Zielgesellschaft: SolarWorld AG; Bieter: Solar Holding Beteiligungsgesellschaft mbH
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Für den Inhalt der Meldung ist der Bieter verantwortlich.
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Veröffentlichung des Tenors einschließlich der Nebenbestimmungen und der
wesentlichen Gründe des Bescheids der Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht vom 21. Januar 2014 über die Befreiung gemäß
§ 37 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG i.V.m. § 9 Satz 1 Nr. 3 WpÜG-Angebotsverordnung
von den Pflichten nach § 35 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 WpÜG in Bezug
auf die SolarWorld AG, Bonn (ISIN DE0005108401)
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht hat mit Bescheid vom
21. Januar 2014 Herrn Dr. Ing. E.h. Frank Asbeck, Bonn, (nachfolgend die
'Antragsteller zu 7)') und die Solar Holding Beteiligungsgesellschaft mbH,
Bonn (nachfolgend die 'Antragstellerin zu 8)') für den Fall, dass sie in
Folge der Durchführung der von der Hauptversammlung am 07. August 2013
beschlossenen Kapitalerhöhung und des Abschlusses eines Abkommens über
abgestimmtes Verhalten bei der SolarWorld AG, Bonn, gemäß §§ 35, 29 Abs. 2,
30 Abs. 2 WpÜG die Kontrolle über die SolarWorld AG erlangen, von den
Pflichten befreit, nach § 35 Abs. 1 Satz 1 WpÜG die Kontrollerlangung zu
veröffentlichen, nach § 35 Abs. 2 Satz 1 WpÜG der Bundesanstalt eine
Angebotsunterlage zu übermitteln und nach § 35 Abs. 2 Satz 1, § 14 Abs. 2
WpÜG ein Pflichtangebot zu veröffentlichen.
Der Tenor des Bescheids einschließlich der Nebenbestimmungen lautet wie
folgt:
1. Die Antragsteller zu 7) und 8) werden gemäß § 37 Abs. 1 und 2 WpÜG
i.V.m. § 9 Satz 1 Nr. 3 WpÜG-Angebotsverordnung für den Fall, dass sie in
Folge der Durchführung der von der Hauptversammlung am 07. August 2013
beschlossenen Kapitalerhöhung und des Abschlusses eines Abkommens über
abgestimmtes Verhalten bei der SolarWorld AG, Bonn gemäß § 35, § 29 Abs. 2,
§ 30 Abs. 2 WpÜG die Kontrolle über die SolarWorld AG erlangen, von den
Pflichten, nach § 35 Abs. 1 Satz 1 WpÜG die Kontrollerlangung zu
veröffentlichen, nach § 35 Abs. 2 Satz 1 WpÜG der Bundesanstalt eine
Angebotsunterlage zu übermitteln und nach § 35 Abs. 2 Satz 1, § 14 Abs. 2
WpÜG ein Pflichtangebot zu veröffentlichen, befreit.
2. Die Befreiung gemäß vorstehender Ziffer 1. des Tenors dieses Bescheids
wenn einer oder beide der Antragsteller zu 7) und 8) weniger als die von
ihnen zugesagten, folgenden Sanierungsleistungen erbringen:
a) für den Antragsteller zu 7):
- Verzicht auf die Rechte aus dem von der Antragstellerin zu 8) mit der
SolarWorld AG geschlossenen Vertrag über die Geschäftsanteile der
'SolarWorld AG & Solar Holding GmbH in GbR Auermühle' gemäß
Verzichtserklärung vom 17. Juni 2013
- Verzicht auf die Bezüge als Vorstand der SolarWorld AG für die Jahre 2012
und 2013.
b) für die Antragstellerin zu 8):
- Erwerb von insgesamt 2.904.720 Stück Aktien an der SolarWorld AG nach
Eintragung der Durchführung der Kapitalherabsetzung und Kapitalerhöhung
gemäß Beschluss der Hauptversammlung der SolarWorld AG vom 07. August 2014
von der Itom Investment S.à r.l. und der WGZ Bank AG Westdeutsche
Genossenschaftszentralbank gegen Zahlung von mindestens 9,75 Mio. EUR bis
zum 31. März 2014
- Verzicht auf die Rechte aus dem mit der SolarWorld AG geschlossenen
Vertrag über die Geschäftsanteile der 'SolarWorld AG & Solar Holding GmbH
in GbR Auermühle' gemäß Verzichtserklärung des Antragstellers zu 7) vom 17.
