Börsen-Zeitung: Handeln statt zocken, Kommentar zur weitgehenden
Einigung der EU-Gremien über die Neufassung der Marktrichlinie Mifid
II, von Detlef Fechtner.
Frankfurt (ots) - Das war knapp. Noch zu Beginn der entscheidenden
Sitzung über die Neufassung der EU-Marktrichtlinie gab es ernsthafte
Zweifel daran, dass sich die Unterhändler von EU-Parlament,
EU-Ratsvorsitz und der EU-Kommission würden einigen können. Neun
Stunden später hatten es die Verhandlungsparteien dann doch
vollbracht. Mifid II, das regulatorische Sammelwerk für die Zähmung
der Akteure im Handel von Finanzprodukten, ist so gut wie
beschlossene Sache.
Was die EU-Kapitalrichtlinie CRD IV für die Banken, das ist die
EU-Marktrichtlinie MifidII für Börsen und Investoren - nämlich die
zentrale gesetzgeberische Antwort der EU auf die Finanzkrise. Beide
Regelwerke sind so umfangreich, dass man Wochen braucht, um sie zu
verstehen, und Jahre, um sie anzuwenden. Beide Regelwerke sind
verwirrend, weil sie so unterschiedliche Aspekte zusammenführen wie -
im Falle von Mifid - den Hochfrequenzhandel, die Beratung von
Kleinanlegern und Spekulationen auf Lebensmittel. Vor allem aber sind
beide Regelwerke wichtig - und deshalb ist es trotz aller
Unzufriedenheit der beteiligten Parteien mit einzelnen Punkten gut,
dass sich die EU nach CRD IV nun auch über Mifid II verständigen
konnte. Eine Vertagung auf nächstes oder übernächstes Jahr - nichts
anderes hätte es wegen der Zwangspause rund um die Europawahl
bedeutet, wenn es nicht sehr bald geklappt hätte mit der
Verständigung - wäre ein fatales Signal gewesen. Das breite Publikum
hätte dies als Eingeständnis werten müssen, dass es den EU-Staaten
aus Rücksicht auf Interessen heimischer Finanzplätze nicht gelingt,
im Kasino aufzuräumen.
In der Tat waren die Verhandlungen von heiklen Punkten im
Wettbewerb der Börsen in Frankfurt und London (im Streit über den
Zugang zum Clearing), in der Konkurrenz zwischen Börsen und Banken
(in der Kontroverse über neue Plattformen) oder zwischen einzelnen
Staaten (im Zank über Ölkontrakte) bestimmt. Dass es dennoch gelang,
eine Einigung zu erzielen, damit spekulative Übertreibungen gebremst,
Sicherheitsstufen eingezogen und dunkle Ecken des Handels
ausgeleuchtet werden, ist bedeutsam - auch mit Blick auf die
Signalwirkung für die G20. Europaabgeordnete und nationale
Regierungen sind letztlich nicht der Versuchung erlegen, sich am Ende
für individuelle Interessen zu verkämpfen. Sie sind damit in ihren
eigenen Verhandlungen dem Kernprinzip von Mifid II für die
Finanzmärkte gefolgt: Es geht darum zu handeln. Nicht um zu zocken.
(Börsen-Zeitung, 16.1.2014)
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