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DGAP-News: Deutsches Aktieninstitut e.V.: Finanzplatz (deutsch)

Veröffentlicht am 18.02.2013, 10:00
Deutsches Aktieninstitut e.V.: Finanzplatz

DGAP-News: Deutsches Aktieninstitut e.V. / Schlagwort(e): Sonstiges

Deutsches Aktieninstitut e.V.: Finanzplatz

18.02.2013 / 10:00

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Dr. Nikolaus von Bomhard

'Europa und der Euro lohnen den größtmöglichen Einsatz'

Uta-Bettina von Altenbockum, Finanzplatz

Mitte Januar wurde Nikolaus von Bomhard von der St. John's University's

School of Risk Management der Titel 'Insurance Leader of the Year 2012'

verliehen, als Anerkennung für seine Verdienste um das von ihm geführte

Unternehmen, aber auch weil er bereit ist, in schwierigen Zeiten Stellung

zu beziehen. Der Vorstandsvorsitzende von Munich Re scheut weder die

Auseinandersetzung mit der Politik noch mit seinesgleichen, wenn ihm ein

Thema unter den Nägeln brennt. Im Gespräch mit dem Finanzplatz spricht er

über die Kapitalanlagealternativen von Munich Re, Standards bei der

Nachhaltigkeitsberichterstattung und seine Visionen für Europa.

Interview mit Dr. Nikolaus von Bomhard, CEO, Munich Re, Mitglied im

Deutschen Aktieninstitut

Herr von Bomhard, Munich Re hat 2012 einen Gewinn von 3,2 Mrd. Euro

erzielt, mehr als Anfang des Jahres erwartet. Hat sich die zuletzt

vorherrschende Stimmung bestätigt, wonach das Schlimmste der Euro-Krise

vorbei sei? Wie wird sich die deutsche/europäische Wirtschaft 2013 Ihrer

Meinung nach entwickeln?

Auf dem Kapitalmarkt beobachten wir eine gewisse Entspannung bei einzelnen

Indikatoren der Krise. Von einer nachhaltigen Beseitigung der Ursachen der

Krise sind wir jedoch noch ein gutes Stück entfernt. Wir bleiben also bei

unserer vorsichtigen Grundeinstellung. Der deutschen Wirtschaft geht es

dabei noch vergleichsweise gut, denn wir profitieren nach wie vor von

Impulsen vor allem außerhalb der EU. Wie die meisten Konjunkturforscher

gehen wir für 2013 davon aus, dass die deutsche Wirtschaft, im Gegensatz

zur Eurozone, ein leichtes Wachstum aufweisen wird. Blicke ich nach vorn,

so ist es außerordentlich wichtig, die richtigen Lehren aus der Krise zu

ziehen, und nicht nur in Europa. Die Maßnahmen etwa bei der Konsolidierung

der Staatsfinanzen gehen in vielen Ländern, beispielsweise in den USA, noch

nicht weit genug.

Munich Re hat als Konzern Kapitalanlagen im Umfang von über 200 Mrd. Euro.

Wie können Sie diese in der aktuellen Niedrigzinsphase überhaupt noch

sinnvoll anlegen?

Das Niedrigzinsumfeld ist eine große Herausforderung für alle Sparer, damit

auch für uns Versicherer, die uns noch einige Zeit beschäftigen wird. Noch

haben wir viele länger laufende Anleihen mit höheren Kupons in den Büchern.

Allerdings sinken die laufenden Renditen unserer Kapitalanlagen wegen des

deutlich niedrigeren Wiederanlagezinses. Wir steuern dieser Entwicklung mit

einer ausgeprägten Diversifikation unserer Kapitalanlagen entgegen, sei es

mit Investments in Anleihen von Schwellenländern oder einem Ausbau der

Unternehmensanleihen. Und wir investieren in illiquidere Anlagen, hierher

gehören Erneuerbare Energien und Infrastruktur. All dies bringt auch eine

leicht höhere Rendite.

Die Kapitalanlage in Erneuerbare Energien, wie z.B. Wind- bzw.

Solarkraftwerke, ist eher ungewöhnlich. Spricht daraus die schiere

Verzweiflung oder wäre dieses Engagement auch in normalen Zinszeiten

denkbar gewesen?

Investments in Erneuerbare Energien und Infrastruktur sind aufgrund der

langfristig erzielbaren und vergleichsweise stabilen Erträge für

Versicherungen gut geeignet. Freilich müssen die Rahmenbedingungen stimmen.

Wir haben uns für Investitionen in Erneuerbare Energien eine Zielgröße von

2,5 Mrd. EUR und für Infrastruktur von 1,5 Mrd. EUR gegeben. Noch sind wir

nicht am Ziel. Bei diesen Investitionen nutzen wir das technische Know-how

der Kollegen, die diese Anlagen versichern oder rückversichern, eine

interessante Synergie im Konzern. Solche Investments bieten übrigens auch

einen gewissen Schutz gegen Inflation.