Juni 2013
3. Die Befreiung gemäß Ziffer 1. des Tenors dieses Bescheids ergeht unter
folgenden Auflagen:
a) Die Antragsteller zu 7) und 8) haben als Gesamtschuldner der
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht unverzüglich die Eintragung
der Durchführung der Kapitalherabsetzung und Kapitalerhöhung gemäß
Beschluss der Hauptversammlung der SolarWorld AG vom 07. August 2013 durch
Vorlage geeigneter Unterlagen (z.B. Handelsregisterauszug) nachzuweisen.
b) Die Antragstellerin zu 8) hat der Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht unverzüglich die Leistung gemäß Ziffer 2. b)
erster Spiegelstrich durch Vorlage geeigneter Unterlagen (Kaufvertrag,
Depotauszug) nachzuweisen.
4. Der Widerruf des Befreiungsbescheids nach § 49 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG ist
vorbehalten für den Fall, dass nicht sämtliche Auflagen unter Ziffer 3. des
Bescheids erfüllt werden.
Der Bescheid beruht im Wesentlichen auf folgenden Gründen:
A. Sachverhalt
I. Zielgesellschaft
Zielgesellschaft ist die SolarWorld AG, mit Sitz in 53175 Bonn
('Zielgesellschaft'). Das Grundkapital der Zielgesellschaft beträgt EUR
111.720.000,00 und ist eingeteilt in 111.720.000 Inhaberaktien mit einem
anteiligen Betrag am Grundkapital der Zielgesellschaft in Höhe von EUR 1.
Die Aktien der Zielgesellschaft sind unter der ISIN DE0005108401 zum Handel
im regulierten Markt an der Wertpapierbörse Frankfurt am Main zugelassen.
Die Zielgesellschaft ist ein Unternehmen der Solarbranche und hat ihre
Schwerpunkte in Deutschland und Italien. Die Zielgesellschaft ist die
Holding-Gesellschaft der SolarWorld-Gruppe ('Gruppe'). Aufgrund der Krise
in der Solar-Branche ging der Umsatz der Gruppe von rund EUR 1.305 Mio. im
Jahr 2010 auf rund EUR 606 Mio. im Jahr 2012 zurück. Der Gewinn der Gruppe
fiel von rund EUR 87,3 Mio. im Jahr 2010 auf rund EUR -606 Mio.
II. Antragsteller
Der Antragsteller zu 7) ist Vorstandsvorsitzender, Gründer und Großaktionär
der Zielgesellschaft, er ist zudem Hauptgesellschafter und Geschäftsführer
der Antragstellerin zu 8). Die Antragstellerin zu 8) ist gemeinsam mit der
Zielgesellschaft Gesellschafterin der 'SolarWorld AG & Solar Holding GmbH
in GbR Auermühle', welche wiederum Vermieterin des von der Zielgesellschaft
genutzten Gewerbegrundstücks ist.
III. Restrukturierungsprozess
In einem Term-Sheet vom 12. Juni 2013 ('Term-Sheet') haben sich die
Zielgesellschaft und eine große Anzahl wesentlicher Gläubiger auf ein
grundsätzliches Konzept zur Refinanzierung der Zielgesellschaft
verständigt. Die zu restrukturierenden Verbindlichkeiten belaufen sich
danach auf insgesamt ca. EUR 930 Mio. und setzen sich im Wesentlichen
zusammen aus Forderungen der Anleihegläubiger aus zwei Anleihen (insgesamt
nominal EUR 550 Mio.), einem ursprünglich bei der Europäischen
Investitionsbank ('EIB') aufgenommenen Darlehen in Höhe von nominal EUR 75
Mio. und aus diversen Schuldscheindarlehen. Diese Verbindlichkeiten sollen
im Wesentlichen im Rahmen eines Debt-Equity-Swaps in Eigenkapital
umgewandelt werden. Der Debt-Equity-Swap soll dabei zum einen für die
Anleihegläubiger über die WGZ Bank ('WGZ') abgewickelt werden und zum
anderen für die übrigen Gläubiger über die Itom Investment S.à r.l., die
ebenfalls Antragstellerin im vorliegenden Verfahren ist ('HoldCo').
