LONDON (dpa-AFX) - Die Europäische Zentralbank (EZB) will bei der spanischen Bankenrettung laut einem Zeitungsbericht auch privilegierte Gläubiger bluten lassen. Wie das 'Wall Street Journal' (WSJ) in seiner Montagausgabe mit Berufung auf drei Insider berichtet, hat EZB-Chef Mario Draghi auf dem jüngsten Treffen der Euro-Finanzminister gefordert, auch die Halter vorrangiger Anleihen zu Abschreibungen zu zwingen, sollten Banken abgewickelt werden.
Das wäre eine Abkehr von der bisherigen Notenbankposition und ein riskantes Unterfangen, denn es würde vor allem die Investoren treffen, deren Vertrauen die Euro-Retter eigentlich zurückgewinnen wollen. Die EU-Kommission zeigt sich dem Bericht nach wenig aufgeschlossen gegenüber dem EZB-Vorstoß.
Den Informationen des 'WSJ' zufolge soll Draghi beim Gipfel am 9. Juli vorgeschlagen haben, private Anleihehalter mit vorrangigem Gläubigerstatus zum Forderungsverzicht zu zwingen, sofern Banken liquidiert werden. Das Kalkül: Je höher die Beteiligung auf Investorenseite, desto weniger Mittel müssen aus öffentlichen Töpfen, also von Steuerzahlern aufgebracht werden. Dennoch wäre ein solcher Vorgang höchst umstritten und dürfte an den Finanzmärkten nach dem griechischen Schuldenschnitt als erneuter Akt der Willkür aufgefasst werden.
Normalerweise stehen die Anleihe-Investoren der sogenannten Senior-Tranche in der Rangordnung der Gläubiger auf einer Ebene mit den Kundeneinlagen. Sie genießen also größtmöglichen Schutz vor Zahlungsausfällen und stehen bei Insolvenzen ganz vorne in der Schlange, um ihre Mittel zurückzuerhalten. Im bisherigen Verlauf der Krise wurden bevorzugte Gläubiger deshalb noch nie zur Kasse gedrängt - selbst bei absoluten Härtefällen wie den irischen Banken blieben sie durch immensen Einsatz von Steuergeldern ungeschoren.
Die Aussagen von EZB-Chef Draghi überraschen insofern, als gerade die Notenbank bislang stets vehement dagegen war, private Investoren zu belasten. So hatte die EZB beispielsweise beim griechischen Schuldenschnitt eindringlich davor gewarnt, auf diese Weise einen Vertrauensverlust an den Finanzmärkten zu riskieren. War es damals noch die Politik, die darauf drängte, private Gläubiger mit ins Boot zu nehmen, so ist die Konstellation diesmal umgekehrt.
Laut 'WSJ' stemmt sich die EU-Kommission gegen die EZB-Vorschläge, um Investoren nicht zu vergraulen. 'Es ist klar, dass vorrangige Gläubiger nicht mit einbezogen werden', zitiert das Journal einen Sprecher der Kommission. Die EZB wollte sich auf Nachfrage nicht äußern. Die Notenbank sei bei den spanischen Bankenhilfen lediglich als Berater tätig, sagte ein Sprecher.
Nach Einschätzung von Jürgen Michels, Europa-Chefvolkswirt der Citigroup, deutet derzeit wenig darauf hin, dass vorrangige Gläubiger spanischer Banken tatsächlich betroffen werden. Allerdings sehe es nun danach aus, als ob dies bei zukünftigen direkten Bankenhilfen durch den dauerhaften Rettungsfonds ESM der Fall sein werde, um die Steuerzahler in den europäischen Kernländern zu schonen.
In der vergangenen Woche hatten die Pläne zur spanischen Bankensanierung bereits für Empörung bei Kleinsparern gesorgt. Denn Privatanlegern, die in nachrangige Schuldverschreibungen und Vorzugsaktien von spanischen Banken investiert haben, drohen auf jeden Fall Abschreibungen. Diese Papiere wurden in Spanien in großem Stil als Sparprodukte an Kleinanleger verkauft.
