von Geoffrey Smith
Investing.com -- Die Europäische Zentralbank (EZB) hat am Donnerstag dem Druck zur Beschleunigung ihres geplanten Ausstiegs aus den Negativzinsen standgehalten und erklärt, sie werde ihre Leitzinsen im Juli nur um 25 Basispunkte und im September um weitere 25 Basispunkte anheben.
Wie erwartet bestätigte die in Frankfurt ansässige Zentralbank auch, dass sie ihre Nettokäufe von Vermögenswerten zum Ende des Monats offiziell einstellen und damit eine seit fast sieben Jahren praktizierte Politik der ultrabilligen Liquidität beenden wird.
Mit den Einzelheiten ihrer Forward Guidance - die in dieser Form beispiellos ist, immerhin verpflichtet sie die Zentralbank zu Maßnahmen, die drei Monate in die Zukunft reichen - hat die EZB einen Streit über das Tempo der geldpolitischen Straffung beigelegt, der in den letzten Wochen zu widersprüchlichen Botschaften seitens der Führungsebene der Bank geführt hat. Damit haben Präsidentin Christine Lagarde, Chefvolkswirt Philip Lane und der "dovishe" Flügel des EZB-Rats gegenüber den geldpolitischen Falken einen Sieg errungen, die auf eine Anhebung um einen halben Prozentpunkt bereits im Juli gedrängt haben.
Dennoch zementiert die EZB damit ihre Position als eine der zögerlichsten Zentralbanken der Welt, die auf den derzeitigen Inflationsschub reagiert. Die Inflation in der Eurozone erreichte im Mai mit 8,1 % den höchsten Wert in der 23-jährigen Geschichte der Gemeinschaftswährung und lag damit über den Markterwartungen. Die Aussicht auf zwei kleine Zinsschritte im Laufe des Sommers steht im krassen Gegensatz zu den Leitzinserhöhungen um einen halben Prozentpunkt, die in den letzten Wochen von der Federal Reserve und den Zentralbanken Australiens, Neuseelands und Indiens vorgenommen wurden. Näher an der Eurozone gelegen, hat die polnische Zentralbank am Mittwoch ihren Leitzins um 75 Basispunkte auf 6 % erhöht.
Der Euro stieg zunächst an, drehte aber nach der Ankündigung schnell wieder ab und wurde gegen 13.50 Uhr kaum verändert bei 1,0727 Dollar gehandelt.