ESSEN (dpa-AFX) - Angesichts eines schwächeren Finanzergebnisses hat der Energieversorger Eon (ETR:EONGn) im zweiten Quartal deutlich weniger verdient als ein Jahr zuvor. Auf die Aktionäre entfielen in den drei Monaten bis Ende Juni 1,16 Milliarden Euro Gewinn und damit 19 Prozent weniger, teilte der Konzern am Mittwoch in Essen mit. Das lag unter anderem an einem negativen Zinsergebnis, das im Vorjahr auch dank eines Bewertungseffekts deutlich positiv ausgefallen war. Zudem musste Eon diesmal Steuern zahlen, nachdem es ein Jahr zuvor eine Gutschrift gegeben hatte. Im Tagesgeschäft lief es aber, wie bereits bekannt, deutlich besser und auch die geplanten Investitionen nehmen Fahrt auf. Die Aktie gab in einem freundlichen Markt nach.
Am späten Vormittag stand das Eon-Papier 1,5 Prozent im Minus bei 10,94 Euro und fiel damit wie zeitweise bereits in der vergangenen Woche unter die Marke von 11 Euro, die sich in den vergangenen Monaten oft als Stütze erwiesen hatte. Seit Jahresbeginn verbuchen Anleger ein Plus von gut 17 Prozent für den Dax -Wert.
Eon hatte Ende Juli bereits vorläufige Halbjahreszahlen vorgelegt, diese wurden nun ebenso bestätigt wie die vor zwei Wochen nach oben geschraubte Jahresprognose. Zu den höheren Zielen zählt auch eine größere Investitionssumme: 2023 will 5,8 Milliarden Euro in die Hand nehmen und damit eine Milliarde mehr als zuvor avisiert. Im ersten Quartal wurde eine Milliarde investiert, in den ersten sechs Monaten 2,4 Milliarden Euro und damit über ein Drittel mehr als ein Jahr zuvor.
Der Energieversorger Eon dürfte nach Einschätzung seines Finanzvorstands Marc Spieker angesichts der erforderlichen Investitionen von der Energiewende profitieren. "Wir schauen auf mindestens ein Wachstumsjahrzehnt", sagte der Manager der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX und der Deutschen Presse-Agentur. In diesem Zeitraum müsse der Ausbau der Energieinfrastruktur massiv beschleunigt werden. Spieker berichtete von ermutigenden Signalen internationaler Investoren, sieht für eine attraktive Verzinsung aber die Regulatoren in der Pflicht.
Eon befinde sich in einer besonderen Rolle, sagte Spieker. Das Energienetz des Konzerns habe eine zentrale Bedeutung, um die Energiewende in Deutschland zu schaffen. So bekäme Eon einerseits "unglaublich viel Rückenwind", gleichzeitig seien hohe Investitionen nötig. Denn einen günstigen Ausweg, nochmal an billige Energie zu kommen wie russisches Importgas, wird es Spiekers Einschätzung zufolge nicht geben. "Es gibt jetzt nur eine Antwort: Investieren, investieren, investieren."
Im Tagesgeschäft profitierte Eon unterdessen in den vergangenen Monaten davon, Energie günstiger eingekauft zu haben, als der Versorger (NYSE:XLU) sie an seine Kunden verkaufte. Entsprechend gut lief es im traditionell kleineren Geschäftsbereichs des Vertriebs, dessen Ergebnisbeitrag im zweiten Quartal fast die Hälfte des operativen Gewinns ausmachte. Zweites Segment des Konzerns ist der Betrieb der Verteilernetze. Insgesamt verdiente Eon bereinigt um Sondereffekte im zweiten Quartal mit fast 3 Milliarden Euro rund 50 Prozent mehr als ein Jahr zuvor.
In das zweite Quartal fielen bei Eon dieses Jahr auch die letzten Betriebsstunden des Kernkraftwerks Isar 2. Es wurde am 15. April stillgelegt. Die Reststrommengen schrieb Eon nun ab.
Das Zahlenwerk habe keine Überraschungen enthalten, notierte Jefferies-Analyst Ahmed Farman. Lediglich Eons Nettoverschuldung liege mit 37 Milliarden Euro über der Konsensschätzung für das Gesamtjahr von 35,4 Milliarden. Die Erhöhung im Vergleich zu 32,7 Milliarden Euro zum Jahresende 2022 ist auf Dividendenzahlungen und ein erhöhtes Betriebskapital zurückzuführen. Farman rechnet nicht damit, dass sich an der Verschuldung im zweiten Halbjahr wesentlich etwas ändert.