Sichern Sie sich 40% Rabatt
⚠ Aufgepasst! Die Berichtssaison ist da und wir haben die Aktien, die gerade abheben!
+19,7% seit Jahresstart - steig ein für den ultimativen Höhenflug!
Liste freischalten

ROUNDUP: Expertenbefragung stellt Entscheidung für Nord Stream 2 infrage

Veröffentlicht am 10.03.2023, 17:22
Aktualisiert 10.03.2023, 17:30
© Reuters

SCHWERIN (dpa-AFX) - Mit der Befragung der Energieökonomin Claudia Kemfert und des Unternehmensberaters Friedbert Pflüger hat der Untersuchungsausschuss zur Klimastiftung MV hinterfragt, wie es zur Entscheidung für den Bau der Pipeline Nord Stream 2 kam. Einigkeit herrschte dabei am Freitag in der Sache nur an wenigen Punkten. Beide Sachverständige versuchten im Schweriner Landtag darzulegen, wie sich das Für und Wider der Pipeline im Jahr 2015 dargestellt habe.

Kemfert zeigte sich sicher: Auch ohne den Bau der Pipeline habe keine Lücke bei der Erdgas-Verfügbarkeit in Europa bestanden, so die Wissenschaftlerin des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Pflüger dagegen sagte, Erdgas-Projekte wie Nord Stream 2 seien aus damaliger Sicht notwendig an. 2015 habe ein EU-Szenario eine nahezu gleichbleibende Gasnachfrage prognostiziert, etwa zeitgleich sei aber eine sinkende Produktion in Europa absehbar gewesen. Eine Importlücke von 70 bis 100 Milliarden Kubikmetern Gas sei etwa für das Jahr 2020 erwartet worden.

Die DIW-Expertin verwies hingegen sowohl auf eine Unterauslastung bestehender Flüssigerdgas-Terminals (LNG) von nur rund 25 Prozent als auch auf freie Kapazitäten der Gas-Transit-Leitung aus Russland durch die Ukraine.

Aus Sicht von Kemfert wurde der Bau der Pipeline von Russland nicht aus ökonomischen, sondern aus geostrategischen Beweggründen vorangetrieben. Es habe eine Infrastruktur geschaffen werden sollen, um den Transit von russischem Erdgas durch die Ukraine zu umgehen. Wirtschaftlich war das aus Sicht der Forscherin aber nicht.

Den Kosten für den Bau der Pipeline von 17 Milliarden US-Dollar hätten angenommene Ersparnisse an Durchleitungsgebühren von 700 Millionen Euro jährlich gegenüber gestanden. Kemfert bezog sich sowohl auf Erkenntnisse einer norwegischen Forschungsgruppe als auch auf eine Analyse der russischen Sberbank (MCX:SBER), wonach das Projekt aus russischer Sicht unrentabel war.

Dass Russland geostrategische Gründe bewogen hätten, die Pipeline Nord Stream 2 zu unterstützten, schließt Pflüger nicht aus. Trotzdem sei aus der Perspektive des Jahres 2015 nicht absehbar gewesen, dass Russland als zuverlässiger Lieferant ausfallen würde. Dass Gazprom (MCX:GAZP) Geld in ein nicht wirtschaftliches Projekt gesteckt hätte, hielt Pflüger nicht für wahrscheinlich. Die jährliche Ersparnis aus wegfallenden Transitgebühren in der Ukraine bezifferte er auf 2 Milliarden Euro. Zudem hätte laut Pflüger das ukrainische Netz zur Nutzung der freien Kapazitäten ertüchtigt werden müssen, dies wäre aus seiner Sicht teurer gewesen als der Neubau in der Ostsee.

Der Unternehmensberater betonte am Freitag mehrfach, dass man sich in die damalige Perspektive hineinversetzen müsse und nicht mit dem Wissen von heute urteilen sollte. Auch er habe sich damals bereits dafür eingesetzt, alternative Lieferanten zu Russland zu finden, es habe aber keine wettbewerbsfähigen gegeben.

