PARIS (dpa-AFX) - Kurz vor der Europawahl verteilt die im Umfragetief steckende französische Regierung Steuergeschenke in Milliardenhöhe. Trotz der hohen Staatsverschuldung sollen künftig rund 1,8 Millionen Haushalte mit sehr geringem Einkommen nicht mehr zur Kasse gebeten werden. Insgesamt würden mehr als drei Millionen Haushalte von geplanten Änderungen bei der Einkommensteuerberechnung profitieren, erklärte Premierminister Manuel Valls am Freitag.
Die neuentstehende Finanzierungslücke im Staatshaushalt will die Regierung zum großen Teil mit Einnahmen aus einem verstärkten Kampf gegen Steuerhinterziehung stopfen. Die zu erwartenden Steuerausfälle bezifferte Valls auf rund eine Milliarde Euro.
Die Ankündigung zehn Tage vor der Europawahl gilt als eine Antwort der Regierung auf die guten Umfragewerte der rechtspopulistischen und EU-feindlichen Front National (FN). Nach am Donnerstagabend veröffentlichen Zahlen könnte die Partei um Marine Le Pen bei der Abstimmung mit 25 Prozent sogar stärkste politische Kraft werden. Die regierenden Sozialisten um Präsident François Hollande fielen in der jüngsten Umfrage von 20 auf 18 Prozent zurück. Sie würden damit sogar nur auf Platz drei hinter den Konservativen von der UMP landen (21 Prozent).
Premierminister Valls wies mögliche Kritik am Zeitpunkt der Ankündigung bereits im Vorfeld zurück. Er sagte: "Man kann sich nicht auf der einen Seite über Steuererhöhungen beschweren und auf der anderen Seite sagen, dass diese Maßnahme ein Wahlgeschenk sei."
Der starke Zuspruch für die Rechtspopulisten in Frankreich wird vor allem damit begründet, dass viele Wähler von den etablierten Parteien enttäuscht sind. Den regierenden Sozialisten wird vorgeworfen, die hohe Arbeitslosigkeit nicht in den Griff zu bekommen und zu wenig gegen die Kriminalitäts- und Flüchtlingsproblematik zu tun. Die konservative UMP macht seit der Wahlniederlage von Nicolas Sarkozy gegen Hollande im Mai 2012 vor allem mit parteiinternen Machtkämpfen Schlagzeilen.b