Nur gut 3 % ihrer Kapitalanlagen legt Munich Re in Aktien an. Wäre eine

höhere Aktienquote aus Sicht der Versicherer wünschenswert? Was sind die

Gründe für die niedrige Aktienquote und was müsste getan werden, damit

deutsche Versicherer verstärkt in Aktien anlegen?

Diese Zurückhaltung beruht nicht, wie oft behauptet, auf den neuen

Solvenzregeln. Es geht vielmehr um die Frage, welche Kapitalanlagen unsere

Verbindlichkeiten optimal bedecken. Und hier sind Aktien nicht die erste

Wahl. Auch wollen wir nicht zu hohe Kapitalmarktrisiken auf die Bilanz

nehmen. Unsere Aktionäre setzen darauf, dass wir das Versicherungsgeschäft

profitabel betreiben. Nicht darauf, dass wir hohe Risiken am Kapitalmarkt

eingehen.

Die nach dem Reaktorunglück in Deutschland beschlossene Energiewende steht,

so wirkt es zumindest, auf ziemlich wackeligen Füßen. Dabei scheint die

Produktion erneuerbarer Energie weniger das Problem zu sein als die

Verteilung derselben in Deutschland. Die Netzbetreiber wirken mit den neuen

Anforderungen finanziell überfordert. Werden hier zukünftig die Versicherer

als Finanziers in die Bresche springen?

Das für die deutsche Energiewende nötige Investitionsvolumen geht natürlich

weit über das hinaus, was realistischerweise von der deutschen

Versicherungswirtschaft erwartet werden kann. Wir finanzieren auch keine

Projekte auf der grünen Wiese, sondern investieren, als geschäftsbedingt

konservativer Investor, nur in bestehende Anlagen. Aber auch in

Hochspannungsnetze haben wir schon investiert, etwa durch unsere

Beteiligung an Amprion. Hinderlich ist, dass Versicherer für diese

Investitionen mit langfristigem Charakter und stabilem Cashflow, wie etwa

bei Windpark-Beteiligungen, so viel Risikokapital hinterlegen müssen wie

für die viel volatileren Aktien. Das ist offensichtlich nicht

gerechtfertigt. Wenn die Politik mehr privates Kapital in diesen Sektor

lenken will, muss sie diese sogenannte Kalibrierung des Risikokapitals

ändern.

Munich Re hat zusammen mit der Desertec Foundation die Gründung der Dii

GmbH angestoßen, die zum Ziel hat, das Desertec-Konzept in Europa, dem

Mittleren Osten und Nordafrika umzusetzen. In Marokko soll 2016 ein

Wüstenstrompark ans Netz gehen, der auch Europa mit Strom versorgen soll.

Wäre es nicht viel sinnvoller, wenn zunächst einmal die nordafrikanischen

Staaten den Strom für eigene Zwecke nutzten, als ihn über große

Entfernungen nach Europa zu verkaufen?

Eine generelle Anmerkung vorweg: Die Desertec-Vision folgt ja dem Ziel,

'sauberen' Strom möglichst effizient zu erzeugen. Mit Blick auf die

Rahmenbedingungen sind die Potenziale für erneuerbare Energien in

Nordafrika - aus Sonne wie aus Wind - enorm. Daher haben wir seinerzeit

beim Aufbau der Dii GmbH die Initiative ergriffen, um die Umsetzung der

Desertec-Vision spürbar voranzubringen. Der Ausschreibungs- und

Finanzierungsprozess für ein erstes Kraftwerk ist durch die marokkanische

Solaragentur MASEN in der Tat bereits abgeschlossen worden. Der Baubeginn

ist für Anfang 2013 vorgesehen. Den Tenderprozess hat übrigens ein

Konsortium unter der Führung eines Shareholders der Dii GmbH gewonnen. Bei

dem von Ihnen genannten Projekt handelt es sich um ein Referenzvorhaben,

bei dem insbesondere auch die Stromübertragung nach Europa und die dazu

erforderlichen regulatorischen Rahmenbedingungen erarbeitet werden sollen.

Dabei darf aber nicht übersehen werden, dass das Desertec-Konzept fest

davon ausgeht, dass der erzeugte Strom hauptsächlich für die lokalen Märkte

produziert wird. Nur ein Teil des Stroms soll nach Europa exportiert

werden. Ein Gewinn für alle also, wenn es klappt.

Seit Ende 2011 gibt es einen Deutschen Nachhaltigkeitskodex, der auf den

Standards der Global Reporting Initiative (GRI) beruht. Obwohl Munich Re

auch nach den GRI über ihre Nachhaltigkeitsanstrengungen berichtet, hat sie

bisher noch keine Entsprechenserklärung abgegeben. Warum nicht? Was halten

Sie von den Bemühungen, auf europäischer Ebene Nachhaltigkeitsvorschriften

zu verabschieden?

