiert, etwa durch unsere
Beteiligung an Amprion. Hinderlich ist, dass Versicherer für diese
Investitionen mit langfristigem Charakter und stabilem Cashflow, wie etwa
bei Windpark-Beteiligungen, so viel Risikokapital hinterlegen müssen wie
für die viel volatileren Aktien. Das ist offensichtlich nicht
gerechtfertigt. Wenn die Politik mehr privates Kapital in diesen Sektor
lenken will, muss sie diese sogenannte Kalibrierung des Risikokapitals
ändern.
Munich Re hat zusammen mit der Desertec Foundation die Gründung der Dii
GmbH angestoßen, die zum Ziel hat, das Desertec-Konzept in Europa, dem
Mittleren Osten und Nordafrika umzusetzen. In Marokko soll 2016 ein
Wüstenstrompark ans Netz gehen, der auch Europa mit Strom versorgen soll.
Wäre es nicht viel sinnvoller, wenn zunächst einmal die nordafrikanischen
Staaten den Strom für eigene Zwecke nutzten, als ihn über große
Entfernungen nach Europa zu verkaufen?
Eine generelle Anmerkung vorweg: Die Desertec-Vision folgt ja dem Ziel,
'sauberen' Strom möglichst effizient zu erzeugen. Mit Blick auf die
Rahmenbedingungen sind die Potenziale für erneuerbare Energien in
Nordafrika - aus Sonne wie aus Wind - enorm. Daher haben wir seinerzeit
beim Aufbau der Dii GmbH die Initiative ergriffen, um die Umsetzung der
Desertec-Vision spürbar voranzubringen. Der Ausschreibungs- und
Finanzierungsprozess für ein erstes Kraftwerk ist durch die marokkanische
Solaragentur MASEN in der Tat bereits abgeschlossen worden. Der Baubeginn
ist für Anfang 2013 vorgesehen. Den Tenderprozess hat übrigens ein
Konsortium unter der Führung eines Shareholders der Dii GmbH gewonnen. Bei
dem von Ihnen genannten Projekt handelt es sich um ein Referenzvorhaben,
bei dem insbesondere auch die Stromübertragung nach Europa und die dazu
erforderlichen regulatorischen Rahmenbedingungen erarbeitet werden sollen.
Dabei darf aber nicht übersehen werden, dass das Desertec-Konzept fest
davon ausgeht, dass der erzeugte Strom hauptsächlich für die lokalen Märkte
produziert wird. Nur ein Teil des Stroms soll nach Europa exportiert
werden. Ein Gewinn für alle also, wenn es klappt.
Seit Ende 2011 gibt es einen Deutschen Nachhaltigkeitskodex, der auf den
Standards der Global Reporting Initiative (GRI) beruht. Obwohl Munich Re
auch nach den GRI über ihre Nachhaltigkeitsanstrengungen berichtet, hat sie
bisher noch keine Entsprechenserklärung abgegeben. Warum nicht? Was halten
Sie von den Bemühungen, auf europäischer Ebene Nachhaltigkeitsvorschriften
zu verabschieden?
Da sprechen Sie einen wichtigen Aspekt an. Versicherung ist ja immer ein
Versprechen für die Zukunft. Daher ist uns nachhaltiges Wirtschaften sehr
wichtig. Und ich bin sicher, dass langfristig gesehen ein nachhaltiges
Wirtschaften nicht nur gesellschaftspolitisch, sondern auch
volkswirtschaftlich für uns alle sinnvoller ist. Nun zu Ihrer Frage: Es
gibt derzeit das Problem unterschiedlicher Standards, nach denen jeweils
Fortschrittsberichte erstellt werden müssen. Wir setzen uns stark für eine
internationale Standardisierung ein, bei der auch die Besonderheiten
verschiedener Branchen berücksichtigt werden müssen. Im Augenblick
konzentrieren wir uns auf die von Ihnen genannte GRI und auf unsere
Mitgliedschaft in verschiedenen Nachhaltigkeitsinitiativen auf Ebene der
Vereinten Nationen. Auch wenn wir an der Gestaltung des Deutschen
Nachhaltigkeitskodex mitgewirkt haben, müssen wir als internationales
Unternehmen unsere Kräfte doch auch konzentrieren. Ich bin zuversichtlich,
dass eine Harmonisierung der Berichtsanforderungen gelingen kann.
