Investing.com -- Die US-Notenbank hat vorerst eine Zinspause eingelegt, doch Experten sind sich einig, dass dies nur von kurzer Dauer sein wird. Chinas Zentralbank hingegen senkt die Zinssätze, um das Wachstum anzukurbeln. Nun richten sich alle Augen auf die Europäische Zentralbank, die voraussichtlich ihre Geldpolitik weiter straffen wird.
1. Fed signalisiert weitere Zinserhöhungen
Die US-Notenbank Federal Reserve kündigte am Mittwoch, wie allgemein erwartet, eine Pause in ihrem Zinserhöhungszyklus an. Es ist die erste Pause seit Beginn der Leitzinserhöhungen im März letzten Jahres zur Bekämpfung der Inflation.
Dennoch bedeutet dieser Beschluss nicht, dass die Notenbank mit Zinserhöhungen bereits fertig ist. Ihre Leitzins-Projektionen sehen nun einen Anstieg der Kreditkosten auf 5,6 % bis Ende des Jahres vor. Im März hatte die Fed noch mit 5,1 % gerechnet.
Daraus lassen sich zwei weitere Zinsschritte um jeweils 25 Basispunkte ableiten, wahrscheinlich in den Sommermonaten. Fed-Chef Jerome Powell bezeichnete die kommende Juli-Sitzung als "live".
"Wir haben noch keine Entscheidung für Juli getroffen", sagte Powell nach der Fed-Sitzung. "Natürlich kam das Thema ab und zu in der Sitzung zur Sprache, aber eigentlich ging es darum, was heute zu tun ist. Ich würde sagen ... zwei Dinge: Zum einen ist noch keine Entscheidung getroffen worden. Zweitens: Ich gehe davon aus, dass es sich um eine Live-Sitzung handeln wird."
2. Chinas Zentralbank senkt Zinsen
Während die Fed eine weitere Straffung der Geldpolitik signalisierte, erhöhte die chinesische Zentralbank ihre geldpolitischen Impulse, um die schwächelnde Wirtschaft zu stützen.
Die People's Bank of China senkte am Donnerstag den Zinssatz für einjährige Kredite um 10 Basispunkte auf 2,65 %. Es war die erste Senkung seit August, nur wenige Tage nachdem sie den siebentägigen Reverse-Repo-Satz um 10 Basispunkte von 2,00 % auf 1,90 % gesenkt hatte.
Jüngste Daten zeigen, dass Chinas Erholung aufgrund der schwächelnden Inlands- und Auslandsnachfrage ins Stocken gerät. So zeigten die am Donnerstag veröffentlichten Daten, dass die Industrieproduktion im Mai um 3,5 % gegenüber dem Vorjahr wuchs und damit langsamer als die 5,6 % im April.
Darüber hinaus stiegen die Einzelhandelsumsätze im selben Monat nur um 12,7 %, nach 18,4 % im April. Volkswirte hatten mit einem Zuwachs von 13,7 % gerechnet.
3. Futures geben leicht nach
Die US-Futures gaben am Mittwoch leicht nach. Für Unsicherheit sorgte der Zinsausblick der US-Notenbank.
Bis 11.05 Uhr MESZ fiel der Dow Jones-Future um 40 Punkte oder 0,1 %, der S&P 500-Future um 10 Punkte oder 0,3 % und der Nasdaq 100-Future um 65 Punkte oder 0,5 %.
Der Fed-Vorsitzende Jerome Powell deutete an, dass die Zinsentscheidungen in Zukunft von Sitzung zu Sitzung getroffen würden, was bedeutet, dass die Notenbanker die anstehenden Wirtschaftsdaten als Entscheidungshilfe heranziehen würden.
Am Donnerstag gibt es eine ganze Reihe von Datenpunkten, die genauestens unter die Lupe genommen werden, darunter die Einzelhandelsumsätze für Mai, die Industrieindizes des NY Empire State und der Philadelphia Fed für Juni sowie die Industrieproduktion für Mai.
Darüber hinaus stehen die Ergebnisse der Lebensmittelkette Kroger (NYSE:KR) und des Computersoftwareunternehmens Adobe (NASDAQ:ADBE) an.
4. EZB setzt Zinserhöhungszyklus fort
Die Woche der Zentralbank-Sitzungen setzt sich mit der Europäischen Zentralbank (EZB) fort, die am Donnerstagnachmittag mit ziemlicher Sicherheit die Kreditkosten auf den höchsten Stand seit 22 Jahren anheben wird.
Die Inflation in der Eurozone ist im Mai auf 6,1 % im Jahresvergleich zurückgegangen, allerdings liegt sie damit immer noch mehr als dreimal so hoch wie die von der EZB angestrebten 2 %. Sorgen bereitet den Notenbankern auch die nach wie vor hohe Kerninflation, die sich gerade erst zu verlangsamen beginnt.
"Der Preisdruck ist nach wie vor erheblich", sagte EZB-Präsidentin Christine Lagarde Anfang des Monats. "Unsere künftigen Entscheidungen werden sicherstellen, dass die Leitzinsen auf ein Niveau gebracht werden, das ausreichend restriktiv ist, um eine rechtzeitige Rückkehr der Inflation zu unserem mittelfristigen Ziel von 2 % zu erreichen, und dass sie so lange wie nötig auf diesem Niveau gehalten werden."
Abgesehen von der heutigen, weitgehend eingepreisten Erhöhung wird sich die EZB wahrscheinlich die Tür für weitere Zinsschritte in diesem Jahr offen halten.
5. Ölpreise steigen an
Die Rohölpreise stabilisierten sich am Donnerstag nach dem Ausverkauf der vorangegangenen Sitzung, unterstützt durch eine Senkung der chinesischen Zinssätze, um die angeschlagene Wirtschaft des weltweit größten Rohölimporteurs zu stützen.
Bis 11.05 Uhr verteuerte sich der US-Rohöl-Future um 0,3 % auf 68,47 Dollar pro Barrel, während der Brent-Kontrakt um 0,3 % auf 73,44 Dollar pro Barrel zulegte.
Angesichts der anhaltenden Sorgen über eine sich verlangsamende globale Rohölnachfrage steuern beide Benchmarks in dieser Woche jedoch auf deutliche Verluste zu.
Die Internationale Energieagentur erklärte in ihrem am Mittwoch veröffentlichten Monatsbericht, dass sich die Ölmärkte in den nächsten Monaten "erheblich" anspannen könnten, das Nachfragewachstum sich jedoch in den nächsten Jahren aufgrund der hohen Preise und der Ukraine-Krise abschwächen wird, wodurch sich der Übergang weg von fossilen Brennstoffen beschleunigt.
JPMorgan Chase hat sich der Schar von Banken angeschlossen, die ihre Ölpreisprognosen für dieses Jahr gesenkt haben. Sie gehen davon aus, dass das globale Angebotswachstum den Rekordanstieg der Nachfrage ausgleicht. Die Bank senkte ihre Durchschnittsprognose für den Brent-Ölpreis im Jahr 2023 von zuvor 90 auf 81 Dollar pro Barrel und für West Texas Intermediate von 84 auf 76 Dollar pro Barrel.