(neu: Aussagen aus Online-Pressekonferenz zu Lieferkettenproblemen, Wasserstoff-Flugzeug, aktualisierte Aktienreaktion)
TOULOUSE (dpa-AFX) - Dem weltgrößten Flugzeugbauer Airbus (PA:AIR) ist ausgerechnet im zweiten Corona-Jahr 2021 der höchste Gewinn seiner Geschichte gelungen. Dank gestiegener Flugzeug-Auslieferungen, Einsparungen und positiver Sondereffekte übertraf der Überschuss mit 4,2 Milliarden Euro den bisherigen Rekordgewinn von 2018, wie der Dax-Konzern am Donnerstag im französischen Toulouse mitteilte. Im laufenden Jahr will Airbus-Chef Guillaume Faury die in der Krise gedrosselte Flugzeugproduktion wieder ein gutes Stück hochfahren. Der Gewinn im Tagesgeschäft soll weiter steigen. Doch Analysten hatten für 2022 noch mehr erwartet.
An Börse kamen die Neuigkeiten nur vorübergehend gut an. Nach einem morgendlichen Kurssprung von zwei Prozent ging es für die Airbus-Aktie abwärts. Um die Mittagszeit lag ihr Kurs mit rund einem halben Prozent im Minus bei 117,24 Euro. Seit dem Jahreswechsel hat das Papier damit gegen den Trend rund fünf Prozent gewonnen und sein Corona-Tief von weniger als 50 Euro längst hinter sich gelassen. Das Rekordhoch von 139,40 Euro aus der Zeit kurz vor der Pandemie ist aber immer noch ein Stück entfernt.
Mit seinen Jahreszahlen übertraf Airbus durchweg die Ziele des Managements und die Erwartungen von Branchenexperten. So lieferte der Hersteller nach dem herben Geschäftseinbruch im ersten Corona-Jahr nun 611 Verkehrsflugzeuge aus, 45 mehr als 2020. Der Umsatz wuchs um vier Prozent auf 52,1 Milliarden Euro. Der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Sondereffekten (bereinigtes Ebit) verdreifachte sich nahezu auf knapp 4,9 Milliarden Euro.
Während das krisengebeutelte Geschäft mit Passagierflugzeugen deutlich mehr Gewinn einbrachte, lieferten auch die Hubschraubersparte und die Rüstungs- und Raumfahrtsparte bessere Ergebnisse ab. Zum Vergleich: Airbus' wichtigster Rivale Boeing (NYSE:BA) schrieb 2021 das dritte Jahr in Folge tiefrote Zahlen, zuletzt wegen teurer Produktionsprobleme beim Langstreckenjet 787 "Dreamliner".
Der Airbus-Konzern verdankt seinen hohen Nettogewinn indes nicht nur den Verbesserungen im Tagesgeschäft. Neben dem lukrativen Verkauf eines Standorts in Frankreich nahm Airbus einen Teil der Abschreibungen für das Produktionsende des Riesenfliegers A380 zurück. Denn der Hersteller kann einen Teil der A380-Werke für den Produktionsausbau bei den Mittelstreckenjets nutzen. Zudem löste Airbus Rückstellungen für den Abbau tausender Arbeitsplätze teilweise auf. Solche Sonderfaktoren herausgerechnet, hätte der Überschuss etwa 3,4 Milliarden Euro betragen, erklärte Finanzchef Dominik Asam in einer Konferenz mit Analysten.
In den Jahren 2019 und 2020 hatte Airbus Milliardenverluste eingefahren - erst aufgrund einer Strafe wegen Korruptionsvorwürfen, dann wegen der Corona-Krise und des Stellenabbaus. Angesichts des jüngsten Milliardengewinns sollen die Anteilseigner nach zwei Nullrunden wieder eine Dividende erhalten. Mit 1,50 Euro je Aktie fällt der Dividendenvorschlag dabei höher aus als am Markt erwartet.
Jetzt will die Airbus-Führung Flugzeugproduktion wieder ausweiten. Vor allem die Mittelstreckenjets aus der Modellfamilie A320neo sind stark gefragt. Insgesamt plant Airbus in diesem Jahr die Auslieferung von rund 720 Verkehrsflugzeugen, gut 100 mehr als im vergangenen Jahr. Bis zum Rekordniveau von 863 ausgelieferten Maschinen aus dem Jahr 2019 fehlt aber noch ein gutes Stück.
Faury sprach dennoch von einem recht einzigartigen Ausbautempo. Das Umfeld sei komplex. Man sehe Schwierigkeiten bei der Versorgung mit Rohmaterial, in der Logistik und beim Wiederanheuern von Arbeitskräften. Zwar erlebe Airbus in seinen Lieferketten bisher keine Unterbrechungen im eigentlichen Sinne. Dies sei aber kein Selbstläufer. "Wir arbeiten eng mit unseren Zulieferern zusammen und lösen Probleme, bevor sie auftreten", sagte der Manager.
Nach dem Willen des Vorstands soll der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Sondereffekten (bereinigtes Ebit) im laufenden Jahr 5,5 Milliarden Euro erreichen - das wären rund 600 Millionen mehr als im vergangenen Jahr. Analysten hatten sich aber im Schnitt noch mehr ausgerechnet. Beim freien Mittelzufluss peilt das Management vor Fusionen, Übernahmen und Kundenfinanzierungen rund 3,5 Milliarden Euro an. Diesen Wert hat der Konzern überraschend schon 2021 erreicht.
Der Konzern braucht das Geld, um in seine langfristigen Projekte zu investieren. Dabei geht es vor allem um das erste Passagierflugzeug mit Wasserstoffantrieb, das der Hersteller bis zum Jahr 2035 an den Start bringen will. Ob der Konzern womöglich selbst Elektromotoren für das Flugzeug bauen wird, ließ der Manager offen. Grundsätzlich sei dies aber denkbar. Die Triebwerke der herkömmlichen Airbus-Flugzeuge stammen von Herstellern wie Pratt & Whitney , MTU , Safran (PA:SAF) , General Electric (NYSE:GE) und Rolls-Royce .
Derweil weitet der Konzern die Produktion der Mittelstreckenjets der A320neo-Familie kräftig aus. Sie soll vom krisenbedingt gedrosselten Niveau von zuletzt etwa 45 Maschinen pro Monat bis Mitte 2023 auf monatlich 65 Stück wachsen. Das wäre mehr als vor der Pandemie. Bis zum Jahr 2025 erwägt das Management eine weitere Steigerung der Monatsproduktion auf bis zu 75 Maschinen. Eine Entscheidung dazu will Faury bis Mitte dieses Jahres treffen. Denn die Zulieferer verlangen für einen solchen Schritt einiges an Vorlaufzeit.