(Im zweiten Satz wurde der Vorname des Präsidenten des Zentralrats der Juden und die Funktion ergänzt.)
BERLIN (dpa-AFX) - Der Zentralrat der Juden in Deutschland hat die deutsche Enthaltung bei der Abstimmung über die Gaza-Resolution in der UN-Vollversammlung kritisiert. "Wenn es in der UN darauf ankommt, hat Deutschland ausgerechnet jetzt keine klare Haltung gegen die Relativierung des Hamas-Terrors", sagte Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, der "Bild"-Zeitung (Montag). Er beklagte zudem: "Judenhass und Israelfeindlichkeit flammen in Deutschland wieder auf." Das geschehe offen auf den Straßen, in Hörsälen oder Theatern. Die Entwicklung der letzten Wochen in Deutschland habe er so nicht erwartet. Schuster fügte hinzu: "Ich erkenne zuweilen dieses Land nicht wieder."
Die am Freitag mit Zwei-Drittel-Mehrheit angenommene UN-Resolution verurteilt jegliche Gewalt gegen die israelische und palästinensische Zivilbevölkerung, fordert die sofortige und bedingungslose Freilassung aller "illegal festgehaltenen" Zivilisten und verlangt ungehinderten Zugang für humanitäre Hilfe in den Gazastreifen. Außerdem wird zu einer "sofortigen dauerhaften und nachhaltigen humanitären Waffenruhe" aufgerufen, die zur "Einstellung der Feindseligkeiten" führen solle. Eine eindeutige Verurteilung des Terrors der Hamas als Auslöser des Krieges ist nicht enthalten.
120 Länder stimmten für die Resolution, 45 enthielten sich, 14 waren dagegen. Die westlichen Staaten der EU und der G7 fanden keine gemeinsame Linie. Während Frankreich und Spanien dafür stimmten, enthielten sich Deutschland, Großbritannien und Italien. Die USA stimmten zusammen mit mehreren kleineren EU-Staaten wie Österreich, Tschechien und Ungarn mit Nein.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hatte die deutsche Enthaltung mit mangelnder Ausgewogenheit des Papiers begründet. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) verteidigte diese Position. Deutschland habe "hart daran gearbeitet, einen Beschluss der Vollversammlung der Vereinten Nationen zu erreichen, der der Situation gerecht wird", sagte Scholz am Sonntag bei seinem Besuch in Nigeria. "Als uns das nicht gelungen ist, haben wir uns der Stimme enthalten."
Dagegen kam aus der FDP Kritik. Generalsekretär Bijan Djir-Sarai sagte dem "Tagesspiegel" (Montag): "Das Votum des Außenministeriums ist enttäuschend und nicht nachvollziehbar." Bundesfinanzminister Christian Lindner sagte dazu am Sonntagabend in der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin", er habe mit Baerbock dazu noch nicht sprechen können. "Ich nehme nur wahr, dass die Hamas das Votum feiert und Israel stark kritisiert", sagte der FDP-Chef.