Spanien soll sich im Gegenzug für die milliardenschwere Unterstützung seiner Euro-Partner verpflichten, seinen Bankensektor, der unter den Folgen einer geplatzten Immobilienblase leidet, in einem mehrstufigen Prozess zu sanieren. Bis zur zweiten Septemberhälfte soll durch weitere Buchprüfungen und Stress-Tests das genaue Ausmaß der Probleme und damit der endgültige Kapitalbedarf der Banken festgestellt werden. Danach werden die Institute je nach Zukunftsperspektive mit frischen Mitteln aufgepäppelt und restrukturiert oder abgewickelt./hbr/jsl/jha/
Das wäre eine Abkehr von der bisherigen Notenbankposition und ein riskantes Unterfangen, denn es würde vor allem die Investoren treffen, deren Vertrauen die Euro-Retter eigentlich zurückgewinnen wollen. Die EU-Kommission zeigt sich dem Bericht nach wenig aufgeschlossen gegenüber dem EZB-Vorstoß.
Den Informationen des 'WSJ' zufolge soll Draghi beim Gipfel am 9. Juli vorgeschlagen haben, private Anleihehalter mit vorrangigem Gläubigerstatus zum Forderungsverzicht zu zwingen, sofern Banken liquidiert werden. Das Kalkül: Je höher die Beteiligung auf Investorenseite, desto weniger Mittel müssen aus öffentlichen Töpfen, also von Steuerzahlern aufgebracht werden. Dennoch wäre ein solcher Vorgang höchst umstritten und dürfte an den Finanzmärkten nach dem griechischen Schuldenschnitt als erneuter Akt der Willkür aufgefasst werden.
Normalerweise stehen die Anleihe-Investoren der sogenannten Senior-Tranche in der Rangordnung der Gläubiger auf einer Ebene mit den Kundeneinlagen. Sie genießen also größtmöglichen Schutz vor Zahlungsausfällen und stehen bei Insolvenzen ganz vorne in der Schlange, um ihre Mittel zurückzuerhalten. Im bisherigen Verlauf der Krise wurden bevorzugte Gläubiger deshalb noch nie zur Kasse gedrängt - selbst bei absoluten Härtefällen wie den irischen Banken blieben sie durch immensen Einsatz von Steuergeldern ungeschoren.
Die Aussagen von EZB-Chef Draghi überraschen insofern, als gerade die Notenbank bislang stets vehement dagegen war, private Investoren zu belasten. So hatte die EZB beispielsweise beim griechischen Schuldenschnitt eindringlich davor gewarnt, auf diese Weise einen Vertrauensverlust an den Finanzmärkten zu riskieren. War es damals noch die Politik, die darauf drängte, private Gläubiger mit ins Boot zu nehmen, so ist die Konstellation diesmal umgekehrt.
Laut 'WSJ' stemmt sich die EU-Kommission gegen die EZB-Vorschläge, um Investoren nicht zu vergraulen. 'Es ist klar, dass vorrangige Gläubiger nicht mit einbezogen werden', zitiert das Journal einen Sprecher der Kommission. Die EZB wollte sich auf Nachfrage nicht äußern. Die Notenbank sei bei den spanischen Bankenhilfen lediglich als Berater tätig, sagte ein Sprecher.
Nach Einschätzung von Jürgen Michels, Europa-Chefvolkswirt der Citigroup, deutet derzeit wenig darauf hin, dass vorrangige Gläubiger spanischer Banken tatsächlich betroffen werden. Allerdings sehe es nun danach aus, als ob dies bei zukünftigen direkten Bankenhilfen durch den dauerhaften Rettungsfonds ESM der Fall sein werde, um die Steuerzahler in den europäischen Kernländern zu schonen.
In der vergangenen Woche hatten die Pläne zur spanischen Bankensanierung bereits für Empörung bei Kleinsparern gesorgt. Denn Privatanlegern, die in nachrangige Schuldverschreibungen und Vorzugsaktien von spanischen Banken investiert haben, drohen auf jeden Fall Abschreibungen. Diese Papiere wurden in Spanien in großem Stil als Sparprodukte an Kleinanleger verkauft.
Spanien soll sich im Gegenzug für die milliardenschwere Unterstützung seiner Euro-Partner verpflichten, seinen Bankensektor, der unter den Folgen einer geplatzten Immobilienblase leidet, in einem mehrstufigen Prozess zu sanieren. Bis zur zweiten Septemberhälfte soll durch weitere Buchprüfungen und Stress-Tests das genaue Ausmaß der Probleme und damit der endgültige Kapitalbedarf der Banken festgestellt werden. Danach werden die Institute je nach Zukunftsperspektive mit frischen Mitteln aufgepäppelt und restrukturiert oder abgewickelt./hbr/jsl/jha/