Investing.com – Die aus der Coronakrise resultierenden Lieferengpässe und die geopolitischen Entwicklungen führten in Europa und den USA zu einer neuen Unabhängigkeitsmentalität. Das blieb selbstverständlich auch in China nicht unbemerkt.
Der rote Riese verfolgt ohnehin schon seit vielen Jahren eine langfristige geopolitische Strategie, die laut Mike Shedlock dazu führt, dass die USA das Nachsehen haben werden.
In seinem jüngsten Artikel stellt er fest, dass bei den zehn größten Exportgütern der USA in den kommenden Jahren mit empfindlichen Einbußen zu rechnen ist. Das führt Shedlock darauf zurück, dass sowohl die Regierung Biden, als auch China, Importe und Exporte stärker einschränken, was die US-Wirtschaft mit völlig neuen Herausforderungen konfrontiert.
In nur zwei Jahren werden die Automobilexporte Chinas die der USA um 100 Prozent übertreffen und mit Deutschland gleichziehen.
Eine ähnliche Entwicklung sieht Shedlock auch im Flugzeugbau auf die USA zukommen, denn die neue Rivalität zwischen den USA und China hat bereits wirtschaftliche Auswirkungen auf diesen Sektor.
Offensichtlich hat man in China beschlossen, dem amerikanischen Flugzeugbauer Boeing (NYSE:BA) den Laufpass zu geben. Denn seit dem Beginn des von Trump ausgerufenen Handelskriegs 2017 kam es zu keinen nennenswerten Bestellungen mehr aus China, wie Shedlock feststellt. Während einer Beschaffungsrunde im vergangenen September kam Boeing wieder nicht zum Zug, stattdessen wurden 300 Airbus (EPA:AIR) im Wert von 37 Milliarden Dollar geordert.
Doch während China fleißig Airbus kauft, zeichnet sich ab, dass man aus China heraus schon bald die BRICS+ mit in China produzierten Flugzeugen beliefern wird.
Der Airbus-CEO Guillaume Faury unterzeichnete im Beisein des französischen Präsidenten Macron und des chinesischen Präsidenten Xi Jingping die Errichtung einer zweiten Endmontageanlage auf chinesischem Boden.
Damit dürfte der US-Konkurrenz ein wichtiges Stück vom Kuchen verloren gehen, denn in den nächsten 20 Jahren wird das Wachstum des chinesischen Luftverkehrs mit 5,3 Prozent pro Jahr deutlich schneller vorangehen als der globale Durchschnitt mit 3,6 Prozent. Bis 2041 entfallen über 20 Prozent der weltweiten Nachfrage auf China, einen Markt, zu dem Boeing offensichtlich keinen Zugang mehr hat, wie Shedlock erklärt.
China versucht aber nicht nur die USA wirtschaftlich abzuhängen, sondern auch im militärischen Bereich aufzuholen. Während es Nvidia (NASDAQ:NVDA) verboten ist, die fortschrittlichen H100 Chips nach China zu exportieren, ist das US-Militär direkt von Importen aus China abhängig.
Der CEO, des US-Rüstungskonzerns, Greg Hayes, sagte gegenüber der Financial Times, dass man mehrere Tausend Zulieferer in China habe und "eine Trennung von diesen unmöglich ist". Sollten diese Quellen für die US-Rüstungsindustrie versiegen, dann würden dem US-Militär künftig keine hoch entwickelten Waffensysteme mehr zur Verfügung stehen.
Parallel dazu treibt China die eigenen militärischen Fähigkeiten voran, bei einer Invasion in Taiwan den US-Verteidigungsversuchen standhalten zu können. So erklärte es Admiral a.D. Harry Harris, ehemaliger Kommandeur des Indo-Pazifik-Kommandos auf einer Veranstaltung des Rates für auswärtige Beziehungen. Er sagte:
"Man ist dabei, ein Militär aufzubauen, das den Vereinigten Staaten, unserem Militär und dem unserer Freunde, Verbündeten und Partner Paroli bieten kann.
Wenn wir zulassen, dass ein autokratisches, großes Land kleinere demokratische Länder wie die Ukraine und Taiwan, unterdrückt, ist die globale Weltordnung, wie wir sie kennen, am Ende. Macht schafft Recht".
Der ehemalige Vorsitzende des US-Generalstabs, Mike Mullen, verwies auf die Bedeutung Taiwans, wo 90 Prozent der Halbleiter hergestellt werden, die in sämtlichen Produkten unseres täglichen Lebens zu finden sind. Mullen deutete an, dass ein Krieg um Taiwan immer wahrscheinlicher wird, denn die Deeskalationsversuche in der Straße von Taiwan sind "über viele Jahre hinweg gescheitert".
Und während sich die Regierung Biden bereits offiziell zur bewaffneten Verteidigung Taiwans bekannte, erinnerte Admiral Harris daran, dass dies nicht in Stein gemeißelt sein muss:
"Die Amerikaner müssen das selbst entscheiden, denn sie sind es, die Ihre Söhne und Töchter verlieren, die für Taiwan kämpfen und sterben werden, wenn wir gegen China in den Krieg ziehen".