DÜSSELDORF (dpa-AFX) - Der frühere WestLB-Chef Jürgen Sengera hat Vorwürfe zurückgewiesen, die WestLB sei an Managementfehlern und einem veralteten Geschäftsmodell gescheitert. Der damalige Vorstand habe das Geschäftsmodell der WestLB durchaus geändert, sagte Sengera am Freitag im Untersuchungsausschuss des nordrhein-westfälischen Landtags.
Der Vorstand sei aber bei den Eigentümern an Grenzen gestoßen. Insbesondere mit den wachsenden und eigenmächtiger agierenden Sparkassen sei es vermehrt zu Streit gekommen - vor allem um den Zugang zu Großkunden. "Der Verbundfunktion der WestLB wurde immer mehr unterhöhlt durch zunehmende Betriebsgrößen der Sparkassen", sagte Sengera. Die hätten ihre eigenen Interessen verfolgt.
Nach der Aufspaltung in die Geschäftsbank WestLB AG und die Förderbank NRW.Bank seien alle WestLB-Beteiligungen verkauft worden, an denen die Sparkassen besonderes Interesse hatten, berichtete Sengera. Die WestLB AG habe sich immer stärker aus dem inländischen Geschäft zurückgezogen.
Der ehemalige Bundesfinanzministers Peer Steinbrück (SPD) hatte Anfang der Woche im Untersuchungsausschuss gesagt, die WestLB sei an Managementfehlern gescheitert. Sie habe die Zeit bis zum Wegfall der Staatsgarantien Mitte 2005 nicht genutzt, ein neues Geschäftsmodell zu entwickeln.
Der seit einem Jahr arbeitende Düsseldorfer Untersuchungsausschuss will beleuchten, warum es zu den Milliardenverlusten der WestLB kam. Die Bank hat mit vielen Geschäften Geld verloren. Am Freitag schloss der Ausschuss die Beweisaufnahme zur Eingliederung des Wohnungsbauvermögens des Landes in die WestLB ab.
Aus der Eingliederung 1992 entwickelte sich ein langer Konflikt mit der EU-Kommission, die die Übertragung als rechtswidrige Beihilfe wertete. Die WestLB musste Anfang 2005 schließlich 1,4 Milliarden Euro Beihilfe an das Land NRW zurückzahlen, weil das eingebrachte Wfa-Kapital viel zu gering verzinst worden war.
"Wir waren uns der Tragweite der Kommissionsentscheidung bewusst", sagte Sengera. Vor der Eingliederung habe der Vorstand aber keinerlei Bedenken gegen die notwendige Maßnahme zur Erhöhung des Eigenkapitals gehabt. Während der Beihilfeauseinandersetzungen habe der Vorstand immer wieder die Hoffnung gehabt, "dass die deutsche Seite es schaffen würde, die EU-Kommission zu überzeugen". Der ehemalige NRW-Finanzminister Helmut Linssen (CDU) hatte dazu am Montag im Untersuchungsausschuss gesagt: "Es war Vogel-Strauß-Politik, Kopf in den Sand und es wird schon gut gehen."
Sengera berichtete dagegen, mit den Brüsseler Wettbewerbshütern sei irgendwann nicht mehr vernünftig zu reden gewesen: "Brüssel hatte seine eigene marktliberale Ideologie, mit der sie die Verhältnisse auf den europäischen Finanzmärkten gleichschalten wollten."
Vor zwei Jahren war die krisengeschüttelte WestLB nach hohen Verlusten zerschlagen worden, die Abwicklung dauert an. Mit Sengera sagte im Untersuchungsausschuss erstmals einer der früheren Bankchefs aus. Ebenso wie Steinbrück soll auch er zu anderen Themenkomplexen des Untersuchungsausschusses erneut als Zeuge geladen werden.
Sengera war von 2001 bis 2003 Vorstandsvorsitzender der Landesbank. Zuvor gehörte er dem Vorstand bereits an. Ein Untreue-Verfahren gegen den 71-jährigen Düsseldorfer war im vergangenen Jahr eingestellt worden.br