Investing.com - Der Schmerz für den Gewerbeimmobiliensektor hat erst begonnen und die Alarmglocken werden von einem angesehenen Akademiker geläutet: Stijn Van Nieuwerburgh, Professor für Immobilien und Finanzen an der renommierten Columbia Business School. In einem kürzlich geführten Interview mit RealVision warnte er eindringlich vor einem gefährlichen "urbanen Teufelskreis" für Gewerbeimmobilien und seinen potenziellen weitreichenden Auswirkungen.
Der Kern des Problems liege im Anstieg der Zinssätze und dem Übergang vieler Unternehmen zur Telearbeit, was den Wert von Büroflächen in den Städten drastisch verringert habe, sagte er. Die Auswirkungen dieses Trends seien jedoch weitaus komplexer, als es auf den ersten Blick erscheinen mag. Der Wertverlust von Gewerbeimmobilien werde wahrscheinlich zu geringeren Grundsteuereinnahmen führen, was wiederum zu Haushaltsdefiziten bei städtischen Behörden führe. Diese könnten dann gezwungen sein, Steuern zu erhöhen oder Kürzungen bei lebenswichtigen öffentlichen Dienstleistungen wie Bildung, Transport und Abwasserentsorgung vorzunehmen. Das Ergebnis? Städte könnten für Bewohner teurer und weniger attraktiv werden, wodurch ein Teufelskreis entsteht, der die Menschen dazu veranlasst, abzuwandern und den Wert der Immobilien noch weiter in den Keller zu drücken, so Van Nieuwerburgh.
Der Professor verdeutlichte, dass wir uns noch in den frühen Phasen dieses Teufelskreises befinden und dass der Wert von Immobilien weiter sinken muss, um sich auf einem nachhaltigeren Niveau einzupendeln.
Zu den besorgniserregenden Fakten, die Van Nieuwerburgh präsentierte, gehören Daten, die darauf hindeuten, dass die Büronutzung, Mieteinnahmen und die Zahl der neu abgeschlossenen Mietverträge immer noch weit unter dem Niveau vor der Pandemie liegen. Die Leerstandsquoten befinden sich sogar auf dem höchsten Stand seit etwa 40 Jahren.
Dieser Einbruch ist ein beispielloses Ereignis, das vergleichbar mit den Schwierigkeiten in den frühen 1980er Jahren ist. Die Aussichten sind düster: Van Nieuwerburgh schätzt, dass Büros minderer Qualität im Laufe der Zeit um bis zu 45 % an Wert verlieren könnten und der gesamte Bürosektor einen Verlust von erstaunlichen 500 Milliarden US-Dollar erleiden könnte.
Doch die Bedrohung beschränkt sich nicht nur auf den Immobiliensektor. Die Auswirkungen könnten sich in einem gefährlichen Dominoeffekt auf andere Branchen ausdehnen. Unter anderem haben Pensionsfonds, Real Estate Investment Trusts (REITS) und andere Entitäten erhebliche Investitionen im Wohnungsbau und insbesondere im Bürosegment getätigt. Ein Wertverlust in diesem Ausmaß würde einen großen Teil der amerikanischen Bevölkerung direkt betreffen.
Auch Regionalbanken sind seiner Meinung nach weiter in großer Gefahr. Da sie wichtige Finanzierungsquellen für den Wohnungsbau sind, könnten sie mit ähnlichen Problemen konfrontiert sein, die bereits die Silicon Valley Bank (OTC:SIVBQ) und die Signature Bank (OTC:SBNY) zu Jahresbeginn erschüttert haben.
Van Nieuwerburgh warnt vor einer Ansteckungsgefahr und weist darauf hin, dass die Bankenkrise noch nicht vorüber ist. Insbesondere kleine Banken könnten bei Verlusten in ihren Verbraucherkreditportfolios gezwungen sein, Kredite an kleine Unternehmen einzuschränken, was das Wirtschaftswachstum weiter hemmen würde.
Der pessimistischste Fall wäre "ein ernsthaftes Ereignis" mit schwerwiegenden Konsequenzen, warnt er. Doch selbst im wahrscheinlichsten Szenario handelt es sich um "einen schleichenden Brand, eine langsame Zugkollision, bei der Banken über Jahre hinweg Rückstellungen bilden oder Verluste hinnehmen müssen".
"Das wird die Wirtschaft nicht unterstützen, sondern zu einer bescheidenen Kreditklemme führen", warnt Van Nieuwerburgh.
Die Zeiten sind herausfordernd und die Auswirkungen sind noch nicht vollständig absehbar. Gewerbeimmobilien und der Bankensektor stehen vor einer ungewissen Zukunft. Nur die Zeit wird zeigen, wie sich diese Krise entwickelt und ob die US-Wirtschaft in der Lage sein wird, den urbanen Teufelskreis zu durchbrechen und sich zu erholen.