BERLIN (dpa-AFX) - Ein Vierteljahrhundert nach dem Mauerfall hat sich die Industrie im Osten Deutschlands von den Folgen der Teilung und der Planwirtschaft der DDR noch nicht erholt. Das geht aus dem "Atlas der Industrialisierung der Neuen Bundesländer" hervor, den die Ostbeauftragte der Bundesregierung, Iris Gleicke (SPD), am Dienstag in Berlin vorstellte. Vor allem in Sachsen und Thüringen hätten sich aber lebensfähige und weltmarktorientierte Wachstumszentren entwickelt, sagte der Autor des Atlas, der Rostocker Wirtschaftsprofessor Gerald Braun. Sachsen etwa glänze mit einer Reihe von Weltmarktführern im Maschinen- und Anlagenbau.
"Wir müssen gezielt dahin gehen, wo schon Wachstumskerne sind", sagte Gleicke zur künftigen Förderpolitik. "Die Gießkannenzeit ist vorbei." So müssten Firmen leichter Kapital bekommen, die wenige Jahre alt sind und den nächsten Wachstumsschritt jetzt vor sich hätten. Dazu liefen Gespräche mit der staatlichen Förderbank KfW und zudem mit der Frankfurter Börse, die etwa ein eigenes Segment einführen könnte.
"Die Industrie hat die Motorfunktion bei dem, was wir Aufbau Ost nennen", sagte Gleicke. Nach Brauns Datensammlung leidet der Osten aber noch immer unter dem Fortzug großer Konzerne im Zuge der Teilung. Die Zentralen der börsennotierten Unternehmen mit ihren Forschungs- und Entwicklungsabteilungen liegen fast ausnahmslos im Westen und Süden der Republik. Zudem ist die Arbeitsproduktivität im Osten noch immer geringer, auch wenn der Abstand verkürzt wurde. Forscher Braun sagte, es fehle nach Jahrzehnten der Planwirtschaft auch eine unternehmerische Kultur.tb