- von Matthias von Arnim
Frankfurt, 07. Okt (Reuters) - Hebelzertifikate gelten auch in Krisenzeiten als Gewinnbringer. Deshalb haben einige Emittenten ihr Heil darin gesucht, in diesem Bereich viele Produkte zu emittieren und viel in Marketing zu investieren. Die Rechnung ist nicht bei allen Anbietern aufgegangen.
Der Zusammenbruch der Investmentbank Lehman Brothers und der anschließende Börsen-Crash haben gezeigt, dass auf ein Segment scheinbar immer Verlass ist: Hebelzertifikate werden auch dann viel gehandelt, wenn es kracht. In turbulenten Zeiten lässt sich sogar besonders gut zocken. Die kurzfristig orientierten Day-Trader sind dann in ihrem Element.
Daraus haben viele Emittenten offenbar dieselbe Lehre gezogen: Wer langfristig bestehen will, so die Annahme, muss im Hebel-Zertifikate-Segment besonders breit und gut aufgestellt sein. Die Folge war in den zurückliegenden zwei Jahren eine Produktflut und ein überproportionaler Werbe-Aufwand in diesem Bereich. Doch wenn in der Trockenzeit zu viele Elefanten ihren Rüssel in das letzte Wasserloch halten, wird aus dem kühlen Teich schnell eine Schlammgrube. Der Effekt ist im übertragenen Sinne in der Zertifikate-Branche derzeit gut zu besichtigen.
Mit ihrer Entscheidung, sich mit Verve auf den Hebel-Produkte-Markt zu stürzen, können insbesondere die Herausforderer aus der zweiten Reihe nicht zufrieden sein. Umsätze und Marktanteile stiegen bei einigen Anbietern zwischenzeitlich zwar merklich an, gingen aber sofort wieder zurück, wenn die Werbemaßnahmen und Preis-Offensiven zurückgefahren wurden. Wenige Ausnahmen bestätigen diese Regel. Es gibt auch Emittenten, deren Investition in Werbung, Personal und Technik gänzlich ohne spürbare Wirkung blieben.
Umso bitterer ist nun die Erkenntnis, dass das Geschäft mit Hebelzertifikaten in Krisenzeiten offenbar doch nicht immer ein sicherer Profitbringer ist. Wenn sich zu viele Anbieter mit zu vielen Produkten und aggressiver Preispolitik in diesem Bereich tummeln, geht die Rechnung einfach nicht mehr auf.
Dazu kommt, dass die Kunden nicht jedes Spiel mitspielen. Die Technik muss stimmen. Wenn die Börse so volatil ist wie in den vergangenen drei Monaten, dann zeigt sich, ob ein Emittent eine gute Infrastruktur hat oder nicht. Anbieter mit überproportional vielen Handelsausfallzeiten werden schnell und gnadenlos mit Missachtung gestraft. Da kann dann auch gutes Marketing nichts mehr retten.
Ein weiterer Punkt ist, dass Trader erfahrungsgemäß dazu neigen, eher auf steigende als auf fallende Kurse zu setzen. Sogar gerade dann, wenn die Kurse abstürzen. Es scheint eine besondere Herausforderung zu sein, gegen den Trend zu wetten. Leider war das in den vergangenen Monaten keine besonders gute Idee. Die Folge: Die Verluste stiegen, und die Einsätze wurden kleiner. Damit sanken auch die Gewinnmargen der Emittenten.
In den Banken wird nun nach drei sehr schlimmen Monaten abgerechnet. Zunächst einmal werden, wie so oft in solchen Situationen, die Etats zurückgefahren und Schuldige gesucht. Die ersten Entlassungen gab es bereits, weitere werden mit Sicherheit folgen. Die Emissionstätigkeiten im Hebelprodukte-Bereich werden bei einigen Anbietern nun neu bewertet.
Doch nicht jeder Emittent hat eine adäquate Alternativ-Strategie parat. Viele hoffen einfach auf die nächste Regenzeit.
(Redigiert von Tom Körkemeier)