BERLIN (dpa-AFX) - Die Gewerkschaften ziehen mit der Forderung nach 5,5 Prozent mehr Gehalt in die bevorstehende Tarifrunde für die rund 800 000 Angestellten der Länder. Das Tarifergebnis solle zudem deckungsgleich auf die 1,9 Millionen Beamten und Pensionäre übertragen werden, verlangten die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi und der Beamtenbund (dbb) am Donnerstag in Berlin.
Mindestens müsse es 175 Euro mehr geben. Die Laufzeit solle zwölf Monate betragen. Alle Auszubildende sollten 100 Euro mehr bekommen und nach erfolgreicher Ausbildung übernommen werden. Betroffen sind etwa Krankenpfleger, Polizisten und Beschäftigte in Straßenmeistereien, beim Zoll, in der Justiz, in Hochschulen, Theatern und im Küstenschutz. Nur Hessen ist außen vor, weil das Land nicht in der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) ist. Verhandlungsstart ist am 16. Februar in Berlin.
"Die Einkommen der Beschäftigten im öffentlichem Dienst müssen Schritt halten mit den Gehaltssteigerungen in der Privatwirtschaft", forderte Verdi-Chef Frank Bsirske. "Wir erwarten jede Menge Gegenwehr, sind aber total optimistisch." Vorbild sei der im Frühjahr erzielte Abschluss für Bund und Kommunen, nach dem die Gehälter zunächst um drei Prozent kletterten und im kommenden Jahr nochmals um 2,4 Prozent steigen.
Zentrales Anliegen ist ein Zurückdrängen befristeter Verträge. Sachgrundlose Befristungen sollen ausgeschlossen werden. Alleine an den Hochschulen seien bis zu 80 Prozent betroffen.
dbb-Chef Klaus Dauderstädt betonte, dass es bis auf Bayern und Hamburg eine "entwürdigende Deckelungs-, Streckungs- und Kürzungspraxis" bei der Übertragung auf die Landesbeamte gegeben habe. "Beamte und Versorgungsempfänger müssen das Gleiche bekommen wie am Tariftisch."
Die Chefin der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Marlis Tepe, forderte vehement die Tarif-Eingruppierung der 200 000 angestellten Lehrkräfte. Für sie gebe es keine tarifliche Entgeltordnung. "Dieser unhaltbare Zustand soll beendet werden."
Der TdL-Vorsitzende, Sachsen-Anhalts Finanzminister Jens Bullerjahn, lehnte die Forderungen rundweg ab. "Bei einer Inflationsrate von zuletzt 0,6 Prozent lassen die Gewerkschaften hier jeden Realitätssinn vermissen." Die Länder müssten die Schuldenbremse einhalten und investieren. Bsirske bezifferte die Kosten für die Länderhaushalte bei einem Ergebnis gemäß den Forderungen auf knapp 6 Milliarden Euro, davon rund 1,5 Milliarden für die Angestellten. Auch für die Konjunktur seien höhere Gehälter geboten: "Um so wichtige Impulse für Wachstum und Binnennachfrage zu setzen."
Man sei nicht auf Konfrontation aus, sei aber dazu fähig, sagte Bsirske. "Wir haben ja 2006 16 Wochen gestreikt und hatten Streiks an den Unikliniken, bei den Straßenmeistereien, im Küstenschutz und in vielen anderen Bereichen."
Bei der letzten Länder-Tarifrunde hatten sich Arbeitgeber und -nehmer im März 2013 auf 5,6 Prozent mehr Geld bis 2014 verständigt. Im Januar beginnen auch die Tarifverhandlungen für die Schlüsselindustrien Chemie sowie Metall und Elektro. Die Gewerkschaften fordern hier zwischen 4 und 5,5 Prozent mehr.