Börsen-Zeitung: Ohne Plan, Kommentar zu Großbritannien von Carsten
Steevens
Frankfurt (ots) - David Cameron will die Mitgliedschaft
Großbritanniens in der Europäischen Union (EU) auf eine neue Basis
stellen. Das Ergebnis dieses neuen Arrangements soll -
voraussichtlich in vier Jahren - Grundlage sein für ein britisches
EU-Referendum. Der Weg, den der seit 2010 amtierende britische
Regierungschef 40 Jahre nach dem Beitritt des Inselstaats zur
Staatengemeinschaft eingeschlagen hat, ist so gefährlich, wie die
europapolitische Attitüde des Insel-Premiers selbstgerecht erscheint.
Mit der Ankündigung einer Abstimmung im Jahr 2017, die zum ersten
Austritt eines Mitgliedslandes aus der EU führen könnte, hat Cameron
neue Unsicherheiten geschaffen: Für die Union, weil nun noch offener
ist, wie der ohnehin schleppende Prozess der europäischen Integration
vorankommen soll. Vor allem aber auch für Großbritannien selbst, das
nach mehr als fünf Jahren Finanzkrise noch nicht wieder in die
Wachstumsspur zurückgefunden hat und dem wegen hoher Schuldenlast der
Verlust des Triple-A-Ratings droht. Investoren aus dem Ausland
könnten nun angesichts eines möglichen Bedeutungs- und
Einflussverlustes Großbritanniens in Europa einen Bogen um den
Inselstaat machen. Das könnte, wie sogar der kleine
liberaldemokratische Koalitionspartner befürchtet, unbeabsichtigte
Folgen für die Konjunktur nach sich ziehen und wäre keinesfalls im
von Cameron gestern so oft beschworenen nationalen Interesse. Dessen
mehrfach verschobene 'Europa-Rede' war nicht die eines weitsichtigen
Staatsmanns. Sie diente vor allem dazu, die gewachsene Gruppe der
Europa-Kritiker in den eigenen konservativen Parteireihen zu
besänftigen und die Erfolgsaussichten bei den nächsten
Parlamentswahlen zu erhöhen. Andere zwingende Gründe, ein Referendum
in Aussicht zu stellen, gab es nicht.
Dass die Union insgesamt wettbewerbsfähiger und die demokratische
Legitimierung gestärkt werden müsse - unstrittig. Die Ankündigung
Camerons jedoch, das Verhältnis Großbritanniens zur EU neu zu
verhandeln, Kompetenzen aus Brüssel zurückzufordern, Schutzzäune zur
Sicherung eigener ökonomischer Interessen hochzuziehen und darüber
abstimmen zu lassen, stellt ein brüskierendes Ultimatum dar. Sie
beruht zudem auf der Annahme, die Partnerländer wollten
Großbritannien um jeden Preis in der EU halten und Bedingungen
könnten deshalb leicht durchgesetzt werden. Doch mit der Strategie
der 'Rosinenpickerei' dürften es die Briten schwer haben. Der Premier
vermittelte gestern nicht den Eindruck, einen konstruktiven Plan für
Europa zu verfolgen.
Originaltext: Börsen-Zeitung
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Börsen-Zeitung
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Telefon: 069--2732-0
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Frankfurt (ots) - David Cameron will die Mitgliedschaft
Großbritanniens in der Europäischen Union (EU) auf eine neue Basis
stellen. Das Ergebnis dieses neuen Arrangements soll -
voraussichtlich in vier Jahren - Grundlage sein für ein britisches
EU-Referendum. Der Weg, den der seit 2010 amtierende britische
Regierungschef 40 Jahre nach dem Beitritt des Inselstaats zur
Staatengemeinschaft eingeschlagen hat, ist so gefährlich, wie die
europapolitische Attitüde des Insel-Premiers selbstgerecht erscheint.
Mit der Ankündigung einer Abstimmung im Jahr 2017, die zum ersten
Austritt eines Mitgliedslandes aus der EU führen könnte, hat Cameron
neue Unsicherheiten geschaffen: Für die Union, weil nun noch offener
ist, wie der ohnehin schleppende Prozess der europäischen Integration
vorankommen soll. Vor allem aber auch für Großbritannien selbst, das
nach mehr als fünf Jahren Finanzkrise noch nicht wieder in die
Wachstumsspur zurückgefunden hat und dem wegen hoher Schuldenlast der
Verlust des Triple-A-Ratings droht. Investoren aus dem Ausland
könnten nun angesichts eines möglichen Bedeutungs- und
Einflussverlustes Großbritanniens in Europa einen Bogen um den
Inselstaat machen. Das könnte, wie sogar der kleine
liberaldemokratische Koalitionspartner befürchtet, unbeabsichtigte
Folgen für die Konjunktur nach sich ziehen und wäre keinesfalls im
von Cameron gestern so oft beschworenen nationalen Interesse. Dessen
mehrfach verschobene 'Europa-Rede' war nicht die eines weitsichtigen
Staatsmanns. Sie diente vor allem dazu, die gewachsene Gruppe der
Europa-Kritiker in den eigenen konservativen Parteireihen zu
besänftigen und die Erfolgsaussichten bei den nächsten
Parlamentswahlen zu erhöhen. Andere zwingende Gründe, ein Referendum
in Aussicht zu stellen, gab es nicht.
Dass die Union insgesamt wettbewerbsfähiger und die demokratische
Legitimierung gestärkt werden müsse - unstrittig. Die Ankündigung
Camerons jedoch, das Verhältnis Großbritanniens zur EU neu zu
verhandeln, Kompetenzen aus Brüssel zurückzufordern, Schutzzäune zur
Sicherung eigener ökonomischer Interessen hochzuziehen und darüber
abstimmen zu lassen, stellt ein brüskierendes Ultimatum dar. Sie
beruht zudem auf der Annahme, die Partnerländer wollten
Großbritannien um jeden Preis in der EU halten und Bedingungen
könnten deshalb leicht durchgesetzt werden. Doch mit der Strategie
der 'Rosinenpickerei' dürften es die Briten schwer haben. Der Premier
vermittelte gestern nicht den Eindruck, einen konstruktiven Plan für
Europa zu verfolgen.
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