BERLIN (dpa-AFX) - Am schwarz-roten Rentenpaket scheiden sich weiter die Geister. Während Union und SPD die milliardenschweren Verbesserungen für langjährig Versicherte, ältere Mütter und Erwerbsgeminderte als Beitrag zu mehr Gerechtigkeit loben, widersprechen Linke und Grüne dieser Sichtweise heftig. Das wurde am Donnerstag bei der ersten Lesung des Gesetzentwurfs von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) im Bundestag deutlich. Das Rentenpaket soll noch vor der Sommerpause verabschiedet werden.
Nahles verteidigte das Rentenpaket gegen alle Kritik: "Es ist nicht geschenkt, es ist verdient." Mit den Verbesserungen erkenne die Regierung "die Lebensleistung von Menschen in unserem Land an." Dazu zähle die neue Mütterrente. Zur Rente mit 63 sagte die Ministerin: "Wer 45 Jahre gearbeitet hat, hat 45 Jahre lang Beiträge bezahlt - und damit seine Pflicht im Generationenvertrag erfüllt." Nahles bekräftigte, angesichts des Fachkräftemangels habe sie "keinerlei Interesse" an einer Frühverrentungswelle durch die Rente ab 63. Wie dies zu verhindern sei, darüber werde noch gesprochen.
Die Linksfraktion hält es zwar für gut, dass "endlich mal wieder über bessere Rentenleistungen" diskutiert werde. Es handele sich aber nur um einen "Tropfen auf den heißen Stein" und bei der Rente ab 63 um eine "Mogelpackung", sagte der Rentenexperte der Linksfraktion, Matthias Birkwald. "Manches wird besser, aber nichts wird gut."
Birkwald nannte es "beschämend", dass es immer noch unterschiedliche Leistungen in Ost und West gebe, auch bei der neuen Mütterrente. "Wir wollen für jedes Kind rund 86 Euro auf dem Rentenkonto von Müttern oder Vätern haben." Das ist der Betrag, den jüngere Mütter im Westen künftig bekommen. Linke und Grüne forderten eine Finanzierung der Leistungsverbesserungen aus Steuermitteln.
Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt warf der Regierung vor: "Ihr Paket ist nicht gerecht - und es ist zukunftsvergessen." Vergessen würden jene, "die wirklich Unterstützung brauchen", sagte sie mit Blick auf die Pläne zur Reform der Erwerbsminderungsrente. Diese liege auch danach noch unter dem Existenzminimum. Und es profitierten auch nur jene, die nach dem 1. Juli in Rente gehen. "Das hat mit Gerechtigkeit, so wie wir sie verstehen, nichts zu tun."
Der sozialpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Karl Schiewerling (CDU), wies die Vorwürfe zurück, das Rentenpaket sei falsch finanziert. Zu den Reserven der Rentenkasse von derzeit 32 Milliarden Euro, aus der das Rentenpaket bezahlt werden soll, hätten Beschäftigte, Arbeitgeber und Steuerzahler zu jeweils einem Drittel beigetragen. SPD-Fraktionsvize Carola Reimann (SPD) sagte: "Die Menschen wollen das Rentenpaket, und sie wollen, dass es jetzt möglichst zügig umgesetzt wird."/vs/DP/hbr