FRANKFURT/BERLIN (dpa-AFX) - Die Europäische Zentralbank (EZB) steht in der Schuldenkrise mal wieder unter akutem Handlungsdruck. Nach beispiellosen Notmaßnahmen wie den Geldspritzen in hoher dreistelliger Milliardenhöhe an die Banken hat Notenbankchef Mario Draghi den Finanzmärkten im Juli ein neues Versprechen gegeben, das er jetzt einlösen muss. Mit markigen Worten hatte er einen neuen Rettungseinsatz der EZB am Anleihemarkt in Aussicht gestellt, um den Zinsdruck der großen Euro-Krisenländer zu lindern. Bislang wurde nicht geliefert, doch bald soll ein Plan vorgestellt werden. Was ist zu erwarten?
Seitdem die EZB die Bereitschaft für neue Anleihekäufe angekündigt hat, gibt es immer wieder Spekulationen über die Details. Für die Ausgestaltung des Programms werde innerhalb der Notenbank eine 'neue Variante' diskutiert, berichtet die Tageszeitung 'Die Welt' am Donnerstag. Die Rede ist wie so häufig in der Euro-Schuldenkrise von Renditen, Risikoaufschlägen und neuerdings Zinsschwellen - versteckten und offen angekündigten. Worum geht es genau?
Die EZB tüftelt an einem neuen Anleihekaufprogramm - soviel steht fest. Das hat Notenbankchef Mario Draghi bereits nach der letzten EZB-Sitzung am 2. August klargemacht. Es geht darum, die Zinsen zu drücken, zu denen sich Euro-Krisenstaaten wie Spanien oder Italien Geld bei Investoren besorgen. Welchen Plan die Währungshüter konkret verfolgen, soll erst beim nächsten Treffen des EZB-Rats am 6. September diskutiert werden - doch schon jetzt wird eifrig spekuliert.
Die Notenbank könnte beispielsweise festlegen, welche Zinsen oder welchen Risikoaufschlag sie für die Anleihen eines Krisenlandes maximal akzeptieren würde. Das ließ Draghi bereits auf der EZB-Pressekonferenz Anfang August auf Nachfrage durchblicken. Am Wochenende berichtete das Nachrichtenmagazin 'Der Spiegel' ohne Angabe von Quellen, diese Variante solle notenbankintern diskutiert werden. Am Donnerstag legte die Tageszeitung 'Die Welt' mit Berufung auf Insider nach. Es zeichnet sich also ab, dass die EZB eine Schwelle setzt, ab der sie Anleihen bedrängter Länder aufkauft, um deren Zinslast zu senken.
Die Frage ist, ob diese Obergrenze auch offiziell bekanntgegeben wird, sodass Spekulanten von Vornherein wissen, ab wann sie sich die Finger verbrennen. Da die EZB als Herrscher über die Geldmenge theoretisch unendlich tiefe Taschen hat, lohnt es sich nicht, gegen sie zu wetten. Die öffentliche Ankündigung, ein Kursziel zu verteidigen, hat deshalb hohe Abschreckungskraft. Im 'Welt'-Bericht heißt es allerdings, etliche Notenbanker würden es vorziehen, die Schwelle für Markteingriffe nicht publik zu machen. Dann müsste der Markt selbst das Rätsel lösen, ab wann die EZB interveniert.
'Eine explizit genannte Zinsschwelle wäre ein großer Vorteil', sagt Christian Schulz, Ökonom der Berenberg Bank. Ohne eine klare Ansage würden die Finanzmärkte testen, wo die Grenze der EZB liegt, so dass diese zu wesentlich größeren Eingriffen gezwungen werden dürfte. Zudem könne sich der Markt auf inoffizielle Schwellen nicht verlassen. Selbst wenn die Notenbank regelmäßig ab bestimmten Niveaus intervenieren würde, bleibe unklar, ob diese Marken auch künftig Fortbestand haben.
Als Beispiel für den Erfolg expliziter Schwellenwerte führt Schulz die Erfahrungen der Schweizer Nationalbank (SNB) am Devisenmarkt an: Um den Schweizer Franken zugunsten der heimischen Exportwirtschaft zu schwächen, habe die SNB zunächst versucht, einen inoffiziellen Mindestkurs gegenüber dem Euro zu verteidigen - ohne Erfolg. Erst als die Notenbanker dieses Ziel öffentlich festsetzten, ließen die Spekulanten locker. Um Investoren zu überzeugen, sei wichtig, dass die EZB sich klar zu unbegrenzten Eingriffen bekenne.
