Börsen-Zeitung: Vertagt und versagt, Kommentar zu Griechenland von
Detlef Fechtner
Frankfurt (ots) - Erneut ist es der Eurogruppe nicht gelungen, ein
Finanzierungspaket zu schnüren, um die Lücken im Anpassungsprogramm
von Griechenland zu stopfen. Und das, obwohl Minister und Vertreter
von Internationalem Währungsfonds und Europäischer Zentralbank bis
morgens um halb fünf schacherten - und sich dann, aus Mangel an Kraft
und konkreten Kalkulationen, auf Montag vertagten. Natürlich könnte
man sagen: Alles nicht so schlimm, einige Tage mehr machen keinen
großen Unterschied. Da es um viel Geld geht, ist Gewissenhaftigkeit
ohnehin wichtiger als Schnelligkeit, zumal bei solch vertrackten
Rechnungen. Wohlgemerkt: Man könnte es so sehen.
Doch der Ausgang der nächtlichen Marathonsitzung gibt keinen
Anlass für eine so wohlwollende, gelassene Bewertung. Ganz im
Gegenteil: Dass die Euro-Minister mit der optimistischen Ansage
gescheitert sind, eine tragfähige Finanzierungslösung auszuhandeln,
enttäuscht und alarmiert zugleich. Es zeigt, wie hart mittlerweile
die Fronten zwischen den gemeinsamen Geldgebern sind, wenn es um die
eigenen Interessen geht - mit der besorgniserregenden Folge, dass die
Eurogruppe zu haushalten beginnt wie eine Studenten-WG. An allen
Ecken und Enden wird Geld herausgekramt und zusammengekratzt, um die
nächsten Monate zu überstehen. Da wird über Kurzläufer zur
Zwischenfinanzierung gesprochen, über die Stundung und Senkung von
Kreditzinsen, die Verlängerung von Laufzeiten, die Weiterreichung von
Erträgen aus Anleihegeschäften oder die Ausweitung des Hilfsprogramms
- mal ehrlich, nach tragfähigem Finanzkonzept klingt das nicht. Die
künstliche Aufsplittung in zwei statt vier Jahre, weil bis 2014
weniger Miese anlaufen und auf diese Weise größere Probleme
aufgeschoben werden können, wirkt ebenfalls nicht eben
vertrauensfördernd. Und die ständige Beteuerung, alle Maßnahmen seien
nicht aktuell haushaltswirksam, verunsichert mehr, als dass sie
beruhigt. Soll da etwa vorgegaukelt werden, es koste die Euro-Partner
nichts, dass Griechenland durch Wahlwirren, Rezession und sicher
erneut auch eigene Defizite noch ärger in den Schuldensumpf
eingetaucht ist als erwartet?
Die Eurogruppe hat nicht einfach nur eine Entscheidung vertagt,
sondern sie hat versagt. Vor dem Treffen am Montag überbieten sich
die Minister bereits wieder in Zuversicht. Wenn sie dann nicht
liefern, ist Euroland zwar nicht geliefert. Aber dann droht genau
wieder jener Druck und jenes Misstrauen, das zur nächsten Eskalation
der Krise führen dürfte.
Originaltext: Börsen-Zeitung
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Börsen-Zeitung
Redaktion
Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de
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Frankfurt (ots) - Erneut ist es der Eurogruppe nicht gelungen, ein
Finanzierungspaket zu schnüren, um die Lücken im Anpassungsprogramm
von Griechenland zu stopfen. Und das, obwohl Minister und Vertreter
von Internationalem Währungsfonds und Europäischer Zentralbank bis
morgens um halb fünf schacherten - und sich dann, aus Mangel an Kraft
und konkreten Kalkulationen, auf Montag vertagten. Natürlich könnte
man sagen: Alles nicht so schlimm, einige Tage mehr machen keinen
großen Unterschied. Da es um viel Geld geht, ist Gewissenhaftigkeit
ohnehin wichtiger als Schnelligkeit, zumal bei solch vertrackten
Rechnungen. Wohlgemerkt: Man könnte es so sehen.
Doch der Ausgang der nächtlichen Marathonsitzung gibt keinen
Anlass für eine so wohlwollende, gelassene Bewertung. Ganz im
Gegenteil: Dass die Euro-Minister mit der optimistischen Ansage
gescheitert sind, eine tragfähige Finanzierungslösung auszuhandeln,
enttäuscht und alarmiert zugleich. Es zeigt, wie hart mittlerweile
die Fronten zwischen den gemeinsamen Geldgebern sind, wenn es um die
eigenen Interessen geht - mit der besorgniserregenden Folge, dass die
Eurogruppe zu haushalten beginnt wie eine Studenten-WG. An allen
Ecken und Enden wird Geld herausgekramt und zusammengekratzt, um die
nächsten Monate zu überstehen. Da wird über Kurzläufer zur
Zwischenfinanzierung gesprochen, über die Stundung und Senkung von
Kreditzinsen, die Verlängerung von Laufzeiten, die Weiterreichung von
Erträgen aus Anleihegeschäften oder die Ausweitung des Hilfsprogramms
- mal ehrlich, nach tragfähigem Finanzkonzept klingt das nicht. Die
künstliche Aufsplittung in zwei statt vier Jahre, weil bis 2014
weniger Miese anlaufen und auf diese Weise größere Probleme
aufgeschoben werden können, wirkt ebenfalls nicht eben
vertrauensfördernd. Und die ständige Beteuerung, alle Maßnahmen seien
nicht aktuell haushaltswirksam, verunsichert mehr, als dass sie
beruhigt. Soll da etwa vorgegaukelt werden, es koste die Euro-Partner
nichts, dass Griechenland durch Wahlwirren, Rezession und sicher
erneut auch eigene Defizite noch ärger in den Schuldensumpf
eingetaucht ist als erwartet?
Die Eurogruppe hat nicht einfach nur eine Entscheidung vertagt,
sondern sie hat versagt. Vor dem Treffen am Montag überbieten sich
die Minister bereits wieder in Zuversicht. Wenn sie dann nicht
liefern, ist Euroland zwar nicht geliefert. Aber dann droht genau
wieder jener Druck und jenes Misstrauen, das zur nächsten Eskalation
der Krise führen dürfte.
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