FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Renditen an den Staatsanleihemärkten dürften nach Einschätzung der Volkswirte der Mitgliedsbanken des Verbandes öffentlicher Banken (VÖB) in der Eurozone aber auch weltweit noch für längere Zeit auf sehr niedrigem Niveau bleiben. "Das Anleihekaufprogramm der Europäischen Zentralbank spielt hierbei eine wesentliche Rolle", sagte Jürgen Michels, Chefvolkswirt der BayernLB am Mittwoch in Frankfurt. Die Wirkung des Programms werde durch das große Volumen aber auch durch die Tatsache verstärkt, dass die EZB erst nach den anderen großen Notenbanken handele. Die Notenbank will in diesem Monat mit dem großangelegten Kauf von Staatsanleihen beginnen.
"Es ist sehr clever von der EZB jetzt mit den Anleihekäufen zu beginnen", sagte Ulrich Kater von der Dekabank. "Die Inflation wird im April und Mai sowieso anziehen." Auch die Konjunktur dürfte sich im Jahresverlauf beschleunigen. Dies sollte laut Kater die Glaubwürdigkeit der EZB-Politik erhöhen. Die tatsächliche Wirkung des Programms dürfte jedoch gering sein. Es sei fraglich, ob die konjunkturelle Dynamik ausreiche, um die Inflationserwartungen für die Jahre 2016 und 2017 nach oben zu treiben.
Die meisten Ökonomen der VÖB-Banken sehen zudem die Gefahr, dass es der Bundesbank nicht gelingt, in einem ausreichenden Volumen Anleihen aufzukaufen. Der Bund wird angesichts des ausgeglichenen Staatshaushalts in diesem Jahr nur wenige Anleihen neu begeben. "Die Bundesbank muss daher immerhin 10 Prozent der ausstehenden Anleihen kaufen", sagte Thomas Meißner Chefvolkswirt der DZ Bank. Viele Anleger dürften kaum bereit sein, diese abzugeben. Eine steigende Inflation dürfte der EZB die Umsetzung jedoch erleichtern, da dann die Anleger eher bereit seien, Anleihen abzugeben.
Uneins sind sich die Ökonomen über die weitere Strategie der US-Notenbank. Die Mehrheit erwartet angesichts der robusten Arbeitsmarktentwicklung die erste Leitzinserhöhung in den USA im Sommer diesen Jahres. Michels prognostiziert für 2015 hingegen unveränderte US-Leitzinsen: "Die US-Notenbank will eine zu starke Aufwertung ihrer Währung verhindern." Auch die sehr niedrige Inflation in den USA spreche gegen eine Zinserhöhung.
Positiv sehen die VÖB-Ökonomen die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland und der Eurozone. Getrieben durch die private Nachfrage sollte insbesondere die deutsche Wirtschaft in diesem und dem kommenden Jahr auf Wachstumskurs bleiben. Aber auch in der Eurozone sei eine wirtschaftliche Erholung zu erwarten, die durch einen konsequenteren Reformkurs in Frankreich und Italien unterstützt werden könnte. Ein großer Unsicherheitsfaktor sei weiterhin die politischen Krisen in der Ukraine und das künftige Verhalten der griechischen Regierung.