Investing.com – Am Mittwoch vergangener Woche entschied sich die US-Zentralbank dazu, die Zinsen erneut um 0,25 Prozent anzuheben, obwohl der Bankensektor bereits deutlich signalisierte, dass weitere geldpolitische Maßnahmen den Bogen endgültig überspannen würden.
Die Fed beruft sich jedoch darauf, dass das US-Bankensystem widerstandsfähig sei und verweist dabei auf die regelmäßig stattfindenden Stresstests. Doch wie kürzlich berichtet, beinhaltet die Überprüfung des Bankensystems nicht den aktuell bedeutenden Faktor steigender Zinsen, weshalb man davon sprechen kann, dass die Aussagen der Zentralbank auf einem Bericht beruhen, der an der Realität vorbeigeht.
Der Leiter der Abteilung für internationale festverzinsliche Wertpapiere bei National Alliance Securities, Andy Brenner, erklärte auf Fox News, dass die Probleme des US-Bankensektors erst begonnen haben.
Peter Schiff gab in diesem Zusammenhang zu bedenken, dass die Fed-Zinserhöhungen auch nicht dazu beitragen, die Inflation in den Griff zu bekommen, aber genau das beabsichtigt die Zentralbank mit dieser Maßnahme zu erreichen. Das Problem ist laut Schiff, dass die US-Regierung kontinuierlich neues Geld in den Markt pumpt, wie die erneute Debatte um die Erhöhung der Schuldenobergrenze zeigt.
"Und solange die Regierung weiter Geld ausgibt, wird sich die Inflation weiter verschlimmern, ebenso wie die aktuelle Finanzkrise. Niemand möchte zugeben, dass wir uns in einer Finanzkrise befinden. Sie ist schon jetzt schlimmer als die Krise von 2008 und das, obwohl sie gerade erst beginnt. Am Ende wird die Fed sogar gezwungen sein, die Zinsen zu senken. Und das zu einem Zeitpunkt, an dem die Inflation ohnehin schon hoch ist."
Laut einer Studie der Universitäten Stanford und Columbia befinden sich bereits 186 US-Banken in größeren Schwierigkeiten. Brenner merkte an, dass die Banken mittlerweile auf unrealisierten Verlusten von 1,9 Billionen Dollar sitzen. Und mit jeder Zinserhöhung und jedem Dollar, der von Banken abgezogen wird, drohen den Finanzinstituten ihre Bilanzen um die Ohren zu fliegen.
Dass sich das US-Finanzsystem überhaupt in diesem Dilemma befindet, ist eine Folge der langen Niedrigzinsphase, wie Peter Schiff sagt. Die US-Regierung selbst hat über die FDIC-Wirtschaftsprüfer den Banken geraten, sich mit hochpreisigen langfristigen Staatsanleihen und hypothekarisch besicherten Wertpapieren einzudecken. Gleichzeitig wurde die Möglichkeit geschaffen, dass diese Papiere in der Bilanz nicht zu den realen Marktwerten geführt werden. Genau diese Vermögenswerte sind es, welche die Bilanzen gut aussehen lassen, obwohl sie am Markt eigentlich bereits 1,9 Billionen Dollar an Wert verloren haben. Schiff bewertete dies wie folgt:
"Das ganze Kartenhaus wurde von der Fed und der US-Regierung errichtet. Und jetzt, wo es einstürzt, wird so getan, als ob man damit nichts zu tun hätte. Es wird stattdessen versucht herauszufinden, wie man ein Feuer löschen kann, das man selbst gelegt hat. Und wie sollte es anders ein, das Feuer wird nicht gelöscht – nein, es wird Benzin hineingegossen."
Im ganzen Land sind versteckte Schwelbrände in Form von Gewerbeimmobilien zu finden. Erbaut in den vergangenen fünf Jahren zu einem unschlagbar günstigen Zinssatz, doch die hohen Zinsen für die Anschlussfinanzierungen werden nicht nur die Bauherren, sondern auch die Kapital gebenden Banken in Bedrängnis bringen. Peter Schiff erklärte abschließend:
"Je höher die Zinssätze sind, desto schwieriger wird es für diese Unternehmen, eine Anschlussfinanzierung zu bekommen. Dann besteht die reale Gefahr, dass es in der gesamten Wirtschaft zu ungeordneten Konkursen kommt."
In Europa sieht es indes nicht viel besser aus, auch wenn die EZB versucht, den Markt damit zu beruhigen, dass das europäische Bankensystem widerstandsfähiger sei als das der USA.
Der Präsident der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin), Mark Branson, sagte erst gestern:
"Seit März durchlebt das weltweite Finanzsystem eine Art Stresstest in Echtzeit . . . Eine Haltung "so etwas könnte in Europa nicht passieren" wäre aus meiner Sicht total fehl am Platz."
Er schickte auch eine deutliche Warnung in Richtung der Großbanken, dass sich diese mit Risikogeschäften lieber nicht zu weit aus dem Fenster lehnen sollten:
"Es war ein zentrales Anliegen der Reformen nach der Krise 2007/2008. Nie wieder sollte ein Institut zu groß zum Scheitern sein."
Von Marco Oehrl