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Veröffentlicht am 12.09.2012, 18:56
Aktualisiert 12.09.2012, 19:00
Börsen-Zeitung: Für jeden etwas, Kommentar zum ESM-Urteil des

Bundesverfassungsgerichts, von Claus Döring.

Frankfurt (ots) - Kann ein Verfassungsgerichtsurteil ein gutes

Urteil sein, wenn es von fast allen Seiten Beifall bekommt? Was

bedeutet es, wenn sich Bundesregierung wie auch Kläger, wenn sich

Parteien und Verbände, ja sogar voraussichtliche Zahler und

Nutznießer des Euro-Rettungsschirms ESM sowie Investoren, Gläubiger

und Schuldner zufrieden zeigen? Das lässt nur einen Schluss zu: Jeder

sucht sich aus dem Urteil jene Aspekte heraus, die ihm passen. Die

Risiken und Nebenwirkungen werden ausgeblendet.

Das beginnt damit, dass das Urteil des Bundesverfassungsgerichts

in der Öffentlichkeit schon wie eine Entscheidung in der Hauptsache

aufgefasst wird, obwohl es ein Eilverfahren zum Erlass einer

einstweiligen Anordnung war. Damit wollten die Antragsteller die

Ratifikation von ESM und Fiskalpakt verhindern. Zu dieser

(Fehl-)Wahrnehmung hat das Gericht selbst beigetragen, indem es schon

für den Eilantrag eine summarische Prüfung der Rechtslage vorgenommen

hat, weil mit der Ratifikation der Verträge völkerrechtliche

Bindungen eingegangen werden, die auch ein späteres Urteil der

Verfassungsgerichts nicht mehr rückgängig machen könnte.

Das setzt sich fort mit einer völlig überzogenen Erwartungshaltung

vieler Beobachter im Ausland, aber auch jener 37000 Mitkläger, die

vom Gericht eine Grundsatzentscheidung über die Zulässigkeit der

Euro-Rettungspolitik erhofften. Die jetzt noch irrigerweise annehmen,

das Gericht habe die Haftung Deutschlands in der Euro-Rettung auf

jene 190 Mrd. Euro begrenzt, die sich aus dem deutschen Anteil am

ESM-Kapital ableiten. Diese Haftungsbegrenzung gilt nur für den

ESM-Vertrag in der vorliegenden Form.

Dem Ausbau der Haftungsunion hat Karlsruhe dagegen keinen Riegel

vorgeschoben. Denn erstens ist der unter Auflagen durchgewunkene ESM

ja ein erster völkerrechtlicher Schritt in die Haftungsunion und

zweitens ist es aus Sicht des Gerichts möglich, diesen Haftungsrahmen

zu erweitern, wenn die Regierungen mit entsprechender demokratischer

Legitimierung das wollen. Und drittens ist es unabhängig davon

möglich und wird praktiziert, über andere Vehikel bis hin zu den

Anleihekäufen durch die Europäischen Zentralbank (EZB) die deutsche

Haftung auszuweiten. Daran hat die Karlsruher Entscheidung nichts

geändert. Inwieweit die Kaufprogramme der EZB die deutsche Zustimmung

zu den EU-Verträgen und das Demokratiegebot tangieren, wird das

Verfassungsgericht erst im Frühjahr im Hauptsacheverfahren prüfen.

Bis dahin haben die Target-2-Salden und absehbare Anleihekäufe der

EZB weiter Fakten geschaffen, egal was Karlsruhe dann verkündet.

Ein Urteil also für die Katz? Nicht ganz, zumindest eine

Klarstellung ist für die laufende Euro-Rettungsdebatte hilfreich:

Nach den gestrigen Ausführungen des Gerichts darf der ESM weder

gehebelt noch mit einer Banklizenz ausgestattet werden.

Aber was heißt das schon? Wird der ESM nicht bereits als

Feigenblatt und Katalysator für die formal unlimitierten Anleihekäufe

der EZB missbraucht? Hier haben die Damen und Herren in den roten

Roben leider darauf verzichtet, jetzt schon eine rote Linie zu

ziehen. Zwar hat Präsident Andreas Voßkuhle daran erinnert, dass die

Währungsunion als Stabilitätsgemeinschaft konzipiert ist, in der die

monetäre Haushaltsfinanzierung durch die EZB verboten ist. Solange

aber die EZB für sich selbst reklamiert, innerhalb dieses

Vertragsrahmens zu bleiben und darin sogar von der Bundesregierung

bestärkt wird, werden die geldpolitischen Grenzüberschreitungen der

EZB ohne Richter und ohne Folgen bleiben. Ja, das Verfassungsgericht

selbst hat sogar den Hinweis gegeben, dass es demokratisch

legitimierte Änderungen der erwähnten stabilitätspolitischen

Grundsätze nicht zwangsläufig als verfassungswidrig ansähe.

Erwartungsgemäß hat das Gericht den Ball der Euro-Rettung dorthin

gespielt, wo er hingehört: ins Feld der Politik. Selbst wenn die

Richter der Überzeugung wären, dass die Verträge zur Euro-Rettung für

Deutschland schädlich seien, dürften sie sie nicht blockieren, wenn

ihr Zustandekommen verfassungsgemäß erfolgte. Den gewählten

Politikern hat das Gericht einen weiten Ermessensspielraum

hinsichtlich der vertretbaren Belastungen und der Einschränkung der

Haushaltsautonomie des Bundestages zur Verwirklichung der

Währungsunion eingeräumt. Dabei darf der Gesetzgeber ausdrücklich

auch die Folgen alternativer Handlungsoptionen berücksichtigen, also

die schwerwiegenden, aber kaum abschätzbaren Folgen für Deutschland

im Falle des Scheiterns der Währungsunion. Damit ist klar: Um die

Weiterentwicklung Eurolands müssen die Politiker ringen und bei ihren

Wählern werben. Wem die Fahrt in die europäische Haftungsunion nicht

passt, kann auch künftig nicht darauf hoffen, das Verfassungsgericht

zum Bremsklotz zu instrumentalisieren. Das ist gut so. Denn so wenig

die Zukunft Eurolands und die damit verbundenen finanziellen Lasten

der Bürger in Brüsseler Hinterzimmern ausgekungelt werden dürfen, so

wenig darf man sie Karlsruher Richtern überlassen. Zum Handeln sind

diejenigen berufen, die das Volk gewählt hat, stellte das Gericht die

eigene Rolle klar. Daran sollte sich die andere von der Politik

unabhängige und nicht durch demokratische Wahl legitimierte

Instition, die EZB, ein Vorbild nehmen. Den Politikern sei Voßkuhles

Mahnung zum Auswendiglernen empfohlen: 'Nur als demokratisch

legitimierte Rechtsgemeinschaft hat Europa eine Zukunft.'

(Börsen-Zeitung, 13.9.2012)

Originaltext: Börsen-Zeitung

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