Damit die Währungshüter überhaupt wieder Anleihen von Krisenländern kaufen, müssen Spanien oder Italien jedoch den Rettungsfonds EFSF oder seinen Nachfolger ESM aktivieren und sich damit strikten Auflagen beugen. Das hat Draghi unmissverständlich zur Bedingung gemacht. Da die Länder ohnehin nur bei der kurzfristigen Geldaufnahme unterstützt werden sollen, dürften sie sich genau überlegen, ob sie ein entsprechendes Programm beantragen. 'Vermutlich muss sich die Lage erst drastisch verschlimmern', sagt Marchel Alexandrovich, Ökonom der Investmentbank Jefferies./hbr/jsl/zb
--- Von Hannes Breustedt, dpa-AFX ---
Seitdem die EZB die Bereitschaft für neue Anleihekäufe angekündigt hat, gibt es immer wieder Spekulationen über die Details. Für die Ausgestaltung des Programms werde innerhalb der Notenbank eine 'neue Variante' diskutiert, berichtet die Tageszeitung 'Die Welt' am Donnerstag. Die Rede ist wie so häufig in der Euro-Schuldenkrise von Renditen, Risikoaufschlägen und neuerdings Zinsschwellen - versteckten und offen angekündigten. Worum geht es genau?
Die EZB tüftelt an einem neuen Anleihekaufprogramm - soviel steht fest. Das hat Notenbankchef Mario Draghi bereits nach der letzten EZB-Sitzung am 2. August klargemacht. Es geht darum, die Zinsen zu drücken, zu denen sich Euro-Krisenstaaten wie Spanien oder Italien Geld bei Investoren besorgen. Welchen Plan die Währungshüter konkret verfolgen, soll erst beim nächsten Treffen des EZB-Rats am 6. September diskutiert werden - doch schon jetzt wird eifrig spekuliert.
Die Notenbank könnte beispielsweise festlegen, welche Zinsen oder welchen Risikoaufschlag sie für die Anleihen eines Krisenlandes maximal akzeptieren würde. Das ließ Draghi bereits auf der EZB-Pressekonferenz Anfang August auf Nachfrage durchblicken. Am Wochenende berichtete das Nachrichtenmagazin 'Der Spiegel' ohne Angabe von Quellen, diese Variante solle notenbankintern diskutiert werden. Am Donnerstag legte die Tageszeitung 'Die Welt' mit Berufung auf Insider nach. Es zeichnet sich also ab, dass die EZB eine Schwelle setzt, ab der sie Anleihen bedrängter Länder aufkauft, um deren Zinslast zu senken.
Die Frage ist, ob diese Obergrenze auch offiziell bekanntgegeben wird, sodass Spekulanten von Vornherein wissen, ab wann sie sich die Finger verbrennen. Da die EZB als Herrscher über die Geldmenge theoretisch unendlich tiefe Taschen hat, lohnt es sich nicht, gegen sie zu wetten. Die öffentliche Ankündigung, ein Kursziel zu verteidigen, hat deshalb hohe Abschreckungskraft. Im 'Welt'-Bericht heißt es allerdings, etliche Notenbanker würden es vorziehen, die Schwelle für Markteingriffe nicht publik zu machen. Dann müsste der Markt selbst das Rätsel lösen, ab wann die EZB interveniert.
'Eine explizit genannte Zinsschwelle wäre ein großer Vorteil', sagt Christian Schulz, Ökonom der Berenberg Bank. Ohne eine klare Ansage würden die Finanzmärkte testen, wo die Grenze der EZB liegt, so dass diese zu wesentlich größeren Eingriffen gezwungen werden dürfte. Zudem könne sich der Markt auf inoffizielle Schwellen nicht verlassen. Selbst wenn die Notenbank regelmäßig ab bestimmten Niveaus intervenieren würde, bleibe unklar, ob diese Marken auch künftig Fortbestand haben.
Als Beispiel für den Erfolg expliziter Schwellenwerte führt Schulz die Erfahrungen der Schweizer Nationalbank (SNB) am Devisenmarkt an: Um den Schweizer Franken zugunsten der heimischen Exportwirtschaft zu schwächen, habe die SNB zunächst versucht, einen inoffiziellen Mindestkurs gegenüber dem Euro zu verteidigen - ohne Erfolg. Erst als die Notenbanker dieses Ziel öffentlich festsetzten, ließen die Spekulanten locker. Um Investoren zu überzeugen, sei wichtig, dass die EZB sich klar zu unbegrenzten Eingriffen bekenne.
Damit die Währungshüter überhaupt wieder Anleihen von Krisenländern kaufen, müssen Spanien oder Italien jedoch den Rettungsfonds EFSF oder seinen Nachfolger ESM aktivieren und sich damit strikten Auflagen beugen. Das hat Draghi unmissverständlich zur Bedingung gemacht. Da die Länder ohnehin nur bei der kurzfristigen Geldaufnahme unterstützt werden sollen, dürften sie sich genau überlegen, ob sie ein entsprechendes Programm beantragen. 'Vermutlich muss sich die Lage erst drastisch verschlimmern', sagt Marchel Alexandrovich, Ökonom der Investmentbank Jefferies./hbr/jsl/zb
--- Von Hannes Breustedt, dpa-AFX ---