BRÜSSEL (dpa-AFX) - Im Streit mit Warschau behält die EU-Kommission erstmals für Polen vorgesehene EU-Mittel ein und gleicht so eine Strafzahlung in Millionenhöhe aus. Ein Sprecher der Brüsseler Behörde teilte am Dienstag mit, dass man das Land über den Schritt informiert habe. Zehn Tage nach der Benachrichtigung soll das Geld endgültig von einer Zahlung aus dem EU-Haushalt an Polen abgezogen werden. Zunächst geht es für den Zeitraum vom 20. September bis zum 19. Oktober 2021 um 15 Millionen Euro.
Hintergrund ist eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zum Tagebau Turow zwischen Polen, Deutschland und Tschechien. Die Richter in Luxemburg hatten Polen nach einer Klage Tschechiens im vergangenen Jahr bis zur Urteilsverkündung den Abbau untersagt. Polen widersetzte sich jedoch, weshalb der EuGH eine Geldstrafe von täglich 500 000 Euro verhängte. Vergangene Woche legten die Regierungen in Warschau und Prag den Streit zwar bei, doch die Strafzahlungen werden bis zu diesem Tag fällig. Die EU-Kommission will sie monatlich eintreiben. Der Sprecher betonte am Dienstag, dass die Behörde damit ihren rechtlichen Pflichten nachkomme. Die Regierung in Warschau kündigte Widerstand an. "Polen wird die möglichen rechtlichen Mittel nutzen, um gegen diese Pläne der Europäischen Kommission Einspruch zu erheben", teilte ein Sprecher mit. Dies gelte umso mehr, als es mittlerweile eine Einigung mit Tschechien gebe. Wie genau die rechtlichen Mittel aussehen könnten, ließ der Sprecher offen. Er machte jedoch klar: "Polen hat von Anfang an betont, dass die Entscheidungen des EuGH keine rechtliche oder faktische Grundlage haben." Schon bald könnte Polen die nächste Strafzahlung ins Haus stehen. Im Streit um den polnischen Rechtsstaat schickte die EU-Kommission Mitte Januar eine weitere Zahlungsaufforderung nach Warschau. Dabei geht es um 69 Millionen Euro, weil Polen eine EuGH-Anordnung zur polnischen Justizreform nicht umsetzt. Sollte das Land der Aufforderung nicht nachkommen, wird die EU-Kommission auch dieses Geld durch Einbehalten von Zahlungen aus dem EU-Haushalt ausgleichen. Polens Präsident Andrzej Duda hat vergangene Woche vorgeschlagen, die umstrittene Kammer zur Disziplinierung von Richtern aufzulösen.