BERLIN (dpa-AFX) - Der Chefredakteur des Nachrichtenmagazins 'Der Spiegel', Wolfgang Büchner, gibt reinen Bezahlmodellen für journalistische Angebote im Internet keine Chance. Er wolle deshalb am kostenlosen Zugang zu 'Spiegel Online' festhalten, sagte Büchner der 'Frankfurter Allgemeinen Zeitung' (FAZ) vom Donnerstag. 'Ich halte nichts von der Idee, 'Spiegel Online' ganz oder teilweise zu bepreisen.'
Büchner begründete dies mit starker Konkurrenz der öffentlich-rechtlichen Rundfunksender im Internet: 'Schon deswegen werden wir in Deutschland reine Bezahlangebote nicht etablieren können.' Aufmachergeschichten bei 'Spiegel Online' sollen nach den Plänen des Chefredakteurs den Leser direkt zum Heft führen und ihm zeigen, dass man im Magazin ein 'attraktiveres Angebot' bekommen könne, 'wofür man allerdings bezahlen muss'. Der gedruckte 'Spiegel' werde dazu digital völlig neu konzipiert und im Netz offensiver präsentiert.
'Die Position des 'Spiegel' als führendes gedrucktes Nachrichtenmagazin wollen wir selbstverständlich halten, diesen Anspruch werden wir nicht aufgeben', sagte Büchner. Wie andere Medien spüre auch der Spiegel-Verlag mit seinen Print- und Digital-Angeboten veränderte Lesegewohnheiten. Die verkaufte Auflage des Magazins rutschte im 4. Quartal 2012 (rpt 2012) unter die Marke von 900 000 Exemplaren; im letzten Quartal 2013 betrug sie rund 843 000 Exemplare (IVW-geprüft).
Das 18 Jahre alte Layout des Hefts solle 'maßvoll' modernisiert und der Erscheinungstermin von Montag auf den Samstag vorverlegt werden: 'Wir wollen zum 1. Januar 2015 umstellen, möglicherweise früher', sagte Büchner, der die Chefredaktion im vergangenen Herbst übernommen hatte. Mit dem neuen Erscheinungstermin könnte das Nachrichtenmagazin den Sonntagszeitungen Konkurrenz machen.
Dem 'Spiegel' als journalistischem Unternehmen fehle die Möglichkeit der Querfinanzierung mit anderen Angeboten. 'Wir müssen beweisen, dass es sehr wohl möglich ist, in der digitalen Welt mit Qualitätsjournalismus Geld zu verdienen', sagte Büchner. ''Spiegel Online' ist werbefinanziert und schreibt seit Jahren schwarze Zahlen.' Das Reichweiten-Modell funktioniere.
Zu seinem Einstieg als 'Spiegel'-Chefredakteur sagte Büchner: 'Den habe ich mir in der Tat nicht so schwierig vorgestellt.' Er bedauere, dass die Berufung des 'Bild'-Journalisten Nikolaus Blome zum Leiter des 'Spiegel'-Hauptstadtbüros einen Konflikt ausgelöst habe. Büchner bekräftigte: 'Blome ist die beste Besetzung dieser verantwortungsvollen Position.'
In die Chefredaktion rückt zum 1. April der Leiter des Auslandsressorts, Clemens Höges, auf. Der seit 16 Jahren amtierende bisherige Stellvertreter Martin Doerry arbeitet künftig als Autor für das Heft. 'Nun beginnt ein Veränderungsprozess, für den wir das Team in der Chefredaktion neu aufstellen', erläuterte Büchner. Klaus Brinkbäumer bleibt ein weiterer Stellvertreter./ff/akp/DP/she