In Gläubigerversammlungen der Anleihegläubiger am 5. und 6. August 2013
sowie in der Hauptversammlung der Zielgesellschaft am 7. August 2013 wurde
dem Debt-Equity-Swap von den Anleihegläubigern und den Aktionären
zugestimmt. Danach soll das Grundkapital der Zielgesellschaft zunächst auf
EUR 744.800 herabgesetzt werden. Anschließend wird das Grundkapital der
Zielgesellschaft gegen Sacheinlage der Verbindlichkeiten um EUR 14.151.200
auf EUR 14.896.000 erhöht werden. Die neuen Aktien werden dabei von WGZ und
HoldCo gezeichnet und übernommen. Um wirtschaftlich eine weitere
Rückführung der Verbindlichkeiten zu ermöglichen, ist vorgesehen einen Teil
der neuen Aktien an einen Investor (Antragsteller zu 3)) und die
Antragstellerin zu 8) zu veräußern.
Die Zielgesellschaft hat sich in einer Restrukturierungsvereinbarung unter
dem 6. Januar 2014 mit den Gläubigern, dem Investor (Antragsteller zu 3)),
einem Gemeinschaftsunternehmen der Zielgesellschaft und dem Investor
(Antragsteller zu 4)) und den Antragstellern zu 7) und 8) auf den konkreten
Ablauf der Restrukturierung geeinigt ('Restrukturierungsvereinbarung').
Zusammen mit der Restrukturierungsvereinbarung wurde ein Aktienkaufvertrag
zwischen der WGZ, HoldCo und den Antragstellern zu 7) und 8) geschlossen,
nach dem die Antragstellerin zu 8) von WGZ und HoldCo insgesamt 2.904.720
Aktien der Zielgesellschaft zu einem Kaufpreis von EUR 9,75 Mio. erwerben
soll ('MIP-Vertrag'). Dieser Kaufvertrag dient zum einen der teilweisen
Rückführung der Verbindlichkeiten der Zielgesellschaft und zum anderen der
Motivation des Vorstandsvorsitzenden, weiter für die Zielgesellschaft tätig
zu sein. Gleichzeitig wird zwischen WGZ, HoldCo und dem Investor
(Antragsteller zu 3)) ein Aktienkaufvertrag geschlossen, nach dem der
Investor 4.319.840 Aktien zu einem Kaufpreis in zweistelliger Millionenhöhe
erwirbt ('NIK-Vertrag'). Im Rahmen der Restrukturierungsvereinbarung wurde
zudem eine Aktionärsvereinbarung zwischen dem Investor, der HoldCo und den
Antragstellern zu 7) und 8) geschlossen ('Aktionärsvereinbarung'). Diese
sieht insbesondere vor, dass sich die Parteien der Aktionärsvereinbarung
über die Abwahl des bestehenden Aufsichtsrats verständigen. Dabei sollen
drei Aufsichtsratsmitglieder von der HoldCo und drei
Aufsichtsratsmitglieder von dem Investor und dem Antragsteller zu 7)
vorgeschlagen werden. Die Aktionärsvereinbarung tritt frühestens mit der
dinglichen Übertragung der Aktien nach dem MIP- und NIK-Vertrag und der
Gewährung der Befreiung nach § 37 WpÜG in Kraft.
Mit dem Rahmenvertrag wurde auch ein Super Senior Kreditvertrag mit dem
Gemeinschaftsunternehmen der Zielgesellschaft und dem Investor
(Antragsteller zu 4)) abgeschlossen ('Super Senior Facility'), nach dem
dieser der Zielgesellschaft ein Darlehen in zweistelliger Millionenhöhe zur
Verfügung stellt.
IV. Sanierungsgutachten
Eine unabhängige Wirtschaftsprüfungsgesellschaft hat im Auftrag der
Zielgesellschaft ein Sanierungsgutachten für die Zielgesellschaft und die
Gruppe nach dem Standard IDW ES 6 n.F. erstellt ('Sanierungsgutachten'),
der erste Entwurf stammt vom 01. Februar 2013, das finale Gutachten wurde
am 17. Januar 2014 vorgelegt. Ausgangspunkt der Arbeiten der Gutachter war
das vom Vorstand der Zielgesellschaft vorgelegte Unternehmenskonzept der
Zielgesellschaft, wobei die im Unternehmenskonzept beschriebenen Maßnahmen
der Zielgesellschaft dahingehend analysiert und beurteilt wurden, ob sie
grundsätzlich für eine erfolgreiche Krisenabwendung geeignet erscheinen
(Sanierungsfähigkeit). Zu diesem Zweck wurde die Finanz- und Ertragslage
der Zielgesellschaft untersucht und ihre mittel- bis langfristige
Überlebensfähigkeit sowie die im Unternehmenskonzept aufgeführten Maßnahmen
analysiert.