Wegen einer hohen Nachfrage in Asien sei beispielsweise Flüssigerdgas (LNG) aus den USA deutlich teurer gewesen als russisches Pipeline-Gas. Pflüger, Aufsichtsratsvorsitzender des Branchenverbands "Zukunft Gas", sagte, er habe sich für ein LNG-Termin in Deutschland eingesetzt, jedoch habe kein Investor damals aus Kostengründen langfristig Kapazitäten buchen wollen.

Die Energieökonomin Kemfert warnte aus klimapolitischer Hinsicht vor drohenden klimatischen Kipppunkten im nächsten Jahrzehnt. Die klimaschädliche Wirkung von Erdgas, das größtenteils aus Methan bestehe, sei lange deutlich unterschätzt worden. Seit spätestens 2016 habe es jedoch robuste wissenschaftliche Erkenntnisse dazu gegeben. Der Neubau von Gasinfrastruktur sei nicht mit den Klimazielen vereinbar, dies binde langfristig an die Nutzung der entsprechenden Technologie.

In Bezug auf die Energiewende stellte Pflüger infrage, ob der Ausbau der erneuerbaren Energien mit dem steigenden Stromverbrauch etwa durch E-Mobilität oder Wärmepumpen mithalten könne. Seiner Ansicht nach brauche es auch hier weiter Gas zur Stromerzeugung.

Während die Grünen in der Befragung die Legitimation Pflügers als Sachverständiger anzweifelten, warf die SPD Kemfert vor, sich konsequent verweigert zu haben. Der Obmann der Sozialdemokraten, Thomas Krüger, bezeichnete es als befremdlich, wenn "meist nur einsilbig oder mit nichtssagenden Floskeln" geantwortet werde.

Er warf Kemfert vor, dass ihr wissenschaftliches Plädoyer für erneuerbare Energien den konkreten Herausforderungen im Jahr 2015 nicht gerecht geworden wäre. Die CDU nahm Kemfert gegen diese Kritik in Schutz: "Politik mag Machtkriterien folgen, Wissenschaft folgt der Unterscheidung von Wahrheit und Unwahrheit", sagte deren Obmann Sebastian Ehlers.

Aktuelle Kommentare

Installieren Sie unsere App
Risikohinweis: Beim Handel mit Finanzinstrumenten und/oder Kryptowährungen bestehen erhebliche Risiken, die zum vollständigen oder teilweisen Verlust Ihres investierten Kapitals führen können. Die Kurse von Kryptowährungen unterliegen extremen Schwankungen und können durch externe Einflüsse wie finanzielle, regulatorische oder politische Ereignisse beeinflusst werden. Durch den Einsatz von Margin-Trading wird das finanzielle Risiko erhöht.
Vor Beginn des Handels mit Finanzinstrumenten und/oder Kryptowährungen ist es wichtig, die damit verbundenen Risiken vollständig zu verstehen. Es wird empfohlen, sich gegebenenfalls von einer unabhängigen und sachkundigen Person oder Institution beraten zu lassen.
Fusion Media weist darauf hin, dass die auf dieser Website bereitgestellten Kurse und Daten möglicherweise nicht in Echtzeit oder vollständig genau sind. Diese Informationen werden nicht unbedingt von Börsen, sondern von Market Makern zur Verfügung gestellt, was bedeutet, dass sie indikativ und nicht für Handelszwecke geeignet sein können. Fusion Media und andere Datenanbieter übernehmen daher keine Verantwortung für Handelsverluste, die durch die Verwendung dieser Daten entstehen können.
Die Nutzung, Speicherung, Vervielfältigung, Anzeige, Änderung, Übertragung oder Verbreitung der auf dieser Website enthaltenen Daten ohne vorherige schriftliche Zustimmung von Fusion Media und/oder des Datenproviders ist untersagt. Alle Rechte am geistigen Eigentum liegen bei den Anbietern und/oder der Börse, die die Daten auf dieser Website bereitstellen.
Fusion Media kann von Werbetreibenden auf der Website aufgrund Ihrer Interaktion mit Anzeigen oder Werbetreibenden vergütet werden.
Im Falle von Auslegungsunterschieden zwischen der englischen und der deutschen Version dieser Vereinbarung ist die englische Version maßgeblich.
© 2007-2024 - Fusion Media Limited. Alle Rechte vorbehalten.