Da sprechen Sie einen wichtigen Aspekt an. Versicherung ist ja immer ein

Versprechen für die Zukunft. Daher ist uns nachhaltiges Wirtschaften sehr

wichtig. Und ich bin sicher, dass langfristig gesehen ein nachhaltiges

Wirtschaften nicht nur gesellschaftspolitisch, sondern auch

volkswirtschaftlich für uns alle sinnvoller ist. Nun zu Ihrer Frage: Es

gibt derzeit das Problem unterschiedlicher Standards, nach denen jeweils

Fortschrittsberichte erstellt werden müssen. Wir setzen uns stark für eine

internationale Standardisierung ein, bei der auch die Besonderheiten

verschiedener Branchen berücksichtigt werden müssen. Im Augenblick

konzentrieren wir uns auf die von Ihnen genannte GRI und auf unsere

Mitgliedschaft in verschiedenen Nachhaltigkeitsinitiativen auf Ebene der

Vereinten Nationen. Auch wenn wir an der Gestaltung des Deutschen

Nachhaltigkeitskodex mitgewirkt haben, müssen wir als internationales

Unternehmen unsere Kräfte doch auch konzentrieren. Ich bin zuversichtlich,

dass eine Harmonisierung der Berichtsanforderungen gelingen kann.

Mitte letzten Jahres haben Sie den Zorn der deutschen Banker auf sich

gezogen, als Sie öffentlich die Trennung von Eigenhandel und Kundengeschäft

bei Banken favorisierten. Ist es wirklich notwendig, den Eigenhandel aus

den Banken komplett auszulagern? Inwieweit ist es nicht eher die Frage, wie

risikogeneigt dieser Eigenhandel betrieben wird?

Mir geht es um folgenden Punkt: Zunächst ist es wichtig, dass die Aufsicht

völlige Transparenz erreicht bezüglich der diversen Bankgeschäfte. Weiter

muss verhindert werden, dass über Verluste aus dem Investmentbanking das

systemische Risiko eines 'Run auf die Banken' entsteht, weil Bankkunden um

ihre Spareinlagen fürchten. Und schließlich muss verhindert werden, dass

der Steuerzahler für etwaige Verluste in Anspruch genommen wird. Es geht

also darum, das Bankensystem insgesamt krisenfest zu machen; Schieflagen

einzelner Banken dürfen keine Systemkrise auslösen. In diesem Kontext

sollten Banken mit Investmentbanking-Geschäft gegenüber der Aufsicht

begründen, warum, wofür und auch in welcher Dimension sie dieses Geschäft

betreiben. Wo das Investmentbanking dem Kundengeschäft offensichtlich nicht

dient, wie etwa der Eigenhandel, sollte man es trennen. Für diese Trennung

gibt es unterschiedliche Wege.

Wird Munich Re zukünftig selbst Kredite an Unternehmen vergeben? Werden die

Versicherer dann nicht möglicherweise auch systemrelevant?

Unsere Beteiligung an der Finanzierung von Unternehmen wird auch künftig

vor allem über Unternehmensanleihen stattfinden - sie haben im Moment einen

Anteil von rund 10 Prozent unseres Zinsträgerportfolios. Die Übernahme von

Kreditrisiken allein sorgt im Übrigen nicht für Systemrelevanz, solange

nicht weitere Elemente hinzukommen, beispielsweise eine ausgeprägte

Vernetzung mit Banken. Versicherer, das möchte ich hinzufügen, sind im

Kerngeschäft anerkanntermaßen nicht systemrelevant. Sie sind untereinander

nicht vernetzt wie Banken und sie sind - was uns bei der Preisgestaltung

nicht entgegenkommt - vergleichsweise leicht zu ersetzen. Solange sich die

Kapitalanlagen eines Versicherers also an den Verbindlichkeiten auf der

Passivseite der Bilanz orientieren - und das tun sie bei uns wie bei den

großen Wettbewerbern -, entsteht eben keine Systemrelevanz.

Herr von Bomhard, im letzten Jahr haben Sie von den Politikern verlangt,

Führungsstärke zu zeigen und den Bürgern den Weg zu einem geeinten Europa

aufzuzeigen. Was kann die deutsche Wirtschaftselite dafür tun, dass der Weg

zu einem gemeinsamen Europa gelingt?

Europa und der Euro lohnen den größtmöglichen Einsatz. Denn nie zuvor haben

die Völker Europas in so viel Freiheit und Sicherheit sowie insgesamt

relativ stabiler wirtschaftlicher Prosperität leben können. Ich plädiere

schon länger für ein Überarbeiten der Balance der politischen Institutionen

in Europa, das beginnt bei deren Wahl und endet beim Zuschnitt ihrer

Rechte. Für ein sinnvoll integrierteres Europa müssen die Staaten auch zur

Aufgabe eines gewissen Maßes an nationaler Souveränität bereit sein. Manche

Kompetenzen europäischer Institutionen müssen aber auch zurückgeschnitten

werden. Zutiefst überzeugt bin ich, dass die Bürger als Wähler mehr

Teilhabe am politischen Geschehen in Europa brauchen bis hin zum Einfluss

auf die Zusammensetzung einiger europäischer Institutionen. Die Unternehmen

und deren Repräsentanten müssen das Thema 'Europa' lebendig halten, und

eben nicht nur beschränkt auf die Bewältigung der derzeitigen Krise.

Ende der Corporate News

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18.02.2013 Veröffentlichung einer Corporate News/Finanznachricht,

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