Börsen-Zeitung: Mit Nebenwirkungen, Kommentar zu den neuen
Derivatemarkt-Regeln der europäischen Wertpapier- und
Marktaufsichtsbehörde ESMA, von Stefanie Schulte.
Frankfurt (ots) - Auf dem billionenschweren weltweiten
Derivatemarkt wird bald nichts mehr so sein wie früher. Das ist der
Wille der Regulierer, die eine umfassende Clearingpflicht für Zins-,
Rohstoff-, Kredit- und andere Derivate planen und eine deutlich
erhöhte Transparenz vorsehen. Im Visier stehen die Banken.
Kettenreaktionen am Derivatemarkt, wie sie die Pleite der
US-Investmentbank Lehman Brothers auslöste, sollen sich nicht
wiederholen.
Dass daran nicht gerüttelt wird, zeigen die technischen Standards
zur EU-Derivateverordnung Emir, die die europäische Wertpapier- und
Marktaufsichtsbehörde ESMA am Donnerstag vorgelegt hat. Diese sehen
zwar Erleichterungen für Derivategeschäfte von Unternehmen der
Realwirtschaft vor, lassen die Vorgaben für die Banken aber
weitgehend so wie geplant. Die Institute müssen künftig einen großen
Teil ihrer Swap-Geschäfte zentral verrechnen lassen und alle
Transaktionen an zentrale Register melden. Ferner müssen sie ihren
Derivate-Partnern umfangreiche Sicherheiten stellen, damit diese
nicht leer ausgehen, falls die Gegenseite pleitegeht.
All dies dürfte die Finanzmarktstabilität erhöhen. Dies ist zu
begrüßen, auch wenn große Banken Umstellungskosten im zwei- oder gar
dreistelligen Millionenbereich schultern müssen. Emir hat aber auch
Nebenwirkungen. Regulierer müssen versuchen, diese zu minimieren,
während sie die letzten offenen Punkte klären. Unter anderem muss
eine Liste derjenigen Derivate erstellt werden, die künftig der
Clearing-Pflicht unterliegen, und es muss festgelegt werden, in
welchem Umfang für nicht zentral verrechnete Geschäfte Sicherheiten
hinterlegt werden müssen.
Anreize, die Clearing-Pflicht zu umgehen, müssen vermieden werden.
Sollten Banken auf komplexere Derivate ausweichen, die nicht zentral
verrechnet werden müssen, wäre das kontraproduktiv. Verhindert werden
muss auch, dass Anleihen hoher Bonität allzu knapp werden, weil sie
künftig verstärkt als Derivate-Sicherheiten benötigt werden.
Schließlich sollten keine neuen Klumpenrisiken entstehen - nicht
nur bei den zentralen Gegenparteien, die die Derivate verrechnen,
sondern auch bei großen Banken, die künftig von kleineren
Marktteilnehmern verstärkt für Dienstleistungen rund ums Clearing
benötigt werden. Die Regulierer müssen hier Fingerspitzengefühl
beweisen. Sollten Marktteilnehmer infolge der Regulierung auf das
eine oder andere Derivat ganz verzichten, wäre das nicht das
schlechteste Resultat - auch wenn Lobbyisten anderer Meinung sein
mögen.
(Börsen-Zeitung, 28.9.2012)
Originaltext: Börsen-Zeitung
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Telefon: 069--2732-0
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Marktaufsichtsbehörde ESMA, von Stefanie Schulte.
Frankfurt (ots) - Auf dem billionenschweren weltweiten
Derivatemarkt wird bald nichts mehr so sein wie früher. Das ist der
Wille der Regulierer, die eine umfassende Clearingpflicht für Zins-,
Rohstoff-, Kredit- und andere Derivate planen und eine deutlich
erhöhte Transparenz vorsehen. Im Visier stehen die Banken.
Kettenreaktionen am Derivatemarkt, wie sie die Pleite der
US-Investmentbank Lehman Brothers auslöste, sollen sich nicht
wiederholen.
Dass daran nicht gerüttelt wird, zeigen die technischen Standards
zur EU-Derivateverordnung Emir, die die europäische Wertpapier- und
Marktaufsichtsbehörde ESMA am Donnerstag vorgelegt hat. Diese sehen
zwar Erleichterungen für Derivategeschäfte von Unternehmen der
Realwirtschaft vor, lassen die Vorgaben für die Banken aber
weitgehend so wie geplant. Die Institute müssen künftig einen großen
Teil ihrer Swap-Geschäfte zentral verrechnen lassen und alle
Transaktionen an zentrale Register melden. Ferner müssen sie ihren
Derivate-Partnern umfangreiche Sicherheiten stellen, damit diese
nicht leer ausgehen, falls die Gegenseite pleitegeht.
All dies dürfte die Finanzmarktstabilität erhöhen. Dies ist zu
begrüßen, auch wenn große Banken Umstellungskosten im zwei- oder gar
dreistelligen Millionenbereich schultern müssen. Emir hat aber auch
Nebenwirkungen. Regulierer müssen versuchen, diese zu minimieren,
während sie die letzten offenen Punkte klären. Unter anderem muss
eine Liste derjenigen Derivate erstellt werden, die künftig der
Clearing-Pflicht unterliegen, und es muss festgelegt werden, in
welchem Umfang für nicht zentral verrechnete Geschäfte Sicherheiten
hinterlegt werden müssen.
Anreize, die Clearing-Pflicht zu umgehen, müssen vermieden werden.
Sollten Banken auf komplexere Derivate ausweichen, die nicht zentral
verrechnet werden müssen, wäre das kontraproduktiv. Verhindert werden
muss auch, dass Anleihen hoher Bonität allzu knapp werden, weil sie
künftig verstärkt als Derivate-Sicherheiten benötigt werden.
Schließlich sollten keine neuen Klumpenrisiken entstehen - nicht
nur bei den zentralen Gegenparteien, die die Derivate verrechnen,
sondern auch bei großen Banken, die künftig von kleineren
Marktteilnehmern verstärkt für Dienstleistungen rund ums Clearing
benötigt werden. Die Regulierer müssen hier Fingerspitzengefühl
beweisen. Sollten Marktteilnehmer infolge der Regulierung auf das
eine oder andere Derivat ganz verzichten, wäre das nicht das
schlechteste Resultat - auch wenn Lobbyisten anderer Meinung sein
mögen.
(Börsen-Zeitung, 28.9.2012)
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