BERLIN (dpa-AFX) - Vermögende Aktionäre haben es künftig schwerer, nach einem Umzug ins Ausland den aus Firmenbeteiligungen stammenden Milliardenbesitz am deutschen Fiskus vorbei zu ordnen. Eine entsprechende Gesetzesänderung billigte am Mittwoch der Finanzausschuss des Bundestages. Damit sollen Strategien zur steuerfreien Verlagerung großer Vermögen durchkreuzt werden. Die Pläne sind Teil eines Steuergesetzes zum EU-Beitritt Kroatiens sowie anderer Steuerfragen und greifen eine Prüfbitte der Länder auf.
Es geht um Steuergestaltungen im Zusammenhang mit in einer GmbH gebündelten Firmenbeteiligungen und Umstrukturierungen für Erben. Bei einem Umzug greift eine "Wegzugbesteuerung", die sich auf die in den Anteilen der GmbH enthaltenen stillen Reserven bezieht. Es gibt aber prominente Fälle, in denen der Fiskus nach Verlagerung des Hauptwohnsitzes sein Besteuerungsrecht einige Jahre nur gestundet hat. Die "Wegzugsteuer" wird erst fällig, wenn die Anteile verkauft oder auf eine Stiftung übertragen werden.
Mit Konstrukten soll die "Entstrickungsbesteuerung" umgangen werden. Diese sieht bei Wegzug und Vermögensverlagerung ins Ausland eine Nachversteuerung von Erträgen in Vermögenswerten vor. Um Steuern zu vermeiden, wird nach Angaben aus der Koalition Privatvermögen vor dem Wegzug in das Betriebsvermögen einer Personengesellschaft eingebracht. Nach dem Wegzug werde die Rechtsform mehrfach umgewandelt. Diese Lücke solle nun geschlossen werden.
Gesellschaftsrechtliche Umwandlungen von Unternehmen würden bei im Ausland ansässigen Anteilseignern nicht mehr ohne Aufdeckung und Besteuerung der noch unbelasteten Erträge zugelassen, heißt es. Es soll sichergestellt werden, dass der Besteuerungsaufschub nicht zum endgültigen Verzicht wird. "Die Änderung dient (...) der Vermeidung von Steuerausfällen, die sich sonst im Zeitpunkt der Veräußerung oder Entnahme übertragener oder überführter Wirtschaftsgüter oder Anteile ergeben würden", heißt es zur Begründung. "Solche Steuerausfälle können in Milliardenhöhe liegen."
Mit dem Gesetzpaket geht ein Sammelsurium anderer Steueränderungen einher. Es kommt daher durchaus einem "kleinen" Jahressteuergesetz gleich, mit dem Koalitionsbeschlüsse, Anpassungen und EU-Vorgaben umgesetzt werden. So wird der ermäßigte Mehrwertsteuersatz für Hörbücher eingeführt. Auch sollen Risikoleistungen aus nach 2005 abgeschlossenen Lebensversicherungen, die zuvor von Investoren auf einem Zweitmarkt aufgekauft wurden, besteuert werden. Hintergrund ist, dass Fonds in "gebrauchte" Lebensversicherungen investieren.
Sie steigen vor allem in Risiko-Lebensversicherungen ein, indem sie Policen stornowilliger Versicherungsnehmer erwerben, die Prämien bis zum Versicherungsanfall weiter entrichten und anschließend Leistungen der Versicherung an die Anleger als Erträge ausschütten. Derzeit ist die Leistung einer Risikoversicherung im Todesfall nicht steuerpflichtig. Mit dem Tod der versicherten Person erzielt der Erwerber einen Gewinn. Mit der Änderung beim Zweiterwerb von Lebenspolicen soll gesichert werden, dass der Ertrag besteuert wird.
Neu geregelt wird auch die Steuerschuldnerschaft für Bau- und Gebäudereinigungsleistungen. Auf Antrag der Länder soll mit Hilfe der Aufnahme der Steuerschuldnerschaft des Bau-Leistungsempfängers zur alten, vom Bundesfinanzhof 2013 verworfenen Rechtslage zurückgekehrt werden. Dies galt als nicht praxisgerecht handhabbar.
Schließlich werden EU-Vorgaben für "Mini-one-stop-shops" bei der Umsatzsteuer auf den Weg gebracht, die ab 2015 gelten. Mit diesen kleinen Anlaufstellen soll das Besteuerungsverfahren bei IT-Dienstleistungen erleichtert werden.gf