Börsen-Zeitung: Teuer und überflüssig, Kommentar zur EZB von Georg
Blaha
Frankfurt (ots) - Die Senkung der Leitzinsen durch die Europäische
Zentralbank (EZB) ist ein teures und überflüssiges Experiment. Mit
den Raten auf historischen Tiefs mag die Notenbank bei manchem
Institut oder Land der Währungsunion Erleichterung schaffen. Zu
befürchten ist aber, dass der geldpolitische Schritt an den
Finanzmärkten zu neuen Verwerfungen führt, welche die Bewältigung der
europäischen Schulden- und Vertrauenskrise zusätzlich erschweren
werden.
In normalen Zeiten hätten die Währungshüter mit einer Zinssenkung
alles richtig gemacht: Die Statistiken zeigen einen Rückgang der
Inflation im Währungsgebiet an, die Konjunktur beginnt stärker als
zuvor zu lahmen, und die Kreditvergabe der Banken an die
Realwirtschaft will nicht in die Gänge kommen. Niedrigere Zinsen
wirken all dem entgegen - theoretisch.
Das Problem: Im sechsten Jahr der Finanzkrise und im dritten Jahr
der Euroland-Krise leben wir nicht in normalen Zeiten. Das Risiko
eines Zerfalls der Eurozone ist noch lange nicht gebannt. Angesichts
der massiven Verunsicherung von Banken, Unternehmen und Anlegern
machen 25 Basispunkte mehr oder weniger keinen Unterschied in der
Neigung, Kredite zu vergeben, zu investieren oder Marktrisiken auf
sich zu nehmen.
Besonders überflüssig ist die Senkung des Einlagensatzes auf null.
Damit werden vor allem Institute aus den Kernländern abgestraft.
Diese haben bislang in großem Stil überschüssige Mittel bei der EZB
geparkt und müssen nun nach anderen sicheren Anlagen suchen. Dagegen
profitieren vorwiegend Banken aus der Euroland-Peripherie nun von
billigeren Notenbankkrediten. Dies zeigt ein weiteres Mal, wie weit
die Finanzsektoren der Euro-Mitgliedsstaaten auseinandergedriftet
sind. Dass sich die EZB in diesem Zusammenhang - zumindest während
ihrer Pressekonferenz - nicht im Klaren darüber ist, wie sich die
Zinssenkung auf das Verhalten der verschiedenen Banken am Geldmarkt
auswirken wird, trägt nicht gerade zum Vertrauen in die Notenbank
bei.
Für Anleger wird die Zinssenkung teuer, denn mit ihr steigen die
Realverluste des Vermögens; der Zinsdruck von der Notenbank wird an
Sparer und den Markt weitergegeben. Zudem wird die Flucht in
Sachwerte und andere sogenannte sichere Häfen befördert. Damit werden
sich negative Realrenditen und Negativzinsen noch weiter ausbreiten
als zuvor. Über die Zinssenkung freuen können sich nur Halter von
Bundesanleihen - deren ohnehin hohe Kurse dürften bald tüchtig
zulegen.
Originaltext: Börsen-Zeitung
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Börsen-Zeitung
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Frankfurt (ots) - Die Senkung der Leitzinsen durch die Europäische
Zentralbank (EZB) ist ein teures und überflüssiges Experiment. Mit
den Raten auf historischen Tiefs mag die Notenbank bei manchem
Institut oder Land der Währungsunion Erleichterung schaffen. Zu
befürchten ist aber, dass der geldpolitische Schritt an den
Finanzmärkten zu neuen Verwerfungen führt, welche die Bewältigung der
europäischen Schulden- und Vertrauenskrise zusätzlich erschweren
werden.
In normalen Zeiten hätten die Währungshüter mit einer Zinssenkung
alles richtig gemacht: Die Statistiken zeigen einen Rückgang der
Inflation im Währungsgebiet an, die Konjunktur beginnt stärker als
zuvor zu lahmen, und die Kreditvergabe der Banken an die
Realwirtschaft will nicht in die Gänge kommen. Niedrigere Zinsen
wirken all dem entgegen - theoretisch.
Das Problem: Im sechsten Jahr der Finanzkrise und im dritten Jahr
der Euroland-Krise leben wir nicht in normalen Zeiten. Das Risiko
eines Zerfalls der Eurozone ist noch lange nicht gebannt. Angesichts
der massiven Verunsicherung von Banken, Unternehmen und Anlegern
machen 25 Basispunkte mehr oder weniger keinen Unterschied in der
Neigung, Kredite zu vergeben, zu investieren oder Marktrisiken auf
sich zu nehmen.
Besonders überflüssig ist die Senkung des Einlagensatzes auf null.
Damit werden vor allem Institute aus den Kernländern abgestraft.
Diese haben bislang in großem Stil überschüssige Mittel bei der EZB
geparkt und müssen nun nach anderen sicheren Anlagen suchen. Dagegen
profitieren vorwiegend Banken aus der Euroland-Peripherie nun von
billigeren Notenbankkrediten. Dies zeigt ein weiteres Mal, wie weit
die Finanzsektoren der Euro-Mitgliedsstaaten auseinandergedriftet
sind. Dass sich die EZB in diesem Zusammenhang - zumindest während
ihrer Pressekonferenz - nicht im Klaren darüber ist, wie sich die
Zinssenkung auf das Verhalten der verschiedenen Banken am Geldmarkt
auswirken wird, trägt nicht gerade zum Vertrauen in die Notenbank
bei.
Für Anleger wird die Zinssenkung teuer, denn mit ihr steigen die
Realverluste des Vermögens; der Zinsdruck von der Notenbank wird an
Sparer und den Markt weitergegeben. Zudem wird die Flucht in
Sachwerte und andere sogenannte sichere Häfen befördert. Damit werden
sich negative Realrenditen und Negativzinsen noch weiter ausbreiten
als zuvor. Über die Zinssenkung freuen können sich nur Halter von
Bundesanleihen - deren ohnehin hohe Kurse dürften bald tüchtig
zulegen.
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