Mitte letzten Jahres haben Sie den Zorn der deutschen Banker auf sich
gezogen, als Sie öffentlich die Trennung von Eigenhandel und Kundengeschäft
bei Banken favorisierten. Ist es wirklich notwendig, den Eigenhandel aus
den Banken komplett auszulagern? Inwieweit ist es nicht eher die Frage, wie
risikogeneigt dieser Eigenhandel betrieben wird?
Mir geht es um folgenden Punkt: Zunächst ist es wichtig, dass die Aufsicht
völlige Transparenz erreicht bezüglich der diversen Bankgeschäfte. Weiter
muss verhindert werden, dass über Verluste aus dem Investmentbanking das
systemische Risiko eines 'Run auf die Banken' entsteht, weil Bankkunden um
ihre Spareinlagen fürchten. Und schließlich muss verhindert werden, dass
der Steuerzahler für etwaige Verluste in Anspruch genommen wird. Es geht
also darum, das Bankensystem insgesamt krisenfest zu machen; Schieflagen
einzelner Banken dürfen keine Systemkrise auslösen. In diesem Kontext
sollten Banken mit Investmentbanking-Geschäft gegenüber der Aufsicht
begründen, warum, wofür und auch in welcher Dimension sie dieses Geschäft
betreiben. Wo das Investmentbanking dem Kundengeschäft offensichtlich nicht
dient, wie etwa der Eigenhandel, sollte man es trennen. Für diese Trennung
gibt es unterschiedliche Wege.
Wird Munich Re zukünftig selbst Kredite an Unternehmen vergeben? Werden die
Versicherer dann nicht möglicherweise auch systemrelevant?
Unsere Beteiligung an der Finanzierung von Unternehmen wird auch künftig
vor allem über Unternehmensanleihen stattfinden - sie haben im Moment einen
Anteil von rund 10 Prozent unseres Zinsträgerportfolios. Die Übernahme von
Kreditrisiken allein sorgt im Übrigen nicht für Systemrelevanz, solange
nicht weitere Elemente hinzukommen, beispielsweise eine ausgeprägte
Vernetzung mit Banken. Versicherer, das möchte ich hinzufügen, sind im
Kerngeschäft anerkanntermaßen nicht systemrelevant. Sie sind untereinander
nicht vernetzt wie Banken und sie sind - was uns bei der Preisgestaltung
nicht entgegenkommt - vergleichsweise leicht zu ersetzen. Solange sich die
Kapitalanlagen eines Versicherers also an den Verbindlichkeiten auf der
Passivseite der Bilanz orientieren - und das tun sie bei uns wie bei den
großen Wettbewerbern -, entsteht eben keine Systemrelevanz.
Herr von Bomhard, im letzten Jahr haben Sie von den Politikern verlangt,
Führungsstärke zu zeigen und den Bürgern den Weg zu einem geeinten Europa
aufzuzeigen. Was kann die deutsche Wirtschaftselite dafür tun, dass der Weg
zu einem gemeinsamen Europa gelingt?
Europa und der Euro lohnen den größtmöglichen Einsatz. Denn nie zuvor haben
die Völker Europas in so viel Freiheit und Sicherheit sowie insgesamt
relativ stabiler wirtschaftlicher Prosperität leben können. Ich plädiere
schon länger für ein Überarbeiten der Balance der politischen Institutionen
in Europa, das beginnt bei deren Wahl und endet beim Zuschnitt ihrer
Rechte. Für ein sinnvoll integrierteres Europa müssen die Staaten auch zur
Aufgabe eines gewissen Maßes an nationaler Souveränität bereit sein. Manche
Kompetenzen europäischer Institutionen müssen aber auch zurückgeschnitten
werden. Zutiefst überzeugt bin ich, dass die Bürger als Wähler mehr
Teilhabe am politischen Geschehen in Europa brauchen bis hin zum Einfluss
auf die Zusammensetzung einiger europäischer Institutionen. Die Unternehmen
und deren Repräsentanten müssen das Thema 'Europa' lebendig halten, und
eben nicht nur beschränkt auf die Bewältigung der derzeitigen Krise.
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übermittelt durch die DGAP - ein Unternehmen der EquityStory AG.
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Medienarchiv unter http://www.dgap-medientreff.de und
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201607 18.02.2013