(neu: Telefonkonferenz, mehr Details, Analyst und Aktienkurs)
MANNHEIM (dpa-AFX) - Zwei Gewinnwarnungen innerhalb kurzer Zeit hatten es erwarten lassen: Nach dem Rücktritt von Bilfinger-Chef F:GBF Roland Koch hat der Bau- und Dienstleistungskonzern eine schwache Halbjahresbilanz präsentiert. Der neue Vorstandsvorsitzende, Kochs Vorgänger im Amt Herbert Bodner, soll das Unternehmen nun wieder in ruhiges Fahrwasser führen. Er übernimmt den Chefposten übergangsweise und dürfte zunächst die Problemsparten rund um Kraftwerke und Industrieanlagen genau unter die Lupe nehmen, erklärte Finanzchef Joachim Müller am Montag bei einer Telefonkonferenz. Die bereits von ihm eingeleitete Strategie zur schrittweisen Verringerung des Baugeschäfts und der Stärkung der Dienstleistungen sei richtig.
Derzeit schwächelt das Industrie- und das Kraftwerksgeschäft in Europa gleichzeitig. In den USA sei die Nachfrage wegen des Schiefergas-Booms zwar weiter hoch. Doch in Europa steckten die Öl- und Gaskonzerne weniger Geld in Investitionen und Wartung. Zudem schlage die Energiewende in Deutschland im Kraftwerksgeschäft durch. Neue Kraftwerke werden kaum noch gebaut.
Mit einem Sparkurs samt Stellenabbau steuert der Konzern gegen. Wegen der schlechteren Auftragslage kürzt der Konzern seine Kapazitäten und streicht bis zum Jahresende im Spezialrohrbau rund 300 Stellen. Auch das bereits laufende große Sparpaket wird beschleunigt. Dadurch sollen wie bereits bekannt 2014 und 2015 weltweit zusätzlich rund 1250 Stellen in der Verwaltung wegfallen. Alles in allem arbeiten rund 70 000 Mitarbeiter für den Konzern, der vor allem Geld mit Dienstleistungen rund um Kraftwerke, Industrieanlagen und Gebäude verdient.
Koch hatte vor einer Woche überraschend seinen Rücktritt als Vorstandschef bei Bilfinger angekündigt. Als Grund nannte Hessens ehemaliger Ministerpräsident die zwei Gewinnwarnungen und Differenzen mit dem Aufsichtsrat. Der Chef des Aufsichtsgremiums, Bernhard Walter, verwies unterdessen nur auf das mehrfache Verfehlen interner Gewinnziele. Dadurch sei das Vertrauen zerstört worden. An der Strategie solle festgehalten werden, erklärte er in der vergangenen Woche.
Inzwischen führt Kochs Vorgänger Bodner wieder die Geschäfte. Die neue Führung braucht aus Sicht von DZ-Bank-Analyst Jasko Terzic aber Zeit, um das verlorene Vertrauen wieder zurückzugewinnen. Am Finanzmarkt zogen Bilfinger-Aktien gegen Mittag nach den scharfen Verlusten in der Vorwoche um 4,20 Prozent auf 54,85 Euro an. Im Zuge der zwei Gewinnwarnungen waren die Aktien zuvor in der Spitze um 44 Prozent im Vergleich zum erst im April erreichten Rekordhoch von mehr als 90 Euro eingebrochen.
Ein maues Kraftwerksgeschäft und die Zurückhaltung der Industriekunden drückten den Gewinn im ersten Halbjahr deutlich. Die Schwäche bei Kraftwerken und Industrieanlagen schlägt auch beim Auftragseingang durch. Dieser ging um sechs Prozent zurück. Der Auftragsbestand verringerte sich um zwei Prozent. Insbesondere im Industriegeschäft sackten laut Finanzchef Joachim Müller die Aufträge weg. Das zweite Halbjahr dürfte insgesamt aber erheblich stärker werden. Das Kraftwerksgeschäft dürfte aber schwierig bleiben. Die vor einer Woche zum zweiten Mal in Folge gekappten Prognosen für das laufende Jahr bestätigte der Konzern.
Im ersten Halbjahr blieb die Leistung mit 3,63 Milliarden Euro stabil, während der operative Gewinn vor Zinsen, Steuern und Firmenwertabschreibungen (Ebita) im fortgeführten Geschäft um 47 Prozent auf 80 Millionen Euro einbrach. Der Gewinn sank Dank eines verbesserten Finanzergebnisses nur um 19 Prozent auf 55 Millionen Euro. Dabei ist auch das zum Verkauf gestellte Tiefbaugeschäft enthalten. Es gibt laut Bilfinger dafür zahlreiche Interessenten, aber noch keinen Käufer.ne/zb