(neu: Gläubigerversammlung dauert an)
HAMBURG (dpa-AFX) - Niederlage für Ex-Prokon-Chef Carsten Rodbertus: Bei einer der größten Gläubigerversammlungen der deutschen Wirtschaftsgeschichte wurde rund 15 000 Genussrechtsinhabern der Windenergie-Firma ihr Stimmrecht versagt. Sie hatten es zuvor per Vollmacht an eine von Rodbertus unterstützte Arbeitsgemeinschaft übertragen. Diese Vollmachten seien ungültig, teilte die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) am Dienstag aus der Versammlung mit. Auch Anleger-Anwälte bestätigten dies. Das Gericht wollte sich erst nach Ende der Veranstaltung in Hamburg äußern. Das Gläubigertreffen dauerte am Nachmittag an.
Zu der Veranstaltung waren mehr als 5000 Gläubiger gekommen. Bei der überschuldeten und zahlungsunfähigen Firma hatten rund 75 000 Anleger 1,4 Milliarden Euro angelegt. Insgesamt sollen rund 826 Millionen Euro Kapital bei dem Treffen vertreten gewesen sein. Ein Großteil hatte seine Stimmen an Anlegerschützer und Rechtsanwälte abgetreten. Die DSW und andere Anlegervertreter wie die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) hatten beim Amtsgericht Itzehoe Anträge gestellt, dass die umstrittenen Stimmrechte annulliert würden.
Der Konflikt drehte sich nach DSW-Angaben um Vollmachten, die einem Vertrauten des Ex-Prokon-Chefs Carsten Rodbertus erteilt worden waren. Die Anlegerschützer erachteten es für unrechtmäßig, dass diese Stimmrechte von dem Rodbertus-Vertrauten eingesammelt wurden. Für den Ex-Chef habe sich dadurch ein nicht zulässiger Interessenkonflikt als Geschäftsführungsorgan und Vertreter von Genussrechten ergeben.
Nun seien die Träume des ehemaligen Prokon-Geschäftsführers beendet, wieder die Macht bei dem insolventen Windkraftanlagenbetreiber zu übernehmen, teilte DSW-Vizepräsident Klaus Nieding mit.
Seit Wochen liegt Firmengründer Rodbertus im Streit mit Insolvenzverwalter Dietmar Penzlin. Der wollte den Gläubigern am Dienstag sein vorläufiges Sanierungskonzept vorstellen. Sie sollten es am Ende absegnen. Die Gläubiger dürften trotz der geplanten Firmensanierung einen Großteil ihres Kapitals verlieren.
Penzlin will das Kerngeschäft des Windparkbetreibers und 300 Arbeitsplätze von ehemals 450 erhalten. Nicht zum Kern gehörende Firmenteile (Ölmühle, Holzindustrie) sollen verkauft und damit Forderungen abgelöst werden. Dagegen wollte Rodbertus das Unternehmen als Ganzes erhalten. Mit einer Arbeitsgemeinschaft setzt er sich für eine "lebenswerte Zukunft von Prokon" ein.
Der Insolvenzverwalter hatte Rodbertus als Chef der Prokon Regenerative Energien GmbH Ende April fristlos entlassen. Er hielt ihm Pflichtwidrigkeiten und mangelnde Geschäftsführung vor. Anerkannte Jahresabschlüsse für 2012 und 2013 konnten noch nicht vorgelegt werden. Die Staatsanwaltschaft Lübeck ermittelt gegen Rodbertus unter anderem wegen Insolvenzverschleppung.
In finanzielle Schieflage kam das Unternehmen, als etliche Gläubiger ihre Genussrechte kündigten und ihr Geld zurück haben wollten. Insgesamt lag die Summe der gekündigten Genussrechte bei rund 400 Millionen Euro, das Unternehmen konnte dieses Geld aber nicht aufbringen.P/jha