Berlin, 15. Mrz (Reuters) - Bundesfinanzminister Olaf Scholz strebt offenbar keine dauerhafte Reform der europäischen Schuldenregeln an. Der Stabilitätspakt habe in der Corona-Krise seine Flexibilität unter Beweis gestellt und werde dies hoffentlich auch in Zukunft tun, sagte Scholz am Montag vor Beratungen der Finanzminister der Euro-Zone. Man müsse praktisch vorgehen und sich auf die Möglichkeiten konzentrieren, die es gebe.
"Wir dürfen nicht gegen die Krise ansparen", ergänzte der SPD-Kanzlerkandidat. Deutschland und Europa müssten kräftig investieren. "Der EU-Aufbaufonds ist dafür eine historische Chance." Dieser 750 Milliarden Euro schwere Hilfstopf könne einen Modernisierungsschub auslösen. Erste Auszahlungen werden aber nicht vor dem Frühsommer erwartet - später als zunächst gehofft. Scholz sagte, angesichts des riesigen US-Konjunkturpakets und der wirtschaftlichen Dynamik in China dürfe Europa keine Zeit verlieren.
Der EU-Stabilitätspakt begrenzt das Haushaltsdefizit eigentlich auf drei Prozent der Wirtschaftsleistung und die Gesamtverschuldung auf 60 Prozent. Ansonsten müssen sich Länder zumindest diesen Werten annähern. Gegen die Regeln wurde immer wieder verstoßen, ohne dass es spürbare Konsequenzen gehabt hätte. Wegen der schweren Verwerfungen im Zuge der Corona-Pandemie wurde der Pakt für 2020 und 2021 ausgesetzt, dies wird auch für 2022 erwartet.
EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni sagte zuletzt, die Brüsseler Behörde werde im späteren Jahresverlauf einen Vorschlag zur Vereinfachung des komplexen Regelwerks machen. Experten halten eine grundlegende Reform des Stabilitätspakts aber für wenig wahrscheinlich, weil die Positionen innerhalb der EU hier weit auseinander liegen. Schon eine gemeinsame Position innerhalb der Koalition aus CDU/CSU und SPD zu finden, dürfte schwierig werden.