FRANKFURT (dpa-AFX) - Der erste Schock saß tief, er hielt aber nicht lange an: Nachdem das Bundesverfassungsgericht am Freitagvormittag starke Bedenken gegen das EZB-Anleihekaufprogramm OMT geäußert hatte, reagierten die Finanzmärkte zunächst empfindlich. Im weiteren Verlauf legte sich die Nervosität aber. Sowohl der Euro als auch die Aktienmärkte erholten sich.
Die Verfassungsrichter hatten mitgeteilt, es sprächen 'gewichtige Gründe' dafür, dass die Europäische Zentralbank (EZB) mit ihrem Versprechen, unter bestimmten Bedingungen Staatsanleihen geschwächter Euroländer zu kaufen, ihr Mandat überschritten habe. Die Karlsruher Richter sehen darin einen Eingriff in die Wirtschaftspolitik der Nationalstaaten sowie einen Verstoß gegen das Verbot der monetären Staatsfinanzierung. Inwieweit dies tatsächlich der Fall ist, muss nun der EuGH entscheiden. Er ist für europarechtliche Fragen zuständig.
Nach Bekanntwerden der Mitteilung gab der Euro (FX1:EURUS) einen halben Cent auf 1,3551 US-Dollar nach. In der Folge konnte er sich aber etwas erholen. Deutsche Staatsanleihen, die unter Investoren als Zufluchtsort gelten, erhielten zunächst spürbaren Auftrieb. Auch hier beruhigte sich die Lage aber wieder. Die europäischen Aktienmärkte reagierten ebenfalls nur zeitweilig mit Abschlägen. An den Anleihemärkten angeschlagener Euroländer wie Italien oder Spanien blieben Verwerfungen aus.
Einige Marktteilnehmer argumentierten, dass die Karlsruher Richter das OMT dem Europäischen Gerichtshof zur Prüfung vorgelegt hätten, verzögere zwar die Beschlussfindung. Allerdings sei es eher unwahrscheinlich, dass der EuGH die Anleihekäufe als europarechtswidrig einstufe. Es gab aber auch vorsichtigere Einschätzungen: 'Es ist nicht selbstverständlich, dass der Europäische Gerichtshof das OMT-Programm durchwinkt', kommentierte Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der Ing-Diba.