BERLIN (dpa-AFX) - Vor der geplanten Verabschiedung des schwarz-roten Rentenpakets am Freitag im Bundestag gibt es weiter Unmut in der Unionsfraktion. Der Wirtschaftsflügel forderte am Wochenende eine Aufspaltung des Pakets in mehrere Gesetze. Der Vorsitzende des Parlamentskreises Mittelstand, der CDU-Bundestagsabgeordnete Christian von Stetten, sagte der "Wirtschaftswoche", etliche Punkte bei der geplanten Rente mit 63 seien nicht hinnehmbar.
Die Unionsführung warb hingegen nachdrücklich für das Paket. "Das scheitert nicht. Es kommt fristgerecht zustande", sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Samstag). Er zeigte sich optimistisch: "Union und SPD haben darüber eine klare Verabredung im Koalitionsvertrag getroffen. Wo es bei der Rente mit 63 berechtigte Einwände gibt, wird nachgebessert."
Das Rentenpaket besteht aus Verbesserungen bei der Mütterrente für vor 1992 geborene Kinder, der abschlagsfreien Rente ab 63 sowie Verbesserungen bei Erwerbsminderungsrente und Reha-Leistungen. Es kostet pro Jahr zwischen neun und elf Milliarden Euro - finanziert aus der Rentenkasse.
Der Zwist dreht sich um Befürchtungen, die Anrechnung von Arbeitslosenzeiten auf die erforderlichen 45 Versicherungsjahre könnte Frühverrentungen Tür und Tor öffnen. Dies wäre durch eine "rollierende Stichtagsregelung" zu verhindern, über die derzeit spekuliert wird. Um den parlamentarischen Fahrplan einzuhalten, wird eine Verständigung über Details des Pakets bis Dienstagmorgen angestrebt. Am Dienstag müssen die Fraktionen darüber beraten.
Stetten kritisierte: "Es geht nicht, dass Arbeitslosigkeit bei der Rente mit 63 wie Beitragszeit angerechnet wird. Entsprechend werde ich abstimmen." Der "Wirtschaftswoche" zufolge wollen mindestens 62 Unionsabgeordnete gegen das Paket stimmen. Nach Stettens Ansicht ist die einzige Möglichkeit für eine teilweise Zustimmung des Wirtschaftsflügels eine Aufteilung des Pakets in mehrere Gesetze. Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) hatte sich dafür grundsätzlich offen gezeigt. Aus der Unionfraktion hieß es am Wochenende, die Gespräche liefen, entschieden sei noch nichts.
CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt verteidigte den Entwurf. "Auch wenn noch nicht alle Details endgültig ausverhandelt sind, gilt: Das Rentenpaket ist ein guter Kompromiss", sagte Hasselfeldt der "Passauer Neuen Presse" (Samstag). Sie dringt darauf, "dass wir in der kommenden Woche möglichst geschlossen abstimmen und das Rentenpaket mit breiter Mehrheit der Koalition im Bundestag verabschiedet wird".
In Brüssel ist man schon einen Schritt weiter. Der "Focus" berichtet, dass die EU-Kommission der Bundesregierung eine baldige Korrektur oder einen Ausgleich der neuen Rentenleistungen nahelegen werde. Hintergrund für die offizielle Kritik sei der Euro-Plus-Pakt. Darin werde unter anderem eine langfristige Tragfähigkeit der Rentensysteme verlangt. Ein Brüsseler Spitzenbeamter sagte dem Nachrichtenmagazin, die schwarz-roten Pläne seien ein Verstoß gegen die im Pakt verankerte "Anpassung des Rentensystems an die nationale demografische Situation".
Der "Spiegel" berichtete unterdessen von Plänen der großen Koalition, noch in dieser Legislatur flexiblere Regelungen für den Eintritt in die gesetzliche Rente zu schaffen. Eine Arbeitsgruppe der der Unions- und SPD-Fraktion solle dazu in der zweiten Jahreshälfte Lösungen suchen. So wolle die Koalition darüber beraten, für Vorruheständler die Zuverdienstgrenzen anzuheben. Außerdem soll diskutiert werden, ob Unternehmen Angestellte jenseits der gesetzlichen Regelaltersgrenze künftig auch befristet weiterbeschäftigen dürfen. Auch werde geprüft, Arbeitgeber von der Zahlung des Beitrags zur Rentenversicherung zu befreien, wenn sie einen Ruheständler beschäftigen.b