V. Leistungen der Antragsteller
Die Antragstellerin zu 8) wird selbst keine Aktien zeichnen, sondern diese
(2.904.720 Stück) von WGZ und HoldCo zu einem Kaufpreis von insgesamt EUR
9,75 Mio. erwerben. Der damit verbundene Stimmrechtsanteil von rund 19,56 %
wird dem Antragsteller zu 7) gemäß §§ 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 3, 2
Abs. 6 WpÜG, § 290 Abs. 1 Nr. 1 HGB zugerechnet. Dieser hat als
Sanierungsleistung erklärt, seinen Einfluss auf die Antragstellerin zu 8)
dahingehend geltend zu machen, dass diese einen Verzicht auf die Rechte aus
dem Vertrag vom 19. April 2010, geändert am 9. Dezember 2010, über
Geschäftsanteile an der 'SolarWorld AG & Solar Holding GmbH in GbR
Auermühle' erklärt ('Vertrag Auermühle'). Weiter hat der Antragsteller zu
7) den Verzicht auf seine Bezüge als Vorstand der Zielgesellschaft für die
Jahre 2012 und 2013 erklärt. Er macht darüber hinaus geltend, durch den
Verbleib im Vorstand der Zielgesellschaft einen Sanierungsbeitrag zu
leisten. Beide Antragsteller führen an, auch durch die Teilnahme an dem
Kapitalschnitt einen Sanierungsbeitrag zu erbringen.
VI. Antragstellung
Die Antragsteller haben am 19. November 2013 beantragt, im Hinblick auf die
beabsichtigte Erlangung der Kontrolle an der Zielgesellschaft gemäß § 37
Abs. 1 WpÜG von den Pflichten aus § 35 WpÜG befreit zu werden. Zur
Begründung wird angeführt, dass die Zielgesellschaft sanierungsbedürftig
sei und die nachhaltige Sanierung nur unter Einbindung der Antragsteller in
die oben beschriebenen Maßnahmen möglich erscheine. Insofern werde die
Sanierung der Zielgesellschaft verfolgt. Diese habe zu einem nicht durch
Kosteneinsparungsmaßnahmen kompensierbaren Umsatz- und Gewinneinbruch
geführt. Auch sei die Verschuldung der Zielgesellschaft zu hoch. Zum Beleg
für die Krise haben die Antragsteller auch auf die Ad-hoc-Mitteilungen der
Zielgesellschaft vom 24. Januar, 17. und 29. April, 18. Juni und 11.
November 2013 verwiesen.
B. Entscheidungsgründe
I. Zulässigkeit
Der Antrag ist zulässig.
Ein Antrag nach § 37 WpÜG ist gemäß § 8 Satz 2 WpÜG-Angebotsverordnung
bereits vor der Erlangung der Kontrolle über die Zielgesellschaft möglich.
Die Antragsteller zu 7) und 8) hielten im Zeitpunkt der Antragstellung
einen Stimmrechtsanteil von zusammen ca. 26,24%. Die Kontrollerlangung
durch die HoldCo ist nach Ansicht der BaFin wahrscheinlich. Mit Eintragung
der Kapitalerhöhung gegen Einlage eines Teils der Schuldscheinforderungen
wird die HoldCo 5.957.126 Stückaktien der Zielgesellschaft erlangen, was
dann rund 40% der Stimmrechte der Zielgesellschaft entspricht. Mit
Inkrafttreten der Aktionärsvereinbarung beginnt das abgestimmte Verhalten
im Sinne von § 30 Abs. 2 WpÜG gemäß der Aktionärsvereinbarung. Ab diesem
Zeitpunkt werden den Antragstellern zu 7) und 8) die Stimmrechtsanteile
jeweils der anderen Parteien zugerechnet. Zusammen mit dem
Stimmrechtsanteil der HoldCo nach Durchführung von MIP-Vertrag und
NIK-Vertrag (22,05%) und dem Stimmrechtsanteil des Investors (29%) ergäbe
sich insgesamt ein Stimmrechtsanteil der Parteien der Aktionärsvereinbarung
von rund 70,61%. Damit erlangen die Antragsteller zu 7) und zu 8) mit
Inkrafttreten der Aktionärsvereinbarung nach Ansicht der BaFin die
Kontrolle im Sinne von § 29 Abs. 2 WpÜG über die Zielgesellschaft.
II. Begründetheit
Die Anträge der Antragsteller zu 7) und 8) sind auch begründet. Die
Antragsteller zu 7) und 8) sind unter Berücksichtigung der Interessen der
Antragsteller sowie der außenstehenden Aktionäre der Zielgesellschaft gemäß
§ 37 WpÜG iVm § 9 Satz 1 Nr. 3 WpÜG-Angebotsverordnung im Hinblick auf die
beabsichtigte Sanierung der Zielgesellschaft im Rahmen der Umsetzung der
Restrukturierungsvereinbarung von den Pflichten aus § 35 Abs. 1 und 2 WpÜG
zu befreien.
Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Sanierungsbefreiung liegen mit
Bezug auf die der Antragsteller zu 7) und 8) vor. Eine Sanierungsbefreiung
kann erteilt werden wenn die Zielgesellschaft ein Sanierungsfall ist, die
Sanierung nach einem plausiblen Sanierungskonzept erfolgen soll und die
kontrollerlangenden Antragsteller eine wesentliche eigene
Sanierungsleistung erbringen.
1. Sanierungsfall
Die Zielgesellschaft ist ein Sanierungsfall, da bestandsgefährdende Risiken
im Sinne von § 321 Abs. 1 Satz 3 HGB bestehen. Die bestandsgefährdenden
Risiken ergeben sich aus der bei Ausbleiben der finanziellen Sanierung
drohenden Zahlungsunfähigkeit der Zielgesellschaft im laufenden Jahr 2014.
Nach dem Ergebnis des Sanierungsgutachtens ist die Belastung der
Zielgesellschaft durch die bestehende Finanzierung nicht tragbar. Bei einem
Bruch der vereinbarten Zusagen in den Darlehensverträgen (Covenants), der
derzeit zu vermuten ist, drohen zudem Kündigungen der Darlehensverträge,
die unmittelbar zu einer Gefährdung der Zahlungsfähigkeit führen können.
Dies reicht für die Annahme eines Sanierungsfalles, da jeder der genannten
Gesichtspunkte - jedenfalls aber alle zusammen - den Sanierungsfall
begründet. Auf die von den Antragstellern zudem vorgetragene
Zahlungsunfähigkeit in den Jahren 2016 und 2017 kommt es hingegen nicht an,
da diese nicht hinreichend konkret ist.
2. Sanierungskonzept
Das vorgelegte Sanierungskonzept ist nach Prüfung durch die unabhängige
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft plausibel; es ist in der vorliegenden Form
geeignet, die bestandsgefährdenden Risiken zu beseitigen und so die
Sanierung der Zielgesellschaft zu gewährleisten.
An die Feststellungen der Erfolgsaussichten des Sanierungskonzepts sind
keine zu hohen Anforderungen zu stellen. Die unabhängige
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft hat mit Schreiben vom 6. Dezember 2013
bestätigt, dass die Zielgesellschaft auf der Basis des Sanierungskonzepts
sanierungsfähig ist, also über eine Fortführungsprognose nach § 252 Abs. 1
Nr. 2 HGB hinaus durch geeignete Maßnahmen wieder nachhaltig wettbewerbs-
und renditefähig werden kann. Dies wird auch im Sanierungsgutachten
bestätigt. Das derzeit negative Eigenkapital der Zielgesellschaft wird
durch den Debt-Equity-Swap erhöht und unter Berücksichtigung gegenläufiger
bilanzieller Effekte auf EUR 363 Mio. gebracht. Auch die Liquidität der
Zielgesellschaft ist gewährleistet.
Die Aussagen zu den Erfolgsaussichten der Zielgesellschaft am Markt können
zwar von der BaFin nicht überprüft werden, diese sieht jedoch keinen Grund,
an den Aussagen der unabhängigen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zu
zweifeln.
3. Sanierungsbeiträge
Die Antragsteller zu 7) und 8) erbringen im Rahmen des Sanierungskonzepts
einen eigenen, erheblichen Sanierungsbeitrag.
a) Antragsteller zu 7)
Der Antragsteller zu 7) hat sich mit Schreiben vom 17. Juni 2013
verpflichtet, neben der allgemeinen Mitwirkung am Sanierungskonzept seinen
Einfluss auf die Antragstellerin zu 8) dahingehend geltend zu machen, dass
diese das Kaufangebot der Zielgesellschaft in Bezug auf 45% der
Geschäftsanteile der 'SolarWorld AG & Solar Holding GmbH in GbR Auermühle'
nicht annimmt. Hierdurch wird der Zielgesellschaft der Kaufpreis erspart,
der ihr demnach als Liquidität zur Verfügung steht. Zwar ist zu beachten,
dass die Zielgesellschaft mit Annahme des Kaufangebots auch Mietzahlungen
ersparen würde. Gleichwohl kann es als Vorteil für die Zielgesellschaft
gesehen werden, dies nicht zu tun. Denn in einer Phase angespannter
Liquidität erscheint es vertretbar, den Erhalt des Zahlungsmittelbestandes
höher anzusetzen als eine frühestens in 10 Jahren rentable Investition in
ein Betriebsgrundstück.
Die Teilnahme an dem Kapitalschnitt stellt keinen zu berücksichtigenden
Sanierungsbeitrag dar, denn diesen Beitrag erbringen auch die anderen
Aktionäre der Zielgesellschaft.
Im Verbleib des Antragstellers zu 7) liegt ebenfalls kein
Sanierungsbeitrag. Zwar kann es sich als positiv darstellen, wenn der
Zielgesellschaft weiterhin erfahrenes Führungspersonal zur Verfügung steht.
Jedoch steht eine solche Maßnahme im Austauschverhältnis zu den Ansprüchen
der Leitungsperson auf Vergütung. Insoweit kann nur der erklärte Verzicht
des Antragstellers zu 7) auf Vergütung durch die Zielgesellschaft einen
Sanierungsbeitrag darstellen. Da dieser jedoch nur für die Jahre 2012 und
2013 abgeschlossen ist und bezüglich des Jahres 2014 unklar ist, inwieweit
der Verzicht gelten solle (Bedingung für den Verzicht ist, dass die
Zielgesellschaft keinen Gewinn erwirtschaftet), kann nur der Verzicht für
die Jahre 2012 und 2013 voll berücksichtigt werden. Dabei wird davon
ausgegangen, dass der Verzicht für das Jahr 2012 bereits vor Erstellung des
Sanierungskonzepts einen Bezug zu diesem hatte. Ob der Verzicht im Hinblick
auf die Schulden der Zielgesellschaft für sich genommen wesentlich ist,
kann dahinstehen, denn die wesentlichen Leistungen der Antragstellerin zu
8) kommen dem Antragsteller zu 7) zugute. Er nimmt über seine unmittelbare
Beteiligung an Chancen und Risiken, welche die Antragstellerin zu 8) mit
den Sanierungsbeiträgen eingeht, zumindest auch Teil. Damit erbringt auch
er einen wesentlichen Sanierungsbeitrag.
b) Antragstellerin zu 8)
Zwar stellt der reine Ankauf von Aktien an sich keinen Sanierungsbeitrag
dar. Hier besteht allerdings die Besonderheit, dass das Sanierungskonzept
ausdrücklich die Veräußerung von Aktien an die Antragsteller vorsieht.
Weiter ist vorgesehen, dass die Restrukturierungsgläubiger durch die
Veräußerung von Aktien eine teilweise Rückführung der Verbindlichkeiten
erreichen. Zwar könnte die Veräußerung der Aktien auch an außenstehende
Dritte erfolgen. Neben dem Umstand, dass bei einer zu veräußernden
Beteiligung von 19,5% der Aktien der Zielgesellschaft der Verkauf an einen
Käufer im Paket leichter ist als eine Veräußerung am Markt, spricht aus
Sicht der Gläubiger für eine Veräußerung an die Antragsteller zu 7) und 8),
dass diese sich auch auf eine Durchführung des Sanierungskonzepts
verpflichtet haben. Insoweit stellt die Zahlung des vereinbarten
Kaufpreises von EUR 9,75 Mio. eine beachtliche Leistung im Rahmen der
Sanierung dar. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass der Ausgabebetrag
der Aktien in der Sacheinlage mit EUR 1,00 festgesetzt wird.
III. Ermessen
Die Erteilung der Befreiung liegt im Ermessen der Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht. Für eine Abwägung der Interessen der
Antragstellerinnen mit denen der außenstehenden Aktionäre der
Zielgesellschaft, die nach § 37 Abs. 1 WpÜG vorzunehmen ist, ist bei
Vorliegen eines Tatbestands aus § 9 WpÜG-Angebotsverordnung grundsätzlich
vom Vorrang der Interessen der (potentiellen) Bieter auszugehen. Durch die
Sanierung soll der Fortbestand der Zielgesellschaft gesichert werden, was
grundsätzlich im Interesse aller Aktionäre der Zielgesellschaft liegt, da
sie ansonsten die Folge einer drohenden Insolvenz der Zielgesellschaft zu
tragen hätten.
Die Aktienbeteiligungen der Zielgesellschaft werden durch den
Kapitalschnitt bereits erheblich entwertet und durch die beabsichtigte
Kapitalerhöhung zusätzlich verwässert. Insoweit tragen die bisherigen
Aktionäre der Zielgesellschaft einen erheblichen Teil der in der
Vergangenheit bei der Zielgesellschaft aufgelaufenen Verluste mit; zudem
spiegelt sich der Wertverlust durch die Entwicklung des Börsenkurses ihres
Aktienbesitzes wieder. Allerdings profitieren auch die außenstehenden
Aktionäre letztlich von der Sanierung der Zielgesellschaft, sofern diese
gelingt. Insofern besteht auch für die außenstehenden Aktionäre der
Zielgesellschaft die Chance einer positiven Partizipation, welche geeignet
ist, eine Ausnahme von der Angebotspflicht i.S.d. § 35 Abs. 1 Satz 1 und
Abs. 2 Satz 1 WpÜG seitens der Antragstellerinnen zu rechtfertigen.
Da die Antragsteller zu 7) und 8) im Rahmen der Sanierung durch ihre
erheblichen Sanierungsbeiträge zum Fortbestand der Zielgesellschaft
beitragen, kann ihnen nicht zugemutet werden, den außenstehenden Aktionären
der Zielgesellschaft darüber hinaus noch ein Pflichtangebot unterbreiten zu
müssen, das ihnen zusätzliche finanzielle Belastungen in einem erheblichen
Umfang auferlegen würde. Ihre Sanierungsbeiträge sollen vorrangig der
Zielgesellschaft und damit mittelbar auch deren Aktionären zu Gute kommen.
Daher ist die Befreiung nach § 37 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG i.V.m. § 9 Satz 1
Nr. 3 WpÜG-Angebotsverordnung grundsätzlich zu erteilen, wenngleich diese
Befreiung auch mit Nebenbestimmungen zu versehen ist.
Hierzu entgegenstehende Interessen der außenstehenden Aktionäre der
Zielgesellschaft, denen unter Berücksichtigung der bereits in § 9
WpÜG-Angebotsverordnung durch den Gesetzgeber vorweggenommenen
Interessenabwägung zudem ein besonderes Gewicht zukommen müsste, sind -
abgesehen von dem Interesse, an der Gesundung der Zielgesellschaft
teilzuhaben - nicht erkennbar.
IV. Widerrufsvorbehalt und Auflagen
Rechtsgrundlage für den Widerrufsvorbehalte unter Ziffer 2 des Bescheids
ist § 36 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG. Der Widerrufsvorbehalt ist insbesondere
verhältnismäßig, da er im Vergleich zur auflösenden Bedingung ein milderes
Mittel ist, um notfalls alternative Finanzierungs- und Sanierungsbeiträge
im Rahmen des Widerrufsverfahrens berücksichtigen oder die Frist für die
Durchführung der Sanierungsmaßnahmen verlängern zu können.
Rechtsgrundlage für die Auflagen unter Ziffer 3 des Bescheids ist § 36 Abs.
2 Nr. 4 VwVfG.
Der Widerrufsvorbehalt unter Ziffer 4 des Bescheids erfolgt für den Fall,
dass die Auflagen nicht erfüllt werden. Er ist insbesondere deswegen
verhältnismäßig, weil bereits § 49 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG ein gesetzliches
Widerrufsrecht vorsieht und der Widerrufsvorbehalt daher deklaratorisch
ist.
Ende der WpÜG-Meldung
30.01.2014 Die DGAP Distributionsservices umfassen gesetzliche
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