Investing.com - Die Europäische Zentralbank (EZB) hat ihren Zinserhöhungszyklus fortgesetzt und den Leitzins zum vierten Mal in Folge angehoben. Der Schlüsselsatz steigt um 50 Basispunkte auf 2,50 Prozent.
Volkswirte hatten mit diesem Schritt gerechnet.
Der Zinssatz zur Einlagefazilität soll auf 2,00 Prozent angehoben werden.
Die Spitzenrefinanzierungsfazilität der EZB steigt von 2,25 Prozent auf 2,75 Prozent.
Im geldpolitischen Begleittext hieß es: "Der EZB-Rat hat heute beschlossen, die Leitzinsen anzuheben, da die Inflation nach wie vor deutlich zu hoch ist und den Projektionen zufolge zu lange über dem Zielwert bleiben wird."
Und weiter: "Der EZB-Rat ist insbesondere der Auffassung, dass die Zinsen noch deutlich und in einem gleichmäßigen Tempo steigen müssen, um ein ausreichend restriktives Niveau zu erreichen, das eine zeitnahe Rückkehr der Inflation zum mittelfristigen 2 Prozent-Ziel gewährleistet."
Zudem will die EZB ab Anfang März die Bestände aus dem APP-Programm "in einem maßvollen und vorhersehbaren Tempo" reduzieren. Dazu sollen Tilgungsbeträge von Wertpapieren bei Fälligkeit nicht mehr vollumfänglich wieder anleget werden. Im Schnitt sollen die Bestände bis zum Ende des zweiten Quartals 2023 monatlich um 15 Milliarden Euro reduziert werden. Danach soll das Tempo angepasst werden.
"Die Zinserhöhung und der Einstieg ins QT waren weitgehend so erwartet worden, allerdings signalisiert die EZB, dass die Zinsen noch 'deutlich' weiter steigen müssen, um restriktives Niveau zu erreichen und die Inflation nachhaltig in Richtung der Zielgröße zu drücken", kommentierte Helaba-Ökonom Ralf Umlauf die Ergebnisse der heutigen EZB-Sitzung. "Die EZB wird wohl zunehmend in Abhängigkeit der aktuellen Datenentwicklung agieren und somit ist ein vorsichtiges Vorgehen in der Geldpolitik zu erwarten. Mit dem Einstieg in QT wird der Normalisierungsprozess seitens der EZB aber fortgesetzt, unabhängig davon, dass die Zinsperspektiven nicht mehr so steil nach oben weisen", ergänzte er.
Claus Vistesen, Chefvolkswirt für den Euroraum bei Pantheon Macroeconomics, sagte unter Verweis auf die kurzfristige Wachstumsprognose, die nun eine technische Rezession unterstellt, dass dies "in Kombination mit dem Übergang der Leitzinsen in den restriktiven Bereich die Sichtweise bestärkt, dass sich die Euro-Wirtschaft in den Augen der EZB nun in einem bedrohlichen stagflationären Zustand befindet, aus dem sie sich nur durch erhebliche wirtschaftliche Schmerzen befreien kann".
Aus Sicht der EZB dürfte eine Rezession "relativ kurz und milde" ausfallen. Trotz der vielen Gegenwinde prognostiziert sie ein Wirtschaftswachstum von 0,5 Prozent für 2023 und 1,9 Prozent für 2024.
Die EZB hat auch ihre neuen Inflationsprojektionen veröffentlicht. Demnach dürfte die Inflation im Jahr 2024 auf 3,4 Prozent und im Jahr 2025 auf 2,3 Prozent zurückgehen. Für 2024 wurde die Prognose deutlich nach oben korrigiert.
Die EZB kämpft, wie viele andere Zentralbanken auch, gegen die hartnäckig hohe Inflation. Zwar ist die Teuerung von ihrem Rekordniveau im November aus zurückgegangen. Dennoch erhöhten sich die Verbraucherpreise gegenüber dem Vorjahresmonat um 10,0 Prozent und lagen damit deutlich über dem mittelfristigen Preisziel der EZB von zwei Prozent.
Preisauftrieb kommt nicht nur von den Energieträgern, sondern auch von Lebensmitteln und Genussmitteln. Die Preise für sonstige Waren und Dienstleistungen steigen ebenfalls kontinuierlich an.
von Robert Zach