(neu: Zitat BdB)
FRANKFURT (dpa-AFX) - Die neue zentrale Bankenaufsicht in der Eurozone wird nach Schätzungen der Europäischen Zentralbank (EZB) rund 260 Millionen Euro pro Jahr kosten. Bezahlen sollen dafür laut einem am Dienstag in Frankfurt von der EZB vorgestellten Entwurf alle Kreditinstitute abhängig von ihrer Größe und Bedeutung. Die Spannbreite werde zwischen 2000 Euro für die kleinsten Banken und etwa 15 Millionen Euro für die größten Geldhäuser liegen. Die EZB soll am 4. November die Oberaufsicht über die Banken der Eurozone übernehmen. Die bis dahin anfallenden Kosten trägt die EZB selbst. Dazu zählen auch die Ausgaben für den laufenden Gesundheitscheck der größten Institute in Europa.
Die EZB betonte, dass es sich bei den Budgetplanungen für die Aufsicht zunächst nur um eine bestmögliche Schätzung handele. Dabei geht sie davon aus, dass rund 60 Prozent der 260 Millionen Euro für Personal anfallen werden. Für operative Kosten wie Reisen, IT und externe Beratungen veranschlagt die Behörde 30 Prozent des Etats. Der Rest ist für die Kosten der Büroräume in Frankfurt vorgesehen. Rund 800 Experten bei der EZB sollen künftig die Banken beaufsichtigen. Die Kontrolle über den Etat für die Bankenaufsicht haben das Europäische Parlament und der Rat.
Die meisten der rund 130 größten und wichtigsten Banken der Eurozone, die direkt unter der täglichen Aufsicht der EZB stehen werden, sollen dem Entwurf zufolge zwischen 700 000 und 2 Millionen Euro zahlen. Auch die übrigen rund 5800 Institute - darunter die meisten Sparkassen und Genossenschaftsbanken in Deutschland - werden zur Kasse gebeten, wenn auch mit deutlichen Abstrichen. Das Gros von ihnen werde zwischen 2000 und 7000 Euro zahlen müssen.
Die tägliche Aufsicht über die Geschäfte der kleinen Institute werden weiter die nationalen Behörden haben, allerdings wird die EZB auch über diese Institute die Oberaufsicht bekommen. Deshalb sollen auch die kleineren Institute etwas für die Verwaltung der EZB-Bankenaufsicht zahlen müssen. Die Banken klagen seit langem über die steigenden Kosten durch die neuen Regeln auf dem Finanzmarkt.
Die Sparkassen legten sofort Widerspruch gegen die neuen Gebühren ein. "Die heute vorgestellten Entwürfe zur Verteilung der durch die EZB bei ihrer Aufsichtstätigkeit entstehenden Kosten geben ein falsches Signal und sind ein weiterer Schritt hin zur Vollkasko-Mentalität für international tätige Großbanken", sagte der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes, Georg Fahrenschon. Er verwies darauf, dass die EZB direkt nur für die Großbanken zuständig sei. "In der Arbeit für diese Institute entstehen die Kosten, die konsequenterweise auch durch diese Institute zu tragen sind. Wir sprechen uns daher für die strikte Einhaltung des Verursacherprinzips aus."
Zustimmung kam dagegen von den Privatbanken. "Gute Aufsicht kostet gutes Geld", sagte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes deutscher Banken, Michael Kemmer. Sein Verband vertritt unter anderem die Deutsche Bank und die Commerzbank. "Es ist gut und richtig, dass alle Kreditinstitute der Eurozone eine Aufsichtsgebühr an die EZB zu entrichten haben, da die EZB auch die Verantwortung für alle Institute tragen wird."
Die EZB verteidigte ihre Pläne. Wichtigstes Ziel sei es, durch die gemeinsame Aufsicht neues Vertrauen in den Bankensektor zu schaffen, sagte der für das Budget zuständige EZB-Direktor Steven Keuning. Davon würden alle Institute profitieren. Sie könnten sich dann billiger Geld besorgen und so ihre Finanzierungskosten senken. "Es kann also gut sein, dass die Vorteile die Kosten übersteigen."
Die Gebühren für die Bankenaufsicht sind gering verglichen mit den Ausgaben für den geplanten Abwicklungsfonds, in den die Banken von 2016 bis 2024 insgesamt 55 Milliarden Euro einzahlen sollen. Um diesen tobt ein heftiger Streit. Insbesondere Sparkassen und Volksbanken in Deutschland fordern einen kräftigen Rabatt und argumentieren mit ihrem risikoarmen Geschäftsmodell. Der Abwicklungsfonds ist neben der Bankenaufsicht ein zentraler Baustein der europäischen Bankenunion. Ziel ist unter anderem, dass Steuerzahler nicht mehr für Bankpleiten haften müssen - oder zumindest nur dann, wenn es keine andere Möglichkeit mehr gibt. Dagegen sollen Gläubiger und Eigentümer der Banken von 2016 an stärker in die Pflicht genommen werden.
Mit der Vorlage des Gebührenentwurfs für die Bankenaufsicht beginnt nun ein Beratungsprozess, der bis zum 11. Juli läuft. Unter anderem ist am 24. Juni eine öffentliche Anhörung geplant. Danach will die EZB die Reaktionen in die endgültige Gebührenordnung einarbeiten, die am 4. November mit dem Start der Bankenaufsicht in Kraft treten